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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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angerichteten Speisen eine weitere Pflicht, der es sich zu entledigen galt. Er aß ohne Genuß und trank den Tee mannhaft auf einen Zug herunter, ohne sich von Ingwer oder Minze täuschen zu lassen. Zwischendurch legte er eine Pause ein und starrte eine Weile abwesend aus dem Fenster, doch aus seiner Versunkenheit in die Gegenwart zurückgekehrt, zwang er sich, alles aufzuessen, was ich ihm gebracht hatte. Anschließend lehnte er sich scheinbar erschöpft zurück. Ich staunte. Da ich den Tee selbst zubereitet hatte, wußte, ich, daß bei dieser Dosis Elfenrinde ein normaler Mensch die Wände hochgegangen wäre.
    »Mein Prinz?« fragte ich. Als er sich nicht regte, stieß ich ihn leicht gegen die Schulter. »Prinz Veritas? Fühlt Ihr Euch nicht wohl?«
    »Veritas«, wiederholte er gedankenverloren. »Ja. Veritas, ohne ›Prinz‹, kein ›Herr‹ oder ›Hoheit‹. Mein Vater hat sich wieder einmal seines Namens würdig erwiesen, mir dich zu schicken. Nun ja. Vielleicht gelingt es mir noch, ihn zu überraschen. Jedenfalls wünsche ich, daß du mich Veritas nennst. Und sag ihnen, ich hätte gegessen. Gehorsam wie immer hätte ich meinen Teller leergegessen. Jetzt geh, Junge. Ich habe zu arbeiten.«
    Mit einer sichtbaren Willensanstrengung raffte er sich zusammen, und wieder schweifte sein Blick in eine weite Ferne. So leise wie möglich stapelte ich das Geschirr auf dem Tablett zusammen und ging zur Tür. Doch als ich die Klinke niederdrückte, richtete er noch einmal das Wort an mich.
    »Junge?«
    »Ja, Herr?«
    »Was habe ich dir gesagt, wie sollst du mich anreden?«
    »Ja, Veritas?«
    »Leon ist in meinen Gemächern, Junge. Sorg dafür, daß er etwas Auslauf hat, ja? Er kümmert. Schließlich ist es unnötig, daß wir beide zu Stubenhockern verkommen.«
    »Ja, Herr. Veritas.«
    Auf diese Weise kam der alte Jagdhund, mittlerweile über seine besten Jahre hinaus, in meine Obhut. Jeden Tag holte ich ihn aus Veritas' Gemächern, und wir jagten zwischen den Hügeln und den Klippen und längs der Küste nach Wölfen, die es dort seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Wie Chade mir auf den Kopf zugesagt hatte, war meine Kondition miserabel, und anfangs fiel es mir schwer, mit dem alten Hund Schritt zu halten. Doch nach und nach kamen wir beide wieder in Form, und Leon fing sogar ein oder zwei Kaninchen für mich. Nicht länger Burrichs Befehlsgewalt unterworfen, hatte ich keine Skrupel, von der alten Macht Gebrauch zu machen, doch wie ich es mir gedacht hatte, konnte ich zwar mit Leon kommunizieren, doch es bestand kein Band zwischen uns. Er hörte nicht immer auf mich, manchmal stellte er sich einfach taub. Wäre er noch ein Welpe gewesen, hätte ich ihn vielleicht auf mich prägen können, doch er war alt, und sein Herz gehörte Veritas. Die Macht gewährte nicht Herrschaft über Tiere, sondern nur einen Einblick in ihr Dasein.
    Jeden Tag erklomm ich dreimal die steile Wendeltreppe, um Veritas zum Essen zu überreden und ihm ein paar Worte zu entlocken. An manchen Tagen war es, als spräche man zu einem Kind oder einem senilen Geist, dann wieder erkundigte er sich nach Leon und den Vorgängen in Burgstadt. Manchmal hielten meine anderen ›Geschäfte‹ mich einige Tage von Bocksburg fern. Meistens schien er keine Notiz davon zu nehmen, doch einmal, nach einem Handgemenge, bei dem ich die Messerwunde erhielt, fühlte ich seinen Blick auf mir ruhen, als ich unbeholfen das Geschirr zusammenstellte. »Wie sie sich ins Fäustchen lachen würden, wenn sie wüßten, daß wir so weit gekommen sind, unsere eigenen Landsleute zu ermorden.«
    Ich erstarrte und überlegte fieberhaft, was ich darauf erwidern sollte, denn meines Wissens war das Geheimnis meiner grimmigen Missionen nur drei Menschen bekannt – Listenreich, Chade und mir. Doch Veritas' Blick war bereits wieder abgeirrt, und ich verließ still den Raum.
    Ohne feste Absicht fing ich an, um ihn herum Veränderungen vorzunehmen. An einem Tag, während er aß, fegte ich das Zimmer aus und ging eigens noch einmal hinunter, um frische Binsen zu holen. Erst fürchtete ich, er könnte sich von meinem Herumwirtschaften gestört fühlen, aber von Chade hatte ich gelernt, mich leise zu bewegen. Ich redete nicht bei der Arbeit, und was Veritas betraf, er schien weder mein Kommen noch mein Gehen zur Kenntnis zu nehmen. Aber das Zimmer wirkte freundlicher, und die Verviablüten im Binsenstroh verströmten einen belebenden Duft. Ein anderes Mal fand ich ihn beim Hereinkommen dösend in

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