Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
die Hand hob, um zuzustechen, habe ich kurzerhand ein wenig Magie benutzt, weiter nichts, um ihn von der Frau herunterzustoßen, so dass er sein Vorhaben nicht mehr in die Tat umsetzen konnte. Kurz darauf kamen der General und einige seiner Männer herbeigeeilt und nahmen ihm das Messer ab.«
»Demnach wurde also niemand verletzt?«, fragte Kahlan.
»Nein«, sagte Nathan. »Wir waren gerade noch rechtzeitig gekommen, um eine weitere Tragödie zu verhindern.«
Kahlan atmete auf. »Da bin ich aber froh.«
»Dieser Mann hatte also ebenfalls eine Vision?«
Nathan nickte. »Der Mann ist Juwelier; wie er uns erzählte, seien in seiner Vision Männer zu seinem Haus gekommen, um ihn zu berauben, er jedoch sei nicht da gewesen. Daraufhin hätten die Diebe seine Frau und Kinder gefoltert, um ihnen das Versteck des Goldes, das er für die Herstellung seiner Schmuckstücke benötigt, zu entlocken. Doch das kennen sie überhaupt nicht. Die Männer hätten ihnen das nicht geglaubt und sie daraufhin, um sie zum Reden zu bringen, einen nach dem anderen stundenlang gefoltert, bis zum Tod. Immer wieder beharrte er darauf, er könne doch nicht zulassen, dass seiner Familie etwas so Schreckliches zustoße, und dass es besser sei, sie rasch eigenhändig umzubringen, als sie solchen Qualen auszusetzen.«
Richard schien verwirrt. »Das klingt ganz und gar nicht wie die anderen Prophezeiungen.«
»Wir haben ihn hinter Schloss und Riegel sperren lassen, für den Fall, dass Ihr ihn zu verhören wünscht.«
Gedankenversunken nickte Richard.
Der General hakte einen Daumen hinter seinen Waffengurt. »Da wäre noch etwas, Lord Rahl.«
Richard blickte auf. »Das wäre?«
Benjamin atmete tief durch. »Nun, meine Männer hatten gestern Abend gerade alle Leute mitsamt ihren Tieren von der Ebene unten in das Innere des Hochplateaus geschafft, und zwar noch bevor das Unwetter seinen Höhepunkt erreichte. Als dann die letzten hineingebracht wurden, sind sie noch einmal weiträumig ausgeschwärmt, um sich zu vergewissern, dass sie niemanden vergessen hatten, dass niemand zurückgeblieben war oder sich in dem Unwetter verirrt hatte und womöglich in einem dieser morschen Marktzelte erfror. Und wie sie das Gelände absuchten, stießen sie auf einen Jungen, der verschleppt und anschließend getötet worden war. Er war gerade mal zehn Jahre alt, nicht älter.«
»Getötet?«, wunderte sich Richard. »Was meint Ihr mit verschleppt? Wie ist er getötet worden?«
Der General beantwortete die Frage unumwunden. »Er war teilweise aufgefressen worden, Lord Rahl.«
Richard kniff fassungslos die Augen zusammen. »Aufgefressen?«
»Ganz recht, Lord Rahl. Seine Eingeweide waren herausgerissen worden, sein Gesicht abgenagt. Der Schädel wies längliche Vertiefungen von Zähnen auf, ein Arm und die Hand des anderen fehlten. Irgendwelche Tiere hatten sich an ihm gütlich getan, ihn aufgerissen und den größten Teil seiner Eingeweide gefressen.«
Die Nachricht erschütterte Richard bis ins Mark. »Ein kleiner Junge, der sich während eines Sturms im Freien verirrt hat, fernab aller menschlichen Gesellschaft, wäre eine leichte Beute für Wölfe oder auch ein Rudel Kojoten. Wahrscheinlich war das Henrik, der kranke Junge, mit dem ich gesprochen habe, der von zu Hause fortgelaufen war.«
»Meine Männer haben alle Leute überprüft, die wir in den Palast gebracht haben, wir waren ja immer noch auf der Suche nach dem Jungen, mit dem Ihr gesprochen hattet. Auch mit seiner Mutter haben wir gesprochen; sie erzählte uns, ihr Junge sei nicht zurückgekommen. Sie war ganz außer sich vor Sorge.«
»Dann muss er es gewesen sein – der tote Junge, den Ihr gefunden habt.«
Richard hatte noch nicht geendet, da schüttelte Benjamin bereits den Kopf. »Das war auch unser erster Gedanke, aber er war es nicht. Als wir seiner Mutter seine Kleidung beschrieben, meinte sie, so wäre er nicht angezogen gewesen. Kurz darauf erschien ein Mann und bat uns um Hilfe. Er sei verzweifelt auf der Suche nach seinem Jungen. Auf die Frage, was er denn angehabt habe, beschrieb er bis ins Detail die Kleidung des toten Jungen.«
Betrübt presste Richard die Lippen aufeinander. »Das bedeutet, dass dieser kranke Junge, Henrik, jetzt draußen durch die Azrith-Ebene irrt. Bei diesem Unwetter dürfte er mittlerweile erfroren sein – wenn ihn nicht zuvor ein Rudel Wölfe erwischt hat.«
18
Es war ein weiter Weg bis hinunter in die Verliese, und doch war es ein Gang, den Richard sich
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