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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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und Nyra gleich mit!
    Weit weg, in einer Höhle in den Sankt-Ägolius-Schluchten, beugte sich eine Eule über ein dickes Buch. Es war eine nahezu mondlose Nacht. Nur eine schmale Sichel stand am Himmel. Doch man hätte glauben können, der größere Teil des Mondes sei zur Erde herabgestiegen und hätte Zuflucht in dieser Höhle gesucht, denn im Finstern schwebte eine große, leuchtende Scheibe. Ihre Oberfläche war mit kraterartigen Narben überzogen.
    „Was die Glut betrifft, habe ich noch lange nicht aufgegeben“, wandte sich Nyra an ihren Offizier Stürmer. „Nicht nur mein Sohn Nyroc ist bei Mondfinsternis geschlüpft, sondern auch ich selbst.“ Ich werde ihn niemals Coryn nennen, niemals! , schwor sie sich im Stillen.
    Das Alter hatte Nyra zugesetzt. In jungen Jahren hatte sie als Schönheit gegolten, als wahres Prachtexemplar einer Tyto alba . In den Augen der Reinen war die Tyto alba ohnehin die schönste aller Eulenarten. Doch inzwischen hatten Nyras schwarze Augen ihren Glanz verloren. Die alte Narbe quer über ihrem Gesicht war breiter geworden und leuchtete flammend rot. Dabei war der herzförmige weiße Gesichtsschleier eigentlich das Anziehendste an einer Schleiereule. Er wurde von kurzen goldbraunen Federn gesäumt, die aber bei Nyra schlammbraun und schütter geworden waren. Der herzförmige Umriss war ausgefranst. Auch sonst war ihr Gefieder stellenweise so dünn, dass die Haut durchschimmerte.
    Sie schaute Stürmer auffordernd an, als wartete sie auf eine Erwiderung.
    „Das weiß ich doch, Oberste Mutter. Ich war ja selbst zugegen – nun ja, nicht bei Eurem Schlüpfen, aber bei Nyrocs.“
    „Weißt du denn auch, was es bedeutet, wenn ein Küken bei Mondfinsternis schlüpft?“
    Stürmer war zwar keine Geistesgröße, aber er war im Überlebenskampf erfahren. Er wusste, wie man die Oberste Mutter bei Laune halten musste. Sie war darauf versessen, andere mit ihrem Wissen zu beeindrucken. Seit er ihr das Buch gebracht hatte, las sie sogar tagsüber darin, statt zu schlafen.
    „Ich werde es dir erklären“, sagte sie jetzt freudig. Stürmer hatte Nyra schon lange nicht mehr so glücklich erlebt. Die meisten ihrer früheren Untertanen waren entweder tot oder geflohen. Ein Teil der Überlebenden hatte sich in die Nordlande zurückgezogen. Im ewigen Winter zwischen Eisspalten und Gletschern fühlten sie sich einigermaßen sicher. Manche waren auch in die Hinterlande geflüchtet. Einige hatten einfach von vorn angefangen und wollten nichts mehr von den Reinen wissen. Von Nyras alten Getreuen waren nur noch vier Eulen übrig: Stürmer, Wortmore, Stachel und Gebbel.
    Es gab aber auch einen Neuzuwachs. Er war nicht mehr jung und eine Schleiereule war er auch nicht, sondern ein Kreischeulerich aus den Nordlanden. Er hieß Ifghar und behauptete, der Bruder des berühmten Ezylryb zu sein. Er war in Begleitung einer Kjellschlange namens Grägg gekommen. Grägg war sehr klug – wenn er sich vom Bingelsaft fernhielt.
    Beide waren uralt. Ifghar konnte kaum noch fliegen.Doch sie hatten in zahllosen Schlachten große Erfahrung gesammelt. Vor allem kannten sie sich mit Eiswaffen aus. Nur durch den Einsatz von Eiswaffen hatten die Wächter von Ga’Hoole seinerzeit die Große Brandschlacht gewonnen und die Reinen vernichtend geschlagen. Die „Schlacht mit Feuer und Eis“ wurde diese Schlacht auch genannt, weil sich die Wächter damals Verstärkung aus den Nordlanden geholt hatten. Seit damals übten sie sich im Umgang mit Eiswaffen und unternahmen regelmäßige Flüge in die Nordlande, um ihre Waffenvorräte aufzufüllen. Stürmer hoffte, dass dieser Ifghar und sein Schlangenbegleiter sich früher oder später als nützlich erweisen würden.
    „Also, mein lieber Stürmer, mit einer Mondfinsternis verhält es sich folgendermaßen …“ Nyra legte den Kopf schief und schlug einen belehrenden Ton an. „Wenn eine Eule bei Mondfinsternis schlüpft, verfügt sie über ungewöhnliche Kräfte. Hoole, den einige als den ersten König der Eulenwelt betrachten, ist in einer solchen Nacht geschlüpft. Ebenso ich selbst und mein Sohn Nyroc. Auch jetzt steht wieder eine Mondfinsternis bevor. Mithilfe dieses Buches, das du mir beschafft hast, werde ich … nun, ich glaube, ich kann damit Großes bewirken.“
    „Ihr meint, Ihr könnt die Glut in Euren Besitz bringen?“
    „Unsinn, Dummkopf! Ich werde ein Geschöpf neu erschaffen, das bereits geschlüpft ist. Aber ich werde es besser machen als das Original …“

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