Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
auf der Welt wichtiger sein als meine Familie.«
    Was sollte man darauf sagen? Ich entschied mich für die reine Wahrheit, auch wenn ich wußte, sie würde ihr nicht gefallen. »Auch du wärst mir so wichtig. Du bist mir so wichtig. Aber das ist mit ein Grund, weshalb ich hierbleiben muß. Etwas so Wichtiges nimmt man nicht und läuft damit weg und versteckt sich, sondern man bleibt und verteidigt es.«
    »Verteidigen?« Ihre Stimme wurde einen Ton höher. »Wann wirst du begreifen, daß wir nicht stark genug sind, um uns zu verteidigen? Ich habe es erfahren. Ich habe zwischen Korsaren und Kindern meines eigenen Blutes gestanden und bin nur durch Glück mit dem Leben davongekommen. Wenn du das erlebt hast, sprich zu mir von verteidigen!«
    Ich schwieg. Nicht nur, weil ihre Worte mich verletzten. Sie verletzten mich tief, aber sie weckten auch die Erinnerung an ein totes Kind in meinen Armen, ein kleines Mädchen, und wie ich auf das Blut an ihren leblosen Händchen starrte. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, so etwas je wieder erleben zu müssen. Aber was half es, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. »Es gibt kein Weglaufen, Molly. Entweder harren wir aus und stellen uns dem Feind, oder wir werden auf der Flucht von der Woge der Gewalt eingeholt.«
    »Glaubst du?« fragte sie kalt. »Ist es nicht vielmehr so, daß du die Treue zu deinem König über das stellst, was uns verbindet?« Ich wagte nicht, ihr in die Augen zu sehen. Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. »Du bist genau wie Burrich. Du weißt nicht einmal, wie ähnlich du ihm bist!«
    »Wie Burrich?« Es war ihr gelungen, mich völlig zu verwirren. Wie sie überhaupt auf Burrich kam, war mir ein Rätsel, und weshalb sagte sie es in einem Ton, als wäre es ein Makel.
    »Ja.« Mit Nachdruck.
    »Weil ich meinem König ergeben bin?« Im Gefühl einer unauslotbaren Tiefe unter meinen Füßen griff ich nach einem Strohhalm.
    »Nein! Weil dir dein König wichtiger ist als deine Liebe. Oder dein eigenes Leben.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest!«
    »Da! Siehst du! Du hast wirklich keine Ahnung. Und du läufst herum und tust, als wüßtest du Bescheid über all diese großen Dinge und Geheimnisse und alles Wichtige, was je passiert ist. Bitte, dann beantworte mir diese Frage: Weshalb haßt Philia Burrich?«
    Nun verstand ich gar nichts mehr. Was hatte das mit mir zu tun und mit meinen Fehlern? Doch ich wußte, Molly würde einen Zusammenhang herstellen. Vorsichtig äußerte ich meine von jeher gehegte Vermutung: »Sie gibt ihm die Schuld an meiner Existenz. Sie glaubt, Burrich hätte Chivalric zu Ausschweifungen und Liederlichkeiten verleitet, und so wäre es dazu gekommen, daß er mich zeugte.«
    »Aha, da sieht man, wie ahnungslos du bist. Es ist ganz anders. Lacey hat mir eines Abends die Geschichte anvertraut. Etwas zuviel Holunderbeerwein, und ich erzählte von dir und sie von Burrich und Philia. Am Anfang liebte Philia Burrich, du Dummkopf. Doch er wies sie zurück. Er sagte, er liebe sie auch, könne sie aber nicht heiraten, selbst wenn ihr Vater ihr die Erlaubnis gäbe, sich unter ihrem Stand zu vermählen, denn er hätte bereits einem Fürsten Treue geschworen, und ihm und ihr zu dienen wäre unmöglich. Oh, er beteuerte, er wünschte, er wäre frei und daß er diesen Eid nicht geleistet hätte, bevor er sie kannte, doch nun sei es zu spät. Er sagte etwas Dummes zu ihr, daß ein Pferd, und sei es noch so willig, nur einen Sattel tragen könne. Also schickte sie ihn weg, er solle diesem Herrn folgen, der ihm wichtiger sei als sie. Und er ging. Wie auch du es tun würdest, vor die Wahl gestellt.« Zwei rote Flecken brannten auf ihren Wangen. Sie warf den Kopf in den Nacken und wandte mir den Rücken zu.
    Da hatte ich den Zusammenhang. Mein Kopf schwirrte, als einzelne Bemerkungen, Andeutungen plötzlich einen Sinn bekamen. Burrichs Geschichte von seiner ersten Begegnung mit Philia. Sie saß in einem Apfelbaum und verlangte von ihm, ihr einen Splitter aus dem Fuß zu ziehen. Keine Bitte, die ein Edelfräulein an den Vasallen ihres Gemahls richten würde. Aber ein keckes junges Mädchen an einen jungen Mann, auf den sie ein Auge geworfen hatte. Und sein Verhalten in der Nacht, als ich ihm von Molly und Philia erzählte und Philias Bemerkung über Pferde und Sättel wiederholte.
    »Hat Chivalric davon gewußt?« fragte ich.
    Molly fuhr herum und sah mich an. Offenbar war es nicht die Frage, die sie von mir erwartete hatte, doch sie

Weitere Kostenlose Bücher