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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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versucht hat. Es würde die Aufmerksamkeit auf dich lenken, und zur Zeit wäre das alles andere als wünschenswert.« Seine langsam gesprochenen Worte hatten das Gewicht der Wahrheit.
    »Warum?« Ich merkte, daß ich flüsterte.
    »Weil jemand den Wunsch haben wird, Finis unter das Kapitel Chivalric zu schreiben, und was wäre ein besseres Ende, als wenn man seinen einzigen Sproß ausmerzt? Die fraglichen Leute werden beobachten, wie du auf den Tod deines Vaters reagierst. Erwacht dein Ehrgeiz, wirst du unruhig? Wirst du ein Ärgernis werden, wie er es war?«
    »Was?«
    »Mein Junge«, sagte er und zog mich dicht an sich heran. Zum ersten Mal hörte ich den Besitzanspruch in diesen Worten. »Für dich ist es jetzt das beste, dich ruhig und unauffällig zu verhalten. Ich verstehe, weshalb Burrich dir das Haar abgeschnitten hat, aber gut ist es für dich nicht. Mir wäre lieber, man hätte niemandem ins Gedächtnis gerufen, daß Chivalric dein Vater war. Du bist noch ein Kind, aber hör mir zu: Fürs erste laß alles, wie es ist. Warte sechs Monate. Oder ein Jahr. Dann entscheide dich. Übereile nichts ...«
    »Wie ist mein Vater gestorben?«
    Chades Augen forschten in meinem Gesicht. »Hast du nicht gehört, daß er vom Pferd gefallen ist?«
    »Doch. Und ich hörte Burrich den Mann verfluchen, der ihm das auftischen wollte, und sagen, niemals würde Chivalric stürzen und niemals das Pferd ihn abwerfen.«
    »Burrich sollte seine Zunge hüten.«
    »Was hat ihn dann getötet?«
    »Ich weiß es nicht. Aber genau wie Burrich glaube ich nicht, daß er vom Pferd gefallen ist.« Chade schwieg. Ich saß still zu seinen Füßen und schaute in die tanzenden Flammen.
    »Und werden sie mich auch ermorden?«
    Er ließ sich geraume Zeit mit der Antwort. »Wer weiß. Nicht, solange ich es verhindern kann. Ich nehme an, erst müssen sie König Listenreich überzeugen, daß die Notwendigkeit besteht. Und falls ihnen das gelingt, werde ich davon erfahren.«
    »Dann glaubst du, daß jemand in der Burg die Fäden zieht?«
    »Ja.« Chade machte eine Pause, aber ich blieb stumm und stellte die erwartete Frage nicht. Er antwortete dennoch. »Ich wußte nicht, was sich zusammenbraute. Ich war in keiner Weise daran beteiligt. Niemand ist zu mir gekommen, um mit mir zu sprechen. Wahrscheinlich, weil man wußte, daß ich mich nicht damit begnügt hätte, abzulehnen. Ich hätte ihr Vorhaben vereitelt.«
    »Oh.« Ein Teil meiner Anspannung löste sich, doch schon jetzt war ich dank seiner zu versiert in der höfischen Denkweise. »Dann wäre es unklug von ihnen, sich an dich zu wenden, wenn sie mich aus dem Weg haben wollen. Sie müßten befürchten, daß du mich warnst.«
    Er umfaßte mein Kinn mit der Hand und hob mein Gesicht zu sich empor. »Deines Vater Tod sollte dir als Warnung genügen, jetzt und künftig. Du bist ein Bastard, Junge. Wir sind immer ein Risiko und eine Schwachstelle. Wir sind entbehrlich, außer man betrachtete uns als notwendig zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit. Du hast in den letzten Jahren eine ganze Menge von mir gelernt, aber was ich dir jetzt sage, merke dir gut und vergiß es niemals. Wenn du ihnen nicht nützlich bist, werden sie sich deiner entledigen.«
    Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich bin ihnen jetzt auch nicht von Nutzen.«
    »Nein? Ich werde alt. Du bist jung und beeinflußbar, und in deinen Adern fließt das Blut der königlichen Familie. Solange du keinen unangemessenen Ehrgeiz an den Tag legst, hast du nichts zu befürchten.« Er hielt inne, dann fügte er mit sorgfältiger Betonung hinzu: »Wir sind des Königs, Junge, seine Kreaturen. In einem Ausmaß, das dir vielleicht noch nicht bewußt ist. Niemand weiß, was ich tue, und die meisten haben vergessen, wer ich bin. Oder war. Wenn jemand über uns Bescheid weiß, dann von ihm.«
    Ich setzte die Mosaiksteinchen vorsichtig zusammen. »Dann ... du hast gesagt, jemand in der Burg zieht die Fäden. Doch wenn du den Auftrag nicht bekommen hast, kam er nicht von König Listenreich ... Die Königin!«
    Chades Augen verrieten nichts von seinen Gedanken. »Das ist ein gefährlicher Verdacht. Noch gefährlicher, falls du glaubst, irgend etwas unternehmen zu müssen.«
    »Warum?«
    Chade seufzte. »Wenn du dich an eine Vermutung klammerst und sie ohne Beweise als Wahrheit deklarierst, machst du dich blind für alle anderen Möglichkeiten. Du mußt alles in Betracht ziehen. Vielleicht war es ja ein Unfall. Vielleicht wurde Chivalric von

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