Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Weil sie es wollen. Durch reine Willenskraft.
Vraccas sei verflucht, dass er sie erschuf!
Man kommt ihnen mit nichts bei, fürchte ich. Wir gaben ihnen destilliertes Elbenblut, unser eigenes Blut, eine Mischung aus beiden, versetzt mit Kräutern und alchemistischen Zusätzen, mal vergoren, mal dutzendfach verarbeitet und zu Konzentrat gekocht.
Die Cîanai ging an die Grenzen ihres Könnens sowie ihres Körpers. Sie erlitt unzählige Schwächeanfälle, die magische Beanspruchung zehrte sie aus.
Dabei suchten wir uns absichtlich die Jüngeren der Bergmaden aus, die mit einem weniger harten Willen versehen sind.
Zumindest dachten wir das.
Wir stellen die Forschung nach dem Trank ein, der sie uns ähnlich macht und näher an uns heranrückt.
Daher bleibt mir nur die Hoffnung, dass sich eines Teils der Unendlichkeit die Möglichkeit eines Paktes mit dem Stamm der Dritten ergibt.
Aber ich wiederhole mich – keinesfalls sollte man den Bergmaden vertrauen.
Mein Rat ist: Nutzt sie aus, rasch und mit allen Mitteln, und danach werdet sie los. Auch wenn sie die anderen Unterirdischen hassen, bedeutete es nicht, dass sie sich uns gegenüber treu verhalten.
Denkt an meine Warnung!
Nachtrag
Gestern, kurz nach Sonnenaufgang, erlag Iuwâna ihrer Erschöpfung.
Sie gab ihre Unsterblichkeit für ihre Forschung und ging doch für nichts und wieder nichts in die Endlichkeit.
Man kann festhalten, dass ihr Tod den Namen aller Unterirdischen trug, die sie behandelte.
Es ist niederschmetternd.
Fortan konzentriere ich mich auf die Jagd nach den Elben, und sollte mir ein Unterirdischer begegnen, gleich welchen Stammes, werde ich ihn töten!
In Gedenken an Iuwâna.
Tark Draan (Geborgenes Land), nordwestlich von Dsôn Bhará, 5434. Teil der Unendlichkeit (6310 Sonnenzyklus), Frühsommer
»Willkommen zu meiner Vorführung«, sagte Sisaroth und zeigte nach vorne. Um seinen Körper lag die rote Robe mit den schwarzen Stickereien, die inzwischen ebenso viele Flecken aufwies wie Serîdais Kleidung. Anfangs hatte es ihn gestört, aber inzwischen sah er darüber hinweg.
Er, Firûsha und Tirîgon standen in dem Verlies, in dessen Mitte sich ihr einziger Gefangener befand: Bendolín.
Um die Handgelenke des Unterirdischen lagen Ketten, die hinauf zur Decke führten und deren Länge so bemessen war, dass er aufrecht stehen musste und mit den Sohlen gerade den Steinboden berührte.
Das Licht von Fackeln und Blendlaternen hüllte ihn ein, er trug nichts außer einem Lendenschurz. Die restlichen Haare und den Bart hatte ihm Serîdai gestutzt, damit sie besser arbeiten konnte. Die Lider waren geschlossen, aber die Augen zuckten darunter hin und her.
Der gerüstete Tirîgon umrundete ihn langsam, besah die unzähligen mehr oder weniger gut verheilten Wunden auf dem Oberkörper, an den Armen und Beinen und sogar im Gesicht. »Gibt es eine Stelle, die du beim Verletzen ausgelassen hast?«, erkundigte er sich beeindruckt.
»Sieht du eine?«, gab Sisaroth zurück und versuchte, seine Aufregung im Zaum zu halten. Er wusste, was seine Geschwister von ihm erwarteten. Tirîgon hatte ihnen eine Herde Feuerstiere gebracht, Firûsha lieferte erst vor Kurzem zwei weitere Elben, die sie auf ihren Reisen durch die besetzten Gebiete aufgespürt hatte.
Der Einzige ohne einen ähnlich achtbaren Erfolg, war er.
Dazu lastete immer noch der Makel auf ihm, in Phondrasôn wegen des Infamenschädels für sehr viel Aufruhr gesorgt zu haben. Das warfen ihm weder Bruder noch Schwester laut vor, doch er bildete sich ein, manchmal in ihren Blicken lesen zu können.
Tirîgon besah sich den Unterirdischen genau. »Den Lendenschurz werde ich nicht antasten. Was haben du und Serîdai mit der Bergmade angestellt?«
»Wir hielten uns an die Hinweise, die ich Arviûs Protokollen entnahm. Ohne den Beistand des Infamen …« Sisaroth sah aus den Augenwinkeln, wie Firûshas Kopf herumschnellte und sich die prüfenden Blicke auf ihn richteten. Sie denkt immer noch, ich trauere dem Schädel nach. Er räusperte sich. »Jedenfalls hatten wir nicht mehr als Serîdais Macht und mein Wissen, was Tränke angeht. Sie sieht es als ihre Pflicht an, das zu Ende zu bringen, was die Cîanai von damals begann. Ich preise Samusin, dass sie sich uns zu erkennen gab.« Er deutete auf den Unterirdischen. »Wichtig ist, den Willen der Unterirdischen durch Schmerz anzubrechen, bevor wir ihnen die Tränke verabreichen. Wir zogen Bendolín teilweise die Haut ab, versetzten ihn durch diverse
Weitere Kostenlose Bücher