Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Foltergerätschaften in einen dauerhaften Schmerzzustand und gaben ihm Mittel, die gleichzeitig seine Empfänglichkeit für Qualen erhöhten.«
»Wie lange habt ihr ihn leiden lassen?«, erkundigte sich Firûsha neugierig. Sie trug ein knöchellanges, schwarzes Kleid mit grauen Mustern darauf. Ein Mantel schützte sie vor den Wassertropfen, die gelegentlich von der Decke fielen.
»Seit er sich in meiner Gewalt befand. Entscheidend ist, dass das Exemplar alt ist. Arviû nahm an, dass die Jüngeren leichtere Opfer sind, aber Serîdai und ich fanden heraus, dass es sich umgekehrt verhält.«
»Zumindest bei diesem hier«, warf Tirîgon ein. »Sind das die gleichen Tätowierungen wie bei Tungdil? Sie gleichen ihnen sehr.«
»Nun, in etwa. Hier haben sie eine andere Wirkungsweise. Die Farbe ist vermischt mit Substanzen, die ihre Wirkung weiterhin und sehr behutsam abgeben. Außerdem haben wir seinen Körper abhängig von einer Tinktur gemacht. Nimmt er sie nicht regelmäßig ein«, erläuterte Sisaroth, »wird er unglaubliche Schmerzen spüren, ehe er stirbt. Das ist unsere Rückversicherung gegen Ungehorsam.«
»Also in etwa wie bei Tungdil«, fand Firûsha.
»Wir behandelten ihn mit verschiedenen Essenzen, die auf destilliertem und angereicherten Elbenblut basieren, dem wir sowohl Lebenssaft von Nachtmahren als auch etwas von meinem Blut zugaben. Die Verdünnung«, erläuterte er weiter, »muss äußerst hoch sein, sonst bringt es die Unterirdischen um, wie wir herausfanden.« Sisaroth zeigte auf Bendolín. »Bei ihm ist die Verwandlung abgeschlossen. Er ist nun ein Zhadár.«
Firûsha lachte auf. »Du nennst ihn nach ihm ?«
»Es heißt nichts anderes als unsichtbar, wenn man den Namen in unserer Sprache anders betont. Und weil sie sich darüber hinaus so ähnlich sehen, fand ich die Bezeichnung passend«, verteidigt Sisaroth die Wahl.
»Lass ihn. Er hat ihn erschaffen, daher gebührt ihm das Recht, ihn zu nennen, wie er es für richtig hält.« Tirîgon kehrte zu ihnen zurück und zog Firûsha die Kapuze über die schwarzen Haare und das Diadem, um sie vor der Feuchtigkeit zu bewahren. Sie lächelte ihn freundlich an. »Für einen Unsichtbaren kann ich ihn jedoch noch sehr genau erkennen.«
»Ihr werdet gleich Zeugen, wie wir die letzte entscheidende Umwandlungen vornehmen. Danach ist Bendolín nicht länger ein Unterirdischer.« Sisaroth rief Serîdai herbei.
Die spindeldürre Cîanai eilte aus einem Nebenraum heran und trug eine kleine Phiole mit schwarzer Flüssigkeit ehrfürchtig herbei. »Hier kommt die Essenz«, flüsterte sie und reichte sie ihm. »Sie ist fertig, Aklán.«
»Wie viel bekommt er davon?«, wollte Tirîgon wissen.
»Einen Tropfen. Das Mittel ist derart kräftig, dass es nicht mehr benötigt.« Und bei zwei Tropfen ist er tot. Sisaroth schritt nach vorne auf den Gefangenen zu. Er schob den Unterkiefer auf, öffnete das Behältnis und achtete genau darauf, die Essenz in den Mund perlen zu lassen.
Doch er zitterte vor Aufregung, und so ging der erste schwarze Tropfen daneben.
Es zischte, als es auf den Stein traf, und die Dämpfe brannten in den Augen des Albs. Verflucht! Es ist zu kostbar, um es zu verschwenden!
Beim zweiten Versuch gelang es.
Bendolín riss die Lider in die Höhe und legte den Kopf in den Nacken. Er ächzte und grollte, sein Körper spannte sich. Krusten und Schorf sprangen ab, frisch verheilte Wunden öffneten sich unter den anschwellenden Muskelbergen.
Ja! Beweise, dass ich richtig lag! Sisaroth machte zwei Schritte rückwärts und vermochte die blauen Augen nicht von seinem Gefangenen zu nehmen: Dessen Haut färbte sich ein, wurde dunkler und schimmerte in einem fast schwarzen Nachtblau. Sogar das Weiß der Pupillen schwand unter der Macht der Tinktur. Alles an dem Unterirdischen hatte sich dunkel gefärbt, selbst die wenigen Haare wandelten ihre Farbe.
Dann entspannte sich der Unterirdische und stand normal auf seinen Beinen, sah sich um, betrachtete zuerst Firûsha, dann Tirîgon.
Es ist abgeschlossen. Ohne dass er starb. Sisaroth näherte sich ihm wieder und brachte seinen Mund auf Höhe des Ohrs. »Von nun an sei dein Name Iuwânor«, befahl er. »Du bist einer von uns und kämpfst für mich und meine Geschwister.«
»Das tue ich, Herr«, erwiderte Bendolín mit tieferer Stimme denn zuvor.
»Zeige uns, was du zu tun vermagst«, verlangte Tirîgon laut.
Bendolín runzelte die Stirn. »Was meint Ihr damit, Herr?«
»Befreie dich von den Ketten und
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