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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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lächelte fein. »Wenn du dich nicht erinnerst, dann will ich es auch vergessen.« Er stand auf und griff nach meinen Händen. Seine Berührung war eigenartig kühl, mich überlief ein Schauder. »Würdest du weitermachen, wenn ich dich darum als Freund bitte?«
    Freund – das Wort klang seltsam aus seinem Mund. Er sagte es ohne Spott, bedachtsam, als könnte es dadurch, daß man es laut aussprach, seine Bedeutung verlieren. Seine farblosen Augen hielten meinen Blick fest. Ich merkte, daß ich unfähig war, nein zu sagen, also nickte ich.
    Dennoch stieg ich nur widerstrebend aus dem Bett. Er schaute mit unbeteiligtem Interesse zu, wie ich meine Kleider glattstrich – ich hatte am Abend vergessen, mich auszuziehen –, mir flüchtig das Gesicht wusch und dann in eins der mitgebrachten Brötchen biß. »Ich will nicht gehen«, erklärte ich, als ich mit dem ersten Brötchen fertig war und nach dem zweiten griff. »Ich sehe nicht ein, was dabei herauskommen soll.«
    »Ich weiß nicht, weshalb er sich mit dir abmüht«, stimmte der Narr zu, wieder in dem gewohnten zynischen Ton.
    »Galen? Er ist dazu verpflichtet, der König ...«
    »Burrich.«
    »Er hat einfach Freude daran, mich herumzuscheuchen.« Selbst für meine eigenen Ohren hörte sich diese Aussage kindisch an.
    Der Narr schüttelte den Kopf. »Du hast nicht die geringste Ahnung, oder?«
    »Von was?«
    »Davon, wie der Stallmeister Galen aus dem Bett gezerrt hat und hin zu den Zeugensteinen. Ich war natürlich nicht dabei, sonst könnte ich dir schildern, wie Galen anfangs fluchte und nach ihm schlug, aber der Stallmeister achtete nicht darauf. Er zog nur abwehrend die Schultern hoch, ohne ein Wort zu sagen, und packte den Gabenmeister am Kragen, so daß der Mann fast keine Luft mehr bekam, und schleifte ihn hinter sich her. Und die Soldaten und Wachen und Stallburschen schlossen sich an, bis ein Strom von Menschen ihnen folgte. Wäre ich dabeigewesen, könnte ich dir erzählen, wie kein Mann sich einzumischen getraute, denn es schien, als hätte der Stallmeister sich wieder in den Burrich von früher verwandelt, mit eisenharten Muskeln und einem gefährlichen Jähzorn, der sich zu blinder Wut steigern konnte. Niemand wagte dann, ihm entgegenzutreten, und an jenem Tag konnte man glauben, wieder jenen Mann vor sich zu haben. Wenn er noch hinkte, war es nicht zu bemerken.
    Und der Gabenmeister, er schlug um sich und fluchte, und dann wurde er still, und alle dachten, er versuchte, mittels der Gabe seines Peinigers Herr zu werden. Doch wenn er es tat, hatte es keine Wirkung, außer daß der Stallmeister seinen Griff am Genick des Mannes verstärkte. Und falls Galen sich bemühte, die Umstehenden zu beeinflussen, damit sie ihm halfen, so rührte sich keiner. Vielleicht, daß es ihm angesichts seiner Lage unmöglich war, sich zu sammeln. Oder vielleicht ist seine Gabe nicht so stark, wie man glaubt. Oder vielleicht erinnern sich zu viele an seinen Hochmut, um für seine Bitten empfänglich zu sein. Oder vielleicht ...«
    »Narr! Spann mich nicht auf die Folter! Was ist geschehen?« Eine dünne Schweißschicht überzog meinen Körper. Ich zitterte in der Erwartung von ich weiß nicht was.
    »Ich war natürlich nicht dabei«, betonte der Narr liebenswürdig. »Aber ich habe berichten gehört, daß der dunkle Mann den knochigen Mann den ganzen Weg hinauf zu den Zeugensteinen hinter sich her schleppte. Und dort, ohne den Gabenmeister loszulassen, sprach er seine Herausforderung aus. Zweikampf. Keine Waffen, nur die bloßen Hände, gerade so, wie sich der Gabenmeister zuvor an einem gewissen Jungen vergriffen hatte. Und die Steine würden bezeugen, falls Burrich siegte, daß Galen nicht das Recht hatte, den Jungen zu schlagen, noch hatte er das Recht, sich zu weigern, ihn zu unterweisen. Galen hätte sich geweigert und die Sache vor den König selbst gebracht, nur im Ring der Zeugensteine blieb ihm nichts anderes übrig, als die Herausforderung anzunehmen. Also kämpften sie – ähnlich einem Stier, der einen Strohballen in die Luft schleudert und zerstampft und mit den Hörnern zerfetzt. Und als es vorüber war, bückte sich der Stallmeister und flüsterte dem Gabenmeister etwas zu, bevor er und die Zuschauer sich abwandten und den Besiegten dort liegen ließen, mit den Steinen als Zeugen seiner Niederlage und seiner Erbärmlichkeit.«
    »Was hat er zu ihm gesagt?« fragte ich drängend.
    »Ich war nicht dabei. Ich habe mit eigenen Augen nichts gesehen, mit eigenen

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