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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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und vielen weiteren Körperteilen nach Dsôn zurück, um sich nicht weniger als einen weiteren Teil der Unendlichkeit in seine Werkstatt einzuschließen und aus dem Erbeuteten eine Skulptur zu erschaffen.
    So kam der Splitter der Unendlichkeit, an der sein Werk ausgestellt wurde. Sie besuchten und bestaunten es in Scharen: die Neider, die Widersacher und die wahren Freunde seines Schaffens. Ihnen allen fehlten die Worte, angesichts der Unübertrefflichkeit der Form und der Gegenstände, welche der Künstler verwendet hatte.
    Niemandem entging, wie dünn und ausgezehrt der Alb bei seinem Schaffen geworden war, und als er den letzten erklärenden Satz über seine Lippen gebracht hatte, sank er neben der Statue nieder und starb.
    Seine Gefährtin hob ihn zärtlich auf und setzte ihn in die Lücke, die er in seinem Werk eigens für sich gelassen hatte.
    So wurde der Künstler eins mit seiner letzten Arbeit und machte sie endgültig einmalig.

Wer niemals den Gedanken hatte, dass
    Schönheit
    auch aus
    Hässlichkeit
    geboren werden kann,
    der tötet
    unbedacht.

Die Aufgabe
    Wie weit Künstler gehen, um ihre Werke unvergessen zu machen, soll diese kleine Erzählung zeigen.
    Ich selbst sah etliche Stücke, die Ûtralor und Hâtiràs anfertigten, und würde man von mir verlangen, dass ich bewertete, welche gelungener seien, müsste ich passen.
    Für mich standen die Skulpteure stets auf einer Stufe, wenngleich Ûtralor und Hâtiràs das anders sahen.
    Letztlich nahm der Wettstreit zwischen ihnen einen tragischen Verlauf.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Dsôn Faïmon, Dsôn, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Sommer
    »Halt!«
    Der vorwurfsvolle Ausruf verlor sich in der gewaltigen, aber penibel aufgeräumten Werkstatt, in welche die Sonne durch die dunkelblauen Glasdachfenster schien.
    Cîphoras zuckte zusammen und schaute sich um, ohne dass er jemanden sah. Irgendwo zwischen den Regalen, in denen sich die verschiedensten Gebeine fein säuberlich stapelten oder senkrecht nebeneinander reihten, verbarg sich einer seiner besten Kunden. Der Skulpteur schien einen Makel an der Lieferung entdeckt zu haben, die er ihm soeben gebracht hatte.
    Cîphoras hatte den Lohn, der auf dem Tisch abgezählt worden war, bereits eingestrichen und den Ausgang beinahe erreicht, als ihn das Wort in den Rücken traf.
    Seufzend blieb der breit gebaute Alb stehen. »Was heißt Halt , Hâtiràs?« Er richtete seine Lederschürze, die er über seinem dunkelgrauen Gewand trug.
    »Das heißt«, drang es von irgendwo aus dem Raum, »dass ich sagte, ich wolle sämtliche Schienbeinknochen der Riesen, die du finden kannst.« Ein leises Klappern erklang, dann erschien der Skulpteur hinter einem Regal, auf dem die ausgekochten Schädel von Gnomen lagerten; in seiner Rechten hielt er einen dicken Knochen, der beinahe so lang wie er selbst war und den Durchmesser eines Unterarms hatte. »Mir wurde geflüstert, dass du eine zweite Ladung vor mir verborgen hältst.« Der Alb mit den halblangen, dunkelblonden Haaren kam näher. Sein hellbraunes Gewand, auf dem feine, weiße Spänchen hafteten, wallte leicht durch die betonte Bewegung.
    Cîphoras nahm das Gebein entgegen, ohne Anstalten zu machen, etwas von den viereckigen Goldmünzen zurückzugeben. »Deine Quelle täuschte sich«, erwiderte er freundlich, weil er das Aufbrausende seines Kunden genau kannte. »Es sind keine Schienbeinknochen, es sind Ellen und Speichen, und zwar von Trollen. Nicht von Riesen.« Er lächelte. »Du hast erhalten, wonach du verlangtest.«
    Hâtiràs verzog den Mund. »Sind sie für Ûtralor?«
    Cîphoras machte ein entschuldigendes Gesicht. »Das darf ich dir nicht sagen. Ich bin nur der Lieferant, der durch Ishím Voróo streift und Scheusale …«
    »Du magst sämtliche Münzen behalten«, fiel ihm der Alb ins Wort. »Also?«
    Cîphoras schwieg kurz. »Ja. Er orderte sie.«
    »Was will er damit?«, kam es wie von der Sehne geschnellt.
    Cîphoras räusperte sich und legte eine Hand an den Beutel, klimperte mit dem Gold. Fluchend kramte Hâtiràs in seinem Gewand und warf ihm zwei weitere blinkende Plättchen verächtlich vor die Füße.
    »Es könnte sein, dass er eine große Statue plant«, verriet der Händler nachdenklich. »Und es könnte auch sein, dass er sie zu Ehren von Inàste errichtet.«
    »Wie weit ist er damit?
    Cîphoras hob die Augenbrauen, Hâtiràs warf ihm zwei weitere Münzen hin.
    »Wenn ich ihm die Gebeine liefere, wird er höchstens zehn

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