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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ich keine Macht.«
    »Das wußte ich.«
    »Dennoch war ich mit Burrichs Vorgehen einverstanden. Nur das meinem König gegebene Wort hinderte mich daran, mit dir zu sprechen.« Er verstummte mitfühlend. »Es war eine harte Zeit, ich weiß. Ich wünschte, ich hätte dir beistehen können. Und du solltest dich nicht zu sehr grämen, weil du ...«
    »Weil du versagt hast.« Ich sprach es aus, während er noch eine schonendere Formulierung suchte. Doch plötzlich konnte ich nicht mehr so tun, als berührte mich das alles nicht sonderlich. »Bitte reden wir nicht mehr davon, Chade. Es ist vorbei und läßt sich nicht ändern.«
    »Du hast recht.« Dann, sehr behutsam: »Aber vielleicht können wir nutzen, was du gelernt hast. Wenn du mir helfen kannst, das Wesen der Gabe zu verstehen, bin ich vielleicht besser imstande, Veritas beizustehen. Viel zu lange ist das Wissen viel zu geheimgehalten worden ... in den alten Schriften findet sich kaum ein Hinweis darauf, außer daß es an manchen Stellen heißt, in dieser oder jener Schlacht sei des Königs Gabe mit seinen Mannen gewesen, oder dann und dann wäre der Feind durch des Königs Gabe in die Irre geführt worden. Doch nirgends ist beschrieben, wie es getan wird oder ...«
    Ich schüttelte in dumpfer Verzweiflung den Kopf. »Laß es sein. Die Gabe ist nicht für Bastarde bestimmt. Ich denke, ich bin der beste Beweis dafür.«
    Wir schwiegen beide, bis Chade schließlich aufseufzte. »Nun gut. Ich habe mich in den vergangenen Monaten auch mit dem Entfremden beschäftigt, doch alles, was ich herausfinden konnte, war, was es nicht ist und mit welchen Mitteln man es nicht rückgängig machen kann. Die einzige Kur, die ich dafür weiß, ist die älteste, die gegen jedes Übel hilft.«
    Ich rollte das Pergament zusammen, das ich mir angesehen hatte, und schnürte es zu. Eine Ahnung sagte mir, was jetzt kam. Und richtig.
    »Der König hat mir befohlen, dich mit einer Mission zu betrauen.«
    In jenem Sommer beging ich im Auftrag des Königs in einem Zeitraum von drei Monaten siebzehn Morde. Wäre ich nicht bereits gezwungen gewesen zu töten, in Selbstverteidigung, hätte es mich vielleicht größere Überwindung gekostet.
    Auf den ersten Blick schienen die Aufträge recht simpel zu sein. Ich, ein Pferd und Sattelkörbe gefüllt mit vergiftetem Brot. Ich ritt Straßen lang, wo Reisende überfallen worden waren, und wenn Entfremdete mich angriffen, floh ich und hinterließ eine Spur verlorener Brotlaibe. Vielleicht hätte ich als gewöhnlicher Kriegsmann weniger Angst gehabt, aber mein ganzes Leben war ich daran gewöhnt gewesen, mich auf die Macht zu verlassen, die mir eine Warnung zukommen ließ, sobald andere Lebewesen sich näherten. Ein anderer Mensch mit verbundenen Augen hätte sich ähnlich hilflos gefühlt. Außerdem machte ich bald die Erfahrung, daß nicht alle Entfremdeten Schuster oder Weber gewesen waren. Zu der zweiten kleinen Bande, die ich ausmerzen sollte, gehörten mehrere Soldaten. Ich konnte von Glück sagen, daß die meisten sich bereits auf das Brot gestürzt hatten, als ich vom Pferd gezerrt wurde. Die Narbe eines tiefen Messerstichs an meiner linken Schulter erinnert mich bis zum heutigen Tag an diese brenzlige Situation. Sie waren stark und zielstrebig und kämpften als Einheit, denn selbst das Entfremden hatte den militärischen Drill nicht auszulöschen vermocht. Mein Schicksal wäre besiegelt gewesen, hätte ich nicht geschrien, daß die anderen das ganze Brot vertilgen. Sie ließen von mir ab, ich sprang auf mein Pferd und entkam.
    Die Gifte waren nicht unnötig grausam, aber damit sie wirkten, selbst in geringster Dosierung, mußten wir zu den stärksten Mitteln greifen. Die Entfremdeten starben keines schmerzlosen Todes, doch Chade sorgte dafür, daß sie sich nicht lange quälen mußten. Da ich meistens schon wieder meilenweit vom Ort des Geschehens entfernt war, blieb es mir erspart, Zeuge ihrer Agonie zu sein oder auch nur ihre Leichen am Straßenrand liegen zu sehen. Als die Nachricht von toten Entfremdeten Bocksburg erreichte, hatte das von Chade in Umlauf gesetzte Gerücht, sie wären wahrscheinlich durch den Genuß von verdorbenem Fisch gestorben, der sich jetzt, nach dem Ablaichen, in großen Mengen am Ufer der Flüsse fand, bereits die Runde gemacht. Familienmitglieder holten ihre Toten heim und gaben ihnen ein anständiges Begräbnis. Ich beschwichtigte mein Gewissen damit, daß sie möglicherweise erleichtert waren und daß wir durch

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