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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bewegung die Tränen weg. Burrich erwidert nichts auf ihre letzten Worte. Sie senkt den Blick auf das gelöste Gesichtchen ihrer Tochter, die über dem Trinken eingeschlafen ist, und schiebt ihr den kleinen Finger in den Mund, um ihre Brustwarze zu befreien, die die halbgeöffneten Lippen noch festhalten. Während sie ihre Bluse zuknöpft, lächelt sie matt. »Ich glaube, ich habe ein Zähnchen gespürt. Vielleicht ist sie so unruhig, weil sie zahnt?«
    »Ein Zahn? Laß mich sehen!« ruft Burrich und beugt sich über die Kleine, um sich von Molly den winzigen weißen Halbmond in ihrem Unterkiefer zeigen zu lassen. Meine Tochter weicht der Berührung aus und runzelt im Schlaf die Stirn. Burrich nimmt sie Molly behutsam aus den Armen, trägt sie hinüber zum Bett und legt sie hinein, noch immer in sein wollenes Hemd gehüllt. Beim Feuer nimmt Molly den Deckel vom Topf und rührt die Grütze um.
    »Ich werde für euch beide sorgen«, sagt Burrich unbeholfen. Während er spricht, hält er den Blick unverwandt auf das schlafende Kind gerichtet. »Ich bin noch nicht zu alt zum Arbeiten. Solange ich imstande bin, eine Axt zu schwingen, können wir im Dorf Feuerholz verkaufen oder gegen Waren eintauschen. Wir werden unser Auskommen haben.«
    »Du bist überhaupt nicht alt«, antwortet Molly geistesabwesend und gibt eine Prise Salz in die Grütze, dann legt sie den Deckel wieder auf, geht zu ihrem Stuhl und setzt sich hin. Aus einem Korb neben sich zieht sie ein zerrissenes Hemd und dreht es hin und her, um zu sehen, wo man Nadel und Faden ansetzen muß. »Du scheinst jeden Morgen als ein neuer Mensch aufzuwachen. Sieh dir dieses Hemd an, die Schulternaht ausgerissen wie von einem heranwachsenden Burschen. Ich glaube, du wirst täglich jünger, und ich fühle mich, als liefe mir die Zeit davon. Und ich kann nicht ewig auf deine Kosten leben, Burrich. Ich muß mein eigenes Leben wieder aufnehmen. Nur im Augenblick weiß ich nicht, wie und wo.«
    »Dann mach dir vorläufig auch noch keine Gedanken darüber«, sagt er aufmunternd. Er tritt hinter ihren Stuhl und hebt die Hände, als wollte er sie auf ihre Schultern legen; doch statt dessen verschränkt er die Arme vor der Brust. »Bald kommt der Frühling. Wir werden einen Garten anlegen, und im Bach gibt es wieder Fische. Unten in Kapelan finde ich vielleicht Tagelöhnerarbeit. Du wirst sehen, wir schlagen uns durch.«
    Seine Zuversicht wirkt ansteckend. »Ich sollte jetzt anfangen und aus Stroh ein paar Bienenkörbe flechten. Mit viel Glück gelingt es mir vielleicht, einen Schwärm einzufangen.«
    »Ich kenne eine Blumenwiese oben in den Hügeln, wo im Sommer die Bienen so dick durch die Luft schwirren wie im Winter die Schneeflocken. Wenn wir dort Körbe aufstellen, werden sie sie annehmen?«
    Molly lächelt in sich hinein. »Sie sind nicht wie Vögel, Dummkopf. Sie schwärmen nur, wenn das Volk zu groß wird. Wir könnten auf diese Art einen Schwarm einfangen, aber nicht vor dem Hochsommer oder Herbst. Nein. Im Frühling, wenn die ersten Bienen sich rühren, werden wir versuchen, ein Nest zu finden. Als ich klein war, habe ich meinem Vater geholfen, Bienen aufzustöbern, bevor ich lernte, ein Volk über den Winter zu bringen. Man stellt einen Teller mit warmem Honig hin, um sie anzulocken. Erst kommt eine und nach und nach die anderen. Wenn man gut darin ist, und das bin ich, kann man ihren Weg zum Nest zurückverfolgen. Das ist natürlich erst der Anfang. Dann muß man die Bienen aus dem Baum heraus- und in den Korb scheuchen, den man dafür vorbereitet hat. Manchmal, wenn es ein kleiner Baum ist, schneidet man ihn einfach ab und nimmt das ganze Nest mit.«
    »Stechen sie dich nicht?« fragte Burrich ungläubig.
    »Nicht, wenn man es richtig macht.«
    »Du mußt es mir zeigen.«
    Molly wendet den Kopf, um zu ihm aufzuschauen. Sie lächelt, aber es ist nicht ihr altes Lächeln. Dieses Lächeln weiß, daß oft alles ganz anders kommt, als man denkt; es hat erfahren, wie trügerisch Hoffnungen sein können. »Wenn du mir Lesen und Schreiben beibringst. Lacey und Philia haben damit angefangen, und ich kann ein wenig lesen, aber das Schreiben fällt mir schwer.«
    »Ich werde dich unterrichten, und du wirst es Nessel lehren«, verspricht er.
    Nessel. Sie hat meine Tochter Nessel genannt, nach der Pflanze, die sie liebt, obwohl sie sie brennt, wenn sie beim Sammeln nicht aufpaßt. Ist das unsere Tochter für sie – Freude mit Schmerz gemischt? Etwas versucht, meine

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