Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
nicht ersparen konnte. Er musste die Frau verhören, die ihre vier Kinder in den Tod gestoßen hatte, musste versuchen herauszufinden, was vor sich ging.
In der Zwischenzeit hatte sich Kahlan zu einem Treffen mit den Abgesandten begeben, um ihre Besorgnis, die Prophetie betreffend, auszuräumen – derweil sich Richard einen Einblick in deren Ursache zu verschaffen versuchte. Im Gegensatz zu Richard, der sich mit seinem losen Mundwerk bereits mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht hatte, würde sich Kahlan von ihnen nicht so rasch entmutigen lassen. Sie war in Diplomatie geschult.
Gern hätte er es gesehen, wenn Verna, die Prälatin der Schwestern des Lichts, Kahlan hätte begleiten können, um ihr bei der Erklärung der Gefahren zu helfen, welche die Deutung von Prophezeiungen durch einen Laien mit sich brachte. Denn Prophezeiungen waren bei Weitem nicht so eindeutig, wie sie schienen, was daran lag, dass sie nicht für die nicht mit der Gabe Gesegneten bestimmt waren. Im Grunde handelte es sich um eine Art private, von den Propheten aus vergangenen Zeiten überlieferte Mitteilung. Nur ein Prophet war imstande, jene Visionen zu erfahren, aus denen echte Prophezeiungen entsprangen, und so deren wahre Bedeutung zu begreifen.
Verna wusste eine Menge über diese Gefahren, schließlich hatten die Schwestern des Lichts Nathan – aus Angst, er könnte gewöhnlichen Menschen irgendwelche Prophezeiungen offenbaren – über eintausend Jahre im Palast der Propheten gefangen gehalten.
Bestimmt hätte sie dabei helfen können, die Menschen von der irrigen Vorstellung abzubringen, sie könnten Prophezeiungen wirklich verstehen. Leider aber war sie unmittelbar nach Caras Hochzeit zusammen mit Chase und dessen Familie zur Burg der Zauberer aufgebrochen. Dort gab es mit der Gabe gesegnete Knaben, die dringend der Betreuung und der Ausbildung bedurften. Auch Zedd hätte längst wieder dort sein sollen, glaubte jedoch, für den Empfang noch bleiben zu müssen. Nun hatten das Unwetter und die besorgniserregenden Ereignisse seine Abreise weiter hinausgezögert.
Als Richard von den rostigen Sprossen der eisernen Leiter hinunterstieg, straffte sich der Hauptmann der Kerkerwachen und salutierte mit einem Faustschlag auf sein Herz. Richard erwiderte den Gruß mit einem knappen Nicken, wischte sich den Grieß von den Händen und sah sich im Schein der flackernden Fackeln um. Wenigstens überdeckte der Geruch des brennenden Pechs den entsetzlichen Gestank ein wenig.
Der Hauptmann schien besorgt, den Lord Rahl persönlich hier unten in den Verliesen zu erblicken. Seine Besorgnis ließ jedoch ein wenig nach, als er auch Nyda die Leiter herabsteigen sah. Der rote Lederanzug und das blonde Haar der hochgewachsenen Mord-Sith standen im krassen Kontrast zur Trostlosigkeit des modrigen Raums. Der Hauptmann ließ ein freundliches Lächeln aufblitzen, als er sie mit einem Nicken begrüßte. Offensichtlich kannte er sie.
Richard war klar, dass die Mord-Sith in den Verliesen schwerlich Unbekannte waren, und schon gar nicht diese. In früheren Zeiten hatte man Feinde, wahre oder eingebildete, in diese Verliese gesperrt, woraufhin Mord-Sith sie aufgesucht hatten, um aus den mit der Gabe Gesegneten Informationen herauszufoltern.
Da er selbst einmal einer dieser Gefangenen gewesen war, wusste Richard bestens darüber Bescheid.
Er wies auf die Eisentür. »Ich möchte mit der Frau sprechen, die ihre Kinder umgebracht hat.«
»Mit dem Mann, der seine Familie auszulöschen versucht hat, auch?«
»Ja, mit dem auch«, sagte Richard.
Der Hauptmann schob einen mächtigen Schlüssel in die Tür. Einen Moment lang widersetzte sich das Schloss, doch dann schnappte der Riegel zurück, und er zog die schwere Eisentür auf, gerade weit genug, dass man hindurchschlüpfen konnte. Er hakte die Schlüssel an seinen Gürtel, nahm eine Laterne vom Tisch und ging voraus ins Innere des Verlieses. Mit wohlgeübtem Armschwung schnappte sich Nyda eine zweite, an einem Wandhaken hängende Laterne.
Ehe Richard durch die Tür schlüpfen konnte, verstellte sie ihm den Weg und ging als Erste hinein. Dieser beharrlich vertretene Anspruch der Mord-Sith, zur Überprüfung von Gefahren überall voranzugehen, war ihm nur zu vertraut. Längst hatte er gelernt, dass es sein Leben einfacher machte, wenn er ihnen ihren Willen ließ und nicht mit ihnen über solche Kleinigkeiten stritt. Anordnungen sparte er sich für Situationen auf, in denen es wirklich zählte, was im
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