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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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auf einem der wenigen, kümmerlichen Bäume gelandet, die in den Ödlanden wuchsen. Der dürre Ast bog sich unter dem Gewicht der fünf Eulen durch. Gylfie schaute Soren an und merkte sofort, dass ihr Freund zutiefst beunruhigt war.
    Digger deutete mit dem Schnabel auf die dicke Qualmwolke am Horizont. „Ein Buschbrand. Etwa eine halbe Flugstunde entfernt.“
    „Weiß ich“, sagte Soren. „Unter anderem deswegen habe ich ja angehalten.“
    „Weswegen denn noch?“, fragte Gylfie, aber ihr Blick verriet, dass sie die Antwort schon ahnte.
    „Weil mir das alles zu schnell geht.“
    „Wie meinst du das?“, fragte Coryn verständnislos und ein bisschen ärgerlich. „Karnickel hat sich diesmal so klar ausgedrückt wie sonst selten.“
    „Du bist ihm doch erst zum zweiten Mal begegnet“,stellte Soren richtig. „Wir brauchen noch mehr Informationen. Ich werde in das Buschfeuer hineinfliegen, mir ein paar Glutbrocken besorgen und ein kleines Feuer machen.“
    „Du weißt genau, dass ich das Feuer nicht einfach befragen kann. So funktioniert das nun mal nicht“, gab Coryn zurück.
    „Das weiß ich nur allzu gut. Du sollst das Feuer auch gar nicht befragen. Du sollst nur hineinschauen. Die Glut aus so einem Buschbrand ist schön heiß. Das gibt prima Flammen.“
    „Leider können wir anderen euch keine Hilfe sein“, sagte Gylfie bedauernd. „Wir haben keine Erfahrung im Glutsammeln. Zu schade, dass Otulissa nicht hier ist.“
    Soren hob ruckartig den Kopf. Als Gylfie Otulissa erwähnte, hatte sich sein Magen zusammengezogen.
    „Stimmt was nicht?“, fragte Gylfie.
    Soren schüttelte den Kopf, als wollte er einen Gedanken an die Oberfläche befördern, der sich in seinem Hinterkopf festgesetzt hatte. „Als du von Otulissa gesprochen hast, ist mir etwas eingefallen.“ Noch ein Flüstern? Oder vielleicht ein Hauch – ein verirrter Traumfetzen?
    Eine Stunde darauf standen die Eulen um ein kleines Feuer herum. Es wurde von der Glut gespeist, die Sorenund Coryn aus dem Buschfeuer geholt hatten. Coryn stand am dichtesten bei den Flammen. Er kam sich dumm und unfähig vor. Die Flammen offenbarten ihm nicht mal ein verschwommenes Bild. Sie offenbarten gar nichts, züngelten nur empor.
    Schließlich drehte er sich um. „Nehmt’s mir nicht übel, aber ich muss allein sein. Wenn ihr mich die ganze Zeit beobachtet, passiert überhaupt nichts.“
    „Kein Problem“, sagte Soren. „Dann fliegen wir auf die Jagd.“
    Als sie fort waren, fühlte Coryn sich wohler. Er spürte die Hitze im Gesicht, schloss die Augen und schaute eine Weile zu, wie das rote Flackern über die Innenseite seiner Lider tanzte. Dann öffnete er die Augen wieder.
    Der Mond ging auf. Er hing ein wenig schief am Horizont, als würde er gleich herunterpurzeln. Wenn er in ein paar Tagen voll sein würde, stand laut Gylfie eine Mondfinsternis bevor. Als Navigations-Ryb erkannte sie so etwas an den Bahnen der Sterne und Planeten.
    Coryn war einst während einer Mondfinsternis geschlüpft. Hoole, der König aus den alten Legenden, ebenfalls und Coryns Mutter Nyra auch.
    Ein Beben durchfuhr Coryns Magen. Wie war es möglich, dass die Welt gleichzeitig Platz für so viel Gutes und so viel Böses hatte?
    Und was war mit ihm selbst? Floss womöglich doch Dämonenblut durch seine Adern? Seine Gedanken schweiften ab. Die Flammen zeichneten sich rot vor dem Mond ab, der zitternd am sich verdunkelnden Himmel hing. Merkwürdig … Coryn konnte nicht so tief in die Flammen hineinschauen wie sonst, dafür waren ihre Umrisse schärfer denn je. Es sah aus, als würden ihm Gestalten gegenüberstehen.
    Coryn erkannte den Umriss einer Eule. Es war ein Kreischeulerich, das sah man an den kurzen Federbüscheln im Gesicht. Er war weder besonders kräftig gebaut, noch war er ein guter Flieger, und was war das? Ringelte sich da eine Nesthälterin auf seinem Rücken?
    Ein Windstoß fuhr in die Flammen. Sie legten sich auf die Seite, dann loderten sie wieder hoch empor und züngelten dem silbernen Mond entgegen. Coryns Magen machte einen Satz. Der Umriss, den er nun erblickte, war ihm vertraut – doch da schoben sich plötzlich dunkle Wolken vor den Mond. „Waschbärkacke!“, fluchte Coryn. Der Umriss hatte eine schmerzliche Sehnsucht in Coryns Magen geweckt. Aber Sehnsucht wonach? Nach einem Ort? Einem Lebewesen? Coryn spähte angestrengt in die Flammen.
    Unglaublich, wie viele Farben so ein Feuer hat , dachte er. Die Flammen sind nicht einfach nur rot oder orange.

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