Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
Albin es geschafft hatte, vom Grund des Gewässers zurückzukehren. Ingrimmsch klang so überzeugt, als er von ihrem Tod sprach.
Doch bei einer Aklán war vieles möglich, das wusste Aiphatòn nur zu gut.
Sie und ihre Brüder hatten zahlreiche Albae aus Phondrasôn ins Geborgene Land geführt, Meile um Meile mit List, Magie und überragenden Kampffertigkeiten unterworfen, bevor er und seine Albae aus dem Süden einmarschiert waren. Ein zweites Mal wird sie der Endlichkeit nicht entkommen.
Aiphatòn beschäftigte seine eigene Schuld unaufhörlich, mit jedem Schritt, den er tat, vom Erwachen bis zum Einschlafen. Und auch dann verschonte sie ihn nicht, bis in die Träume verfolgten ihn die Erinnerungen und Bilder: die Eroberung des Geborgenen Landes, seine gnadenlosen Truppen, die Unterjochung der Völker, sein Titel Kaiser der Albae und die unbarmherzige Suche nach Elben.
Aber mit Tungdils Rückkehr war die Einsicht gekommen, nein, das Erwachen , genau zu dem Scheusal geworden zu sein, das er niemals hatte sein wollen.
Welchem dämonischen Rausch erlag ich, dass ich mich in der Vergangenheit gebärdete, als sei ich verkommen wie meine Erzeuger? Dabei hatte er dem Zwerg einst geschworen, niemals so zu werden.
Das Böse lebte in ihm, und es vermochte mitunter, übermächtig zu sein.
Das darf niemals mehr geschehen. Kein Alb darf mehr im Geborgenen Land leben. Sein eigener Tod war beschlossene Sache. Seiner und vorher der eines jeden Albs.
Die Straße führte steil bergauf und leitete seine Schritte auf eine Stadt zu, vor deren Tor zwei Wachen standen, wie er nach einigen Windungen erkannte. Vor ihm ratterten Fuhrwerke, die Fässer und Holzbalken transportierten.
Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, verbarg er sich im Schatten der Felswand. Und da erkannte er in einer vertrockneten Flechte dicht am Wegesrand einen halben Hufeisenabdruck, der zu denen der Nachtmahre passte.
Sie ritten hier entlang. Aiphatòn sah zur unbekannten Stadt.
Den Gedanken, dass sich die Gruppe um Firûsha aufgeteilt hatte, verwarf er. Sie hatten sich bislang nicht getrennt, weswegen sollten sie nun damit beginnen?
Ist diese unscheinbare Stadt ihr Ziel? Was gibt es darin, was den Drillingen von Nutzen sein könnte?
Niemand durfte sein Kommen bemerken, er wollte ein Aufsehen vermeiden. Eine Maskerade als zerlumpter Bettler konnte er sich sparen, die beständig schwarzen Augen, die ihm als Shintoìt gegeben waren, und die leicht spitzen Ohren verrieten ihn als Alb. Die Kunde seiner Ankunft würde sich rasch verbreiten und zu Firûsha gelangen, womit die Überraschung dahin wäre.
Aber verborgen in einem der Fässer könnte ich hinein. Aiphatòn nahm den Speer von der Schulter und schloss geräuschlos zum hinteren Karren auf, sprang auf die Ladefläche und prüfte geduckt den Inhalt der Behälter.
Die Spundlöcher oben und an der Seite verrieten, dass eine Flüssigkeit darin zu finden war, dem schwachen Geruch nach handelte es sich um Wein.
Rasch bohrte er die untere Öffnung eines Fasses an und ließ eine ordentliche Menge ablaufen. Der helle Wein strömte hinter dem Wagen auf die Straße, das Plätschern ging im Knarren und Klappern der Räder unter. Das Loch schloss er mit Dreck und Harz, das er von den Wagenlatten schabte.
Aiphatòn verbarg seinen Speer unter einer zusammengerollten Plane und hoffte, dass es ausreichte, um den Wachen zu entgehen. Sonst werde ich mit viel Aufmerksamkeit in die Stadt einfallen.
Den Deckel bekam er mit etwas Geschick geöffnet, sodass er sich in den vergorenen Rebensaft gleiten lassen konnte, dann zog er ihn wieder über die Öffnung.
Der Geruch des Weins sagte ihm nicht sonderlich zu, mit jedem Steinchen, über das der Karren holperte, schwappte die Brühe über sein Antlitz und den kahlen Kopf. Er vermied es, einen Schluck zu nehmen.
Aiphatòn musste grinsen. Ingrimmsch würde gewiss so lange abtrinken, bis er darin stehen könnte, ohne zu ersaufen.
Der Wagen holperte voran, bis er langsamer wurde und zum Stehen kam. Anscheinend hatten sie das Tor erreicht.
»Ich bringe den Wein für den Bürgermeister«, vernahm er die Stimme des Kutschers gedämpft durch das Holz.
»Das wissen wir. Du bist uns angekündigt worden«, lautete die gelangweilte Antwort. »Du kannst …«
»Ho, was ist denn das? Eines der Fässer ist undicht«, fiel ihm ein zweiter Gardist ins Wort, dessen Stimme vom Heck und damit ganz in der Nähe von Aiphatòn erklang. »Das untere Spundloch scheint nicht richtig abgedichtet
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