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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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man, und Rußflocke und ich hatten noch nie zusammen einen langen Ausritt unternommen. Doch eine Seereise, auf einem richtigen Schiff ...
    Ich kehrte auf dem langen Weg zum Palast zurück, der sich über ein spärlich bewaldetes Stück Berghang schlängelte. Papierbirken krallten ihre Wurzeln in den Boden, vermischt mit ein paar Erlen, aber dazwischen wucherte gewöhnliches Buschwerk. Sonnenschein und eine leichte Brise spielten in den höheren Zweigen und verliehen dem Tag eine zauberische, unwirkliche Atmosphäre. Ich schaute nach oben zum Flimmern des Lichts zwischen den Birkenblättern, und als ich den Blick wieder senkte, stand des Königs Narr vor mir.
    Verdutzt blieb ich ruckartig stehen und hielt unwillkürlich nach dem König Ausschau, obwohl es grotesk war, ihn hier zu erwarten. Tatsächlich, der Narr war allein. Und im Freien, am hellichten Tag! Mich überlief eine Gänsehaut. Jeder in der Burg wußte, daß der Narr des Königs ein Geschöpf der Dämmerung war, jeder. Dennoch, trotz allem, was Pagen und Küchenmägde flüsterten, dort stand der Narr, und sein helles Haar bauschte sich in dem lauen Wind. Die blaue und rote Seide seiner Tracht stach grell von seiner bleichen Haut ab. Doch seine Augen waren nicht so farblos, wie sie in den halbdunklen Korridoren der Burg wirkten. Aus nur wenigen Schritten Entfernung ihrem unverwandten Blick ausgesetzt, entdeckte ich in ihnen einen bläulichen Schimmer, als wäre ein einzelner Tropfen himmelblaues Wachs auf einen weißen Teller gefallen. Auch die Blässe seiner Haut war nicht vollkommen, denn hier im unsteten Sonnenlicht wirkte sie durchscheinend rosig. Blut, kam es mir mit plötzlichem Ekel zu Bewußtsein. Rotes Blut, das in der Tiefe pulsierte.
    Der Narr reckte einen Finger in die Luft, als wollte er nicht nur dem Lauf meiner Gedanken Einhalt gebieten, sondern den ganzen Tag um uns herum zum Stillstand mahnen. Doch nichts auf der Welt hätte meine Aufmerksamkeit von ihm abzulenken vermocht, und sobald er sich dessen gewiß war, zeigte er unschuldig lächelnd kleine, weiße, auseinanderstehende Zähne.
    »Fitz!« sagte er mit flötender Stimme. »Fitz kleinund. Elf. Enfettuts.« Er verstummte und schenkte mir wieder sein Kinderlächeln. Ich starrte ihn unsicher an, ohne etwas zu sagen oder mich zu rühren.
    Wieder stach der Finger in die Höhe, und diesmal wurde er Aufmerksamkeit heischend hin und her bewegt. »Fitz! Klein und Elfen! Fettutes!« Er legte den Kopf schräg, und sein flaumiger Pusteblumenschopf wehte in eine andere Richtung.
    Allmählich verlor ich meine Scheu vor ihm. »Fitz«, sagte ich langsam und deutlich und tippte mir mit dem Zeigefinger gegen die Brust. »Fitz, das bin ich. Mein Name ist Fitz. Hast du dich verlaufen?« Ich bemühte mich, sanft und beruhigend zu sprechen, um den Ärmsten nicht zu erschrecken. Bestimmt hatte er sich von der Burg entfernt und fand den Rückweg nicht mehr. Deshalb freute er sich so, ein bekanntes Gesicht zu sehen.
    Er zog den Atem durch die Nase und schüttelte dann heftig den Kopf. »Fitz!« sagte er mit Nachdruck. »Klundel. Fen. Fettuts!«
    »Schon gut.« Ich bückte mich, obwohl ich kaum größer war als der Narr, und winkte ihm freundlich mit der offenen Hand. »Komm mit. Komm mit mir. Ich zeige dir den Weg zurück. Ja? Hab keine Angst.«
    Der Narr ließ die Arme fallen, dann erhob er das Gesicht zum Himmel und verdrehte die Augen. Anschließend richtete er den Blick wieder auf mich und spitzte den Mund, als wollte er ausspucken.
    »Komm mit mir.«
    »Nein«, antwortete er gut verständlich und in gereiztem Ton. »Hör doch zu, du Idiot. Fitz kleinund. Elfen. Fettuts.«
    »Wie?« fragte ich hilflos.
    »Ich habe gesagt« – er artikulierte jedes Wort überdeutlich – »›Fitz kleinem Hund helfen. Fett tut's‹.« Mit einer Verbeugung wandte er sich ab und ging auf dem Pfad hangaufwärts.
    »Warte!« rief ich ihm nach. Meine Ohren brannten vor Verlegenheit. Wie macht man jemandem höflich klar, daß man ihn jahrelang nicht allein für einen Narren, sondern für beschränkt gehalten hat? Mir fiel nichts Gescheites ein, deshalb sagte ich: »Was bedeutet all dies Fitz-Fettuts Gerede? Machst du dich über mich lustig?«
    »Keineswegs.« Er drehte sich noch einmal herum. »Fitz kleinem Hund helfen. Fett tut's. Es ist eine Botschaft, nehme ich an. Der Hinweis, etwas Bestimmtes zu tun. Weil du der einzige bist, von dem ich weiß, daß er sich Fitz nennen läßt, vermute ich, sie ist für dich. Und was sie

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