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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Werkstätten zu, doch ein Mord?« Er schüttelte den Kopf. »Das müsstest du selbst tun.«
    Ûtralor keuchte und betrachtete die blinkenden, geschliffenen Metallzähne. »Du bist weise. Zudem würde mit seinem Tod der Wert seiner Werke in die Höhe schnellen.« Er dachte nach, legte die Säge an das Kinn. »Und wie sieht es mit einem Brand aus? Wärst du dazu imstande?«
    Cîphoras steckte die Münzen ein. »Ich tue nichts, Ûtralor, was einem von euch schadet. Ein wenig Spionage, das ist in Ordnung, aber jemanden umbringen oder eine Feuersbrunst, die unter Umständen auf Dsôn übergreift? Niemals. Ich will nicht nach Phondrasôn.«
    »Verzeih.« Ûtralor legte ihm plötzlich die Hand auf die Schulter. »Dann bitte ich dich um einen Gefallen, der dir leichtfallen wird: Besorge mir bei deinem nächsten Besuch in Hâtiràs’ Werkstatt seine besten Werkzeuge, mit denen er gerade arbeitet. Wenn ich ihn schon nicht aufhalten kann, werde ich ihn wenigstens verlangsamen, damit ich vor ihm fertig bin.«
    Cîphoras dachte lange nach und schien nicht einwilligen zu wollen. »Der Verdacht wird sofort auf mich fallen«, erwiderte er. »Hâtiràs wird nie wieder bei mir Gebeine bestellen, und es wird sich herumsprechen, dass ich Künstlern die Werkzeuge stehle. Damit kann ich mein Geschäft beenden.«
    Ûtralor schluckte und blickte ihm lange in die Augen. Dann ging ein Ruck durch den Skulpteur, er richtete sich auf. Er hatte offenkundig eine Entscheidung gefällt. »Dann belasse es bei seinem besten Schabemesser und dem Knochenschneider. Ich schwöre, dass dein Diebstahl nicht auffallen wird.« Er ließ Cîphoras los und verschwand im hinteren Teil, um gleich darauf mit einem weiteren Beutel Gold zurückzukehren. »Nimm dies. Und bringe mir die Werkzeuge so schnell es geht.«
    Cîphoras wog das Säckchen mit einer Hand – dann nickte er. »Morgen.«

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Dsôn Faïmon, Dsôn, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Spätsommer
    Cîphoras fuhr seinen beladenen Wagen in bester Laune durch Dsôn und steuerte auf das Haus eines neuen aufstrebenden Skulpteurs zu. Er beschäftigte sich in Gedanken mit den Neuigkeiten, die wie ein Lauffeuer durch die Hauptstadt gingen.
    Vor Kurzem hatte die Garde Ûtralor ermordet in seiner Werkstatt neben seiner vollendeten und wundervollen Inàste-Statue gefunden. Der Täter war schnell ermittelt worden: Im toten Skulpteur steckten Schabemesser und Knochenschneider seines ärgsten Rivalen Hâtiràs.
    Alle in Dsôn wussten von der Feindschaft, ein jeder kannte die Drohungen, die beide ausgestoßen hatten; Schlägereien hatte es mehr als einmal auf offener Straße oder vor einer Skulptur gegeben.
    Hâtiràs’ Unschuldsbeteuerungen glaubte niemand, und so wurde er nach Phondrasôn verbannt. Sämtliche seiner Werke wurden geächtet und trotz ihrer Meisterlichkeit für wertlos erklärt. Die Statue, die er für den Samusin-Tempel so gut wie fertiggestellt hatte, übergab man den Flammen.
    Dafür stiegen die Preise für Ûtralors Kreationen ins Unermessliche.
    Cîphoras pfiff ein leises Lied und lenkte den Karren in die Straße, wo sein Kunde wartete. Ûtralor hatte Wort gehalten: Niemand verdächtigte ihn, in die Geschehnisse verwickelt zu sein. Selbst Hâtiràs kam nicht auf diesen Gedanken, sondern nannte bei seiner Verhandlung ein halbes Dutzend Namen von Rivalinnen und Rivalen, die aus dem Tod Ûtralors einen Vorteil zogen.
    Cîphoras war der Einzige in Dsôn, der wusste, was in Ûtralors Schaffensstätte mit großer Sicherheit geschehen war: Um seine eigenen Werke unsterblich zu machen und seinen größten Rivalen für immer zu beseitigen, brachte sich der Skulpteur selbst um und tarnte seine Tat als Mord. Denn es war dermaßen undenkbar, dass ein Alb seine Unsterblichkeit aufgab, dass es niemand in Betracht zog.
    Doch genau damit hatte Ûtralor sein Ziel erreicht. Er gab sich selbst für die Erhöhung seiner Kunst.
    Cîphoras hielt vor der kleinen Werkstatt an und sah nach hinten auf den vollgestopften Wagen. Er hatte sich rechtzeitig alles an Gebein, was in den Werkstätten des Toten und des Verbannten lagerte, für einen Spottpreis gesichert, den er großzügig an Ûtralors Hinterbliebene zahlte.
    Damit konnte er seine Ware zweimal verkaufen und mehr als den doppelten Gewinn einfahren. Die Gebeine aus Ûtralors Lager würden sogar ein Vielfaches einbringen, weil sie plötzlich als besonders wertvoll galten. Wie dessen Kunstwerke.
    »Verstehe einer die

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