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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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worden war.
    «Und das ist alles?» fragte Strange. «Da hätten Sie ebensogut auch eine Woche Urlaub machen können.»
    «Ich glaube, daß die beiden Frauen lügen, Sir. Daß sie ihn an dem Mittwoch gar nicht gesehen haben. Daß eine von ihnen oder aber beide Brooks umgebracht haben. Aber nicht am Mittwoch und auch nicht am Donnerstag. Ich glaube, daß Brooks am Dienstag ermordet wurde und diese Pitt Rivers-Geschichte ein Bluff ist, der uns einen Zusammenhang zwischen dem Mord und dem Diebstahl vorgaukeln soll. Ich glaube, daß sie das afrikanische Messer von einem Komplizen haben entwenden lassen...»
    «Schon gut. Sie glauben — und ich hab gar nicht gewußt, daß Sie so stark im Glauben sind, Morse — , daß das Messer an dem Tag nach dem Mord an Brooks gestohlen worden ist.»
    «Ja, Sir.»
    Morse wußte, daß seinen Folgerungen die letzte Transparenz fehlte, aber er machte unverdrossen weiter.
    «Das hängt alles mit ihren Alibis zusammen. Sie selbst hätten das Messer nicht stehlen können, zu der Zeit fuhren sie nämlich in einem Bus zu einem Theaterbesuch mit Mrs. Stevens Schulklasse nach Stratford. Wenn wir den Zusammenhang zwischen dem Mord an Brooks und dem Diebstahl des Messers herstellen, der uns hier suggeriert wird, sind sie mehr oder weniger aus dem Schneider. Wenn Brooks’ Leiche jemals gefunden wird, was ich zu bezweifeln wage...»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Weil man dann feststellen wird, daß in ihm nicht das Messer aus dem Pitt Rivers steckt, sondern irgendein anderes. Vermutlich ein Küchenmesser. Aber sie werden dafür sorgen, daß wir die Leiche nicht finden. Weil dann nämlich ihre schönen Alibis über den Jordan sind.»
    Strange sah auf die Uhr. Es war kurz nach zwölf. «Ich staune eigentlich, daß Sie nicht auch schon über den Jordan sind, um Ihr Bier zu stemmen.»
    Morse lächelte pflichtschuldigst, und Lewis feixte. «Das ist doch alles an den Haaren herbeigezogen», mäkelte Strange. «Statt Ihrer ständigen Glaubenssätze würde ich gern mal ein paar Fakten sehen.»
    «Da ist noch etwas, Sir. Lewis ist darauf gekommen...»
    Morse gab seinem Sergeant einen Wink, woraufhin der den Faden weiterspann.
    «Ein gewisser Davies, Ashley Davies, scheint einiges mit dem Fall zu tun zu haben. Er wohnte zur gleichen Zeit wie Matthew Rodway an dem bewußten Aufgang G. Nach einer Prügelei ist er rausgeschmissen...» — er sah Morse an — «...relegiert worden. Bei der Prügelei mit Rodway ging es um eine Frau, eine gewisse Eleanor Smith, und die war McClures Geliebte. Und jetzt hat sich Davies mit ihr verlobt. Außerdem ist sie noch die Stieftochter von Brooks.»
    «Sehr gut, Lewis. Verstärkendes Beweismaterial nennt man so was. Hat er Brooks ermordet?»
    «So weit sind wir noch nicht, Sir. Der Chief Inspector meint nur...»
    Lewis verstummte, und Morse sprang in die Bresche.
    «Ich habe mir nur überlegt, warum Miss Smith eingewilligt hat, ihn zu heiraten. Vielleicht hat der Junge ihr einen Gefallen getan. Lewis hat festgestellt, daß Davies am Mittwoch nachmittag in Oxford war, und wenn er da auch ins Pitt Rivers gegangen ist...»
    «Jetzt haben Sie also auch noch die Tochter im Visier...»
    «Die Stieftochter, Sir.»
    Strange schüttelte den Kopf. «Ganz schlecht, Morse. Sie sind schon wieder in Disneyland.»
    Morse lehnte sich seufzend in seinem alten Ledersessel zurück. Er wußte, daß sein Bericht keine Glanzleistung gewesen war. Selbst wenn er ihn besser formuliert hätte, hätte der Bericht keinen guten Eindruck gemacht. Vielleicht sogar einen noch schlechteren.
    Strange stand auf.
    «Schönen Urlaub gehabt, Sir?» erkundigte sich Lewis.
    «Schauderhaft. Nichts als Regen rund um die Uhr. Riesensauerei.»
    Strange watschelte zur Tür und hatte zum Abschied noch einen Ratschlag für seinen dienstältesten Chief Inspector. «Beeilen Sie sich ein bißchen, Mann. Sehen Sie zu, daß Sie die Leiche finden, oder schicken Sie Lewis los. Sonst können Sie sich Ihr komisches Messer sonstwohin stecken.»

    Lewis sah den bedeppert dasitzenden Morse an.
    «Nichts als Regen rund um die Uhr — das ist das, was Intellektuelle eine Hyperbel nennen, nicht?»
    Morse lächelte matt und nickte.
    «Schadenfreude ist die beste Freude, Chief», stellte der Sergeant trocken fest.
    Das Lächeln von Chief Inspector Morse wurde breiter. «Was halten Sie davon, wenn wir jetzt ganz schnell über den Jordan gehen und unser Bier stemmen, Lewis?»

53

    «Jo, mein armer Freund!»
    «Ich kann Sie im Dunkeln

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