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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Ich hatte Hanaktia versprochen, dass ihre Kinder Hanaktos nicht verlieren würden, wenn sie ihre Abmachung mit mir einlöste. Ich hielt Wort, übertrug aber ein Drittel des Landbesitzes als Mitgift auf Berrone und ernannte den Bruder meiner Mutter zu ihrem Vormund. Dass das ihrer Mutter nicht gefiel, störte mich nicht. Mein Onkel wird in Berrones Interesse handeln. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass ihre Mutter oder ihre Brüder das täten.
    Am Tag meiner Abreise besuchte ich Nomenus. Es gab sechs Zellen in einem der Nebengebäude, das in der Mitte hoch war, aber niedrige Dachtraufen hatte; die Türen der Zellen gingen gegenüber voneinander auf einen überdachten Mittelgang hinaus. Um ehrlich zu sein, glich es mehr einem Schweinestall als einem Gefängnis. Die Tür zu Nomenus’ Zelle reichte mir gerade eben über die Hüfte und bestand aus miteinander verflochtenen Metallstreifen. Nomenus lag zusammengerollt dahinter. Er schlief, was mich nicht erstaunte. Er hatte keine Decke, und ich nahm an, dass es in dem steinernen Gebäude nachts zu kalt war, um zu schlafen.
    Als ich mich neben das Eisengitter hockte, regte er sich und setzte sich auf. »Ihr habt triumphiert«, sagte er. »Ich habe es von den Wachen gehört.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Das freut mich«, sagte er widerwillig und schob sich die Finger unter die Arme. »Nicht ganz, Ihr versteht schon … aber es freut mich.«
    Ich starrte an ihm vorbei in die Dunkelheit.
    Er sagte: »Ganz so eng ist es weiter hinten nicht. Ich sitze hier, weil es wärmer ist.«
    Ich war ihn besuchen gekommen, weil ich glaubte, dass »Aus den Augen, aus dem Sinn« eine gefährliche Haltung sein könnte. Ich wollte eine sehr klare Vorstellung davon haben, wohin ich ihn gesteckt hatte.
    »Schließ auf«, sagte ich zu dem Wachsoldaten, der bei mir war.
    Nomenus wich von der Tür zurück, sobald sie offen stand, und ich ließ mich auf die Knie nieder und kroch hinein. Die Kerkerzelle war hinten in der Tat geräumiger: Ihre Decke war höher als der enge Eingang, und der Boden im Rest der Zelle war abgetragen worden, so dass er tiefer lag und Nomenus aufrecht stehen konnte. Ich saß im Eingangstunnel und ließ die Beine über die Kante in die Zelle baumeln. Da der Erdboden abgegraben worden war, waren nur noch eine Ansammlung von Findlingen und der unebene nackte Fels übrig. Außerhalb des Eingangs, in dem ich saß, gab es keine ebene Fläche.
    Ich gab Nomenus einen Wink, und er ließ sich unbequem auf einem Felsen nieder. Auf der Stirn hatte er einen riesigen Bluterguss, der mir nicht gefiel. Er berührte ihn behutsam und sagte, als ob er meine Gedanken gelesen hätte: »Eure Wachen sind nicht unsanft mit mir umgegangen. Aber wie Ihr Euch erinnern werdet, bin ich im Dunkeln hergekommen.«
    »Ich verstehe.« Mir fiel sonst nichts ein, was ich hätte sagen können. Am Ende fragte ich: »Woran denkt Ihr?«
    Er schluckte. »An nutzlose Ausreden, die ich unausgesprochen zu lassen versuche.«
    Ich wartete.
    Nach einem Moment warf er die Hände in die Luft und begann zu meinem großen Unbehagen zu weinen. »Ihr seid König«, sagte er, und seine Stimme brach. »Was ich getan habe, spielt doch jetzt keine große Rolle mehr, oder? Und was hätte ich schon tun sollen, als meinem Herrn treu zu dienen? Geht es mich etwas an, wem mein Herr treu ergeben ist?«
    »Glaubt Ihr das?«
    »Nein.« Er rutschte weiter zurück und zog die Beine an, um die Arme darum zu schlingen. Er rieb sich das Gesicht an den Armen ab. »Ich wollte auf der Siegerseite stehen, und ich dachte, das täte ich.«
    Er war entweder ein fehlerbehafteter, aber im Grunde anständiger Mann oder ein sehr überzeugender Schauspieler, oder womöglich beides zugleich.
    »Bitte«, sagte er mit sichtlichem Widerwillen, »ich wollte ja eigentlich nicht danach fragen, aber ist das hier … für immer?« Seine Tränen hatten Bahnen durch den Schmutz auf seinem Gesicht gezogen.
    Ich sagte: »Nein. Nicht für immer, aber eine gewisse Zeit wird es dauern.«
    Er nickte.
    »Wenn ich mich erst um andere Dinge gekümmert habe, werde ich mich um Euch kümmern«, versprach ich.
    Später, als ich auf den Rücken meines Pferdes stieg und in die Hauptstadt ritt, hatte ich seine letzten Worte noch immer in den Ohren. Seine Zelle war bereits hinter mir abgeschlossen worden, und er hatte nicht mit mir gesprochen. Ich glaube, er hatte zu den Göttern gebetet, als er geflüstert hatte: »Vergesst mich nicht. Bitte vergesst mich nicht.«
    Ich blieb

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