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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte mehr und mehr Cobs Platz in den Stallungen eingenommen, während er zu Edels Pferdeburschen und Hundebetreuer aufgestiegen war. Doch an dem Tag ging Burrich zu meiner Überraschung mit mir hinauf in seine Kammer und setzte sich an den Tisch. Ich fürchtete einen mit Geschirrputzen verbrachten Vormittag.
    »Heute werde ich dich feine Lebensart lehren«, verkündete er gänzlich unerwartet. Dabei schwang in seiner Stimme ein skeptischer Unterton mit, als zweifelte er an meiner Fähigkeit, diesen Anforderungen genügen zu können.
    »Feine Lebensart?« fragte ich verständnislos.
    »Umgangsformen. Bei Tisch und nachher, wenn man dasitzt und sich unterhält.«
    »Wozu?«
    Burrich runzelte die Stirn. »Aus Gründen, die ich nicht verstehe, sollst du Veritas begleiten, wenn er nach Guthaven zu Herzog Kelvar von Rippon reist. Lord Kelvar hat bei der Bemannung der Küstentürme nicht mit Lord Shemshy zusammengearbeitet. Shemshy wirft ihm vor, die Türme ganz ohne Wachen zu lassen, so daß nichts die Outislander hindert, daran vorbeizusegeln, vor Ödholm zu ankern und von dort aus Shemshys Dörfer im Herzogtum Shoaks zu überfallen. Prinz Veritas will sich anhören, was Kelvar zu diesen Anschuldigungen vorzubringen hat.«
    Ich wußte sofort Bescheid, denn ganz Burgstadt redete von dieser Sache. Lord Kelvar von Rippon trug die Verantwortung für drei Wachtürme. Die beiden links und rechts der Einfahrt zu Guthaven waren stets ausreichend bemannt. Immerhin schützten sie den besten Seehafen Rippons. Dagegen lag dem Herzog der Turm auf Ödholm erheblich weniger am Herzen, denn an seiner felsigen Küste gab es nur wenige Dörfer, und beutehungrige Piraten sahen sich überdies der Schwierigkeit gegenüber, ihre Schiffe von den Klippen fernzuhalten, während sie auf Beutezug gingen. Folglich blieb seine Südküste so gut wie unbehelligt. Ödholm selbst beherbergte weiter nichts als Möwen, Ziegen und Muschelbänke. Hingegen war der Turm von größter Bedeutung für die Verteidigung von Südbay im Herzogtum Shoaks. Er überblickte sowohl die inneren als auch die äußeren Fahrrinnen und stand auf einer natürlichen Erhebung, weshalb sein Signalfeuer vom Festland aus gut zu sehen war. Shemshy selbst besaß einen Turm auf der Eierhallig, aber diese kleine Sandbank ragte bei Flut kaum über die Wasseroberfläche, gewährte deshalb keinen nennenswerten Rundblick und mußte immer wieder neu eingedeicht werden, besonders nach den gelegentlichen Sturmfluten, die über sie hinwegbrausten. Doch man konnte das Signalfeuer Ödholms sichten und die Nachricht weitermelden. Vorausgesetzt, Ödholm entzündete ein solches Feuer.
    Aus Tradition gehörten die Fischgründe und Muschelbänke von Ödholm dem Herzogtum Rippon, und deshalb fiel Rippon auch die Aufgabe zu, den Turm zu bemannen. Aber das bedeutete, den Transport von Menschen und Lebensmitteln zu organisieren, von Holz und Öl für das Feuer, und Ausbesserungsarbeiten mußten vorgenommen werden, um das Bauwerk wetterfest zu machen. Es war ein ungeliebter Posten für Soldaten, und man munkelte, dorthin abkommandiert zu werden, käme einer Strafversetzung gleich. Mehr als einmal hatte Kelvar beim Becher posaunt, wenn die Bemannung des Turms für Shoaks so wichtig war, solle Lord Shemshy sich gefälligst selbst darum kümmern. Nicht, daß Rippon etwa vorhatte, auch die reichen Fischgründe vor der Insel Shoaks zu überlassen.
    Als deshalb in einer großangelegten Kampagne Anfang Frühjahr die Piraten über die durch nichts vorgewarnten Küstensiedlungen von Shoaks herfielen, wobei alle Hoffnungen auf eine rechtzeitige Aussaat zunichte gemacht und die meisten der trächtigen Schafe entweder abgeschlachtet, gestohlen oder in alle Winde verstreut wurden, hatte Lord Shemshy beim König darüber Klage geführt, daß sein Nachbar es versäumte, die Türme zu bemannen. Kelvar leugnete und argumentierte, die kleine Besatzung auf Ödholm genügte für einen Außenposten, der nur selten verteidigt werden mußte. Wächter, nicht Soldaten, brauchte der Turm dort, erklärte er. Zu diesem Zweck hatte er eine Anzahl älterer Männer und Frauen in dem Turm einquartiert. Eine Handvoll waren Soldaten, die meisten aber Zivilisten aus Guthaven; Schuldner und Taschendiebe und alternde Huren, behaupteten manche, während Anhänger des Herzogs versicherten, es handele sich um in Not geratene Bürger, die eines sicheren Auskommens bedurften.
    Über diesen ganzen Sachverhalt war ich durch Tavernengerede und

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