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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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In Nyras stumpfen Augen erschien ein schwaches Leuchten, als erwachte darin ein Funke wieder zum Leben, der lange geschlummert hatte.

Otulissa blickte durch die Gitterstäbe vor der Höhle. Sie konnte es immer noch nicht glauben. Eine Gefängniszelle im Großen Baum! Und sie selbst, Otulissa, war die erste Gefangene darin! Sie schaute in den Winterhimmel. Das erste Lavendel war soeben angebrochen. Am Horizont erspähte sie drei kleine Punkte und einen größeren. Ihr stockte der Atem. Das waren Pelli und ihre drei Töchter Bascha, Blüte und Bell. Sie feierten den Ersten Flug der Eulenmädchen, das erkannte Otulissa an den wechselnden Flugformationen.
    Aber warum hatten sie nicht die Zwischenstunde abgewartet? Merkwürdig. Vor Krähen brauchten sie sich allerdings nicht zu fürchten. Nur selten verirrte sich eine Krähe über das Hoolemeer auf die Insel. Krähen verabscheuten das Salzwasser beinahe so sehr wie die Hägsdämonen aus den alten Legenden.
    Dann begriff Otulissa, was los war. Eine neue Vorschrift war erlassen worden. Alle Küken, die ihren Ersten Flug feierten, mussten um die Glut und den Aschealtar herumfliegen. So ein Quatsch, seinen Ersten Flug drinnen zu feiern statt draußen unter dem Sternenhimmel!, dachte Otulissa. Und allem Anschein nach sah Pelli das ganz genauso.
    Otulissa seufzte und ihr Magen zog sich zusammen. Hoffentlich weiß Pelli, was sie tut. Es könnte für sie und die Kleinen gefährlich werden, wenn sie sich den Vorschriften widersetzt.
    Elyan und Gemma hatten verkündet, dass bestimmte Verhaltensweisen „Glutlästerung“ seien oder „Glimpox“, wie sie es nannten. So ein Erster Flug im Freien zählte bestimmt dazu.
    Ein Gefängnis im Großen Baum – das ist ja wohl Glimpox! Es verstieß gegen sämtliche Grundsätze der Gemeinschaft von Ga’Hoole. Und das alles nur, weil ich Madame Plonk einen Gefallen getan und ihre Krönungstasse versteckt habe. Otulissa schloss die Augen und rief sich noch einmal ihre Verhaftung ins Gedächtnis.
    Gemma war in Otulissas Höhle gekommen. Sie hatte die kümmerlichen Federohren aufgestellt und damit gezuckt, als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen. „Man hat uns gemeldet, dass sich ein Gegenstand in deinem Besitz befindet, der bei den Vigilien für die Asche benötigt wird.“ Otulissa ließ sich nichtdazu herab nachzufragen, was „Vigilien“ bedeutete. Es war ihr egal.
    „Von was für einem Gegenstand sprichst du?“, fragte sie stattdessen höflich.
    „Von Madame Plonks Krönungstasse.“
    Otulissa beschloss, alles zuzugeben. Im Stillen verfluchte sie die Sängerin. Aber sie wollte sich auch nicht als Lügnerin hinstellen lassen. „Das stimmt. Ich hole sie.“
    Sie holte die Tasse aus einem kleinen Wandschrank und stellte sie vor Gemma hin. Die Kreischeule schien über so viel Bereitwilligkeit erstaunt.
    „Bitte sehr“, sagte Otulissa. „Ich habe keine Verwendung dafür.“
    „Und warum hast du die Tasse dann für Madame Plonk versteckt?“
    „Sie hat mich nur gebeten, die Tasse für sie aufzubewahren. Keine Ahnung wieso.“ Das ist nur ein ganz bisschen gelogen. „Aber du kannst sie gern haben – bitte sehr.“
    Gemma wirkte verärgert. Sie hatte offensichtlich mit mehr Widerstand gerechnet. „Aber du hast die Tasse im Schrank versteckt.“
    „Wie du siehst, ist es hier ziemlich eng. Ich wollte nicht, dass die Tasse Schaden nimmt.“
    „Aha!“, kreischte Gemma und flatterte steil in dieHöhe. „Soll das etwa heißen, dass ich und meine Kollegen von den Wächtern der Wächter der Glut schädlich sind?“
    „Das habe ich nicht gesagt.“
    „Oh doch. Ich verhafte dich hiermit wegen glutlästerlichen Verhaltens nach Paragraph 1, Abschnitt B der Glimpox-Vorschriften zum Schutz der Glut.“
    Im gleichen Augenblick kamen drei weitere Mitglieder der Glutwache hereingeflogen. Offenbar hatten sie draußen gewartet. Und schon saß Otulissa in einer Gefängniszelle, von der sie noch gar nicht gewusst hatte, dass es sie im Großen Baum überhaupt gab.
    Otulissa ließ die Zehen über die Gitterstäbe gleiten. Ob Bubo sie geschmiedet hatte? Was er sich wohl dabei gedacht hat? Doch als könnte der alte Schmied Gedanken lesen, leuchtete draußen vor dem Gitter plötzlich rostrotes Gefieder auf.
    „Otulissa!“, stieß der Uhu hervor. „Man hat mir erzählt, ich solle ein Gitter für einen neuen Glutbehälter anfertigen. Hätte ich gewusst, wozu die Stäbe eigentlich dienen sollten, hätte ich mich geweigert, das schwöre ich

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