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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Satz.»
    «Aber verlorene Liebesmüh. Ich hätte mich nicht in die Irre führen lassen.»
    «Bestimmt nicht?»
    «Mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit.»
    «Könnten Sie bitte das eine verbleibende Prozent auch noch ausschließen?»
    «Zeitverschwendung. Aber wenn Ihnen so viel daran liegt...»
    «Ich wäre Ihnen sehr dankbar.»
    «Wollen Sie sich nicht den Tascheninhalt ansehen? Die Sachen, die er trug?»
    «Ja, das muß ich wohl.»
    Sie musterte ihn leicht verwundert. «Sie scheinen sich da ganz bestimmte Hoffnungen gemacht zu haben... Tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen muß.»
    «Nicht weiter schlimm. Zu hoffen habe ich schon lange aufgegeben.»
    «Mit handfesten Beweisen kann man in unserem Job auch mehr anfangen.»
    Morse nickte und folgte Laura Hobsons hübschen Beinen in einen Nebenraum, wo sie auf einen Tisch am Fenster deutete. «Dann überlasse ich Sie jetzt Ihrem Schicksal, Chief Inspector...»

    Morse nahm sich zuerst die Liste der Gegenstände vor, die Brooks bei sich gehabt hatte.
    Da war zunächst die Brieftasche, mit deren Hilfe man schon am Fluß die Identität des Toten festgestellt und die Morse sich bereits angesehen hatte. Rasch musterte er noch einmal den inzwischen getrockneten Inhalt: eine Zehn-Pfund-Note, eine Fünf-Pfund-Note, Scheckkarte der Lloyds Bank, Dienstausweis für das Pitt Rivers Museum, Mitgliedskarte für den East Oxford Conservative Club. Keine Fotos, keine Briefe.
    Auch die anderen aufgeführten und in Plastiktüten verwahrten Gegenstände waren auf den ersten Blick recht uninteressant: ein schwarzer Kamm; ein weißes Taschentuch; 2,74 Pfund in Münzen; eine halbe Packung zerbröckelter Magentabletten; ein Schlüsselring mit sieben Schlüsseln.
    Der größte war etwa 7 Zentimeter lang und schmutzigbraun. Ein Hausschlüssel vielleicht. Auch die beiden Sicherheitsschlüssel, einer khakifarben, der andere metallisch blank, mochten eine Haustür abschließen, die anderen gehörten möglicherweise zu Garten- oder Fahrradschuppen, Aktentasche oder Kassette oder... Plötzlich war Morse hellwach. Auf den vierten Schlüssel, ein kleines silbriges Ding, war ein «X 10» geprägt. Nachdenklich sah Morse aus dem Fenster. Gehörte der vielleicht zu einem ganzen Schlüsselsatz? Und was mochte er schließen? Brachte es etwas, die sieben Schlüssel den entsprechenden Schlössern zuzuordnen und dafür ein paar Stunden zu investieren? Wahrscheinlich war es nur Zeitverschwendung, aber Morse wußte natürlich, daß er nicht darum herumkam. Er — oder Lewis.
    Die Kleidung des Toten gab keine weiteren Aufschlüsse. Morse wollte gerade gehen, als Laura hereinkam.
    «Gespräch für Chief Inspector Morse. Sergeant Lewis. In meinem Zimmer.»

    Lewis rief vom Büro des Schulleiters der Proctor Memorial School aus an. Mrs. Julia Stevens war vorübergehend beurlaubt. Das heißt, eigentlich auf unbestimmte Zeit beurlaubt, aber die verschwommene Formulierung ersparte allen Beteiligten gewisse Peinlichkeiten. Sie hatte nur noch wenige Monate zu leben, eine Aushilfskraft hatte ihre Klassen übernommen. Zur Zeit befand sie sich auf einem kurzen Auslandsurlaub, auch das hatte Lewis von ihrem Vorgesetzten erfahren. Mit einer Freundin. Adresse unbekannt.
    «Wissen Sie, wer die Freundin ist?» fragte Morse.
    « Sie wissen es, Sir.»
    «Ich kann es mir zumindest denken.»
    «Da fragt man sich, ob sie nicht vielleicht doch schuldig sind.»
    «Oder unschuldig», sagte Morse nachdenklich.

    Kevin Costyns Zustand hatte sich wesentlich gebessert, eine Operation erübrigte sich. Seit gestern mittag lag er nicht mehr auf der Intensivstation, und die Polizei hatte die Erlaubnis erhalten, ihn zu dem Unfall zu vernehmen.
    Sehr bald würde man ihn auch zu anderen Punkten befragen. Zu Rammbrüchen und gestohlenen Fahrzeugen würde er sich wohl äußern müssen, das ließ sich vermutlich nicht vermeiden, aber zu dem Mord an Edward Brooks würden sie kein Wort aus ihm herausbekommen, das stand für ihn fest. Sein bisheriges Leben hatte vornehmlich aus Lügen und Betrug bestanden, aber ein Versprechen gab es, an das er sich halten würde.

    Vor einem kleinen, aber vornehmen Hotel mit Blick auf die Place de la Concorde hob Julia das Glas und stieß mit ihrer Freundin an. Beide lächelten.
    «Hier läßt sich’s leben, was, Brenda?»
    «Einfach wunderschön, Mrs. Stevens!»
    «Möchten Sie jetzt woanders sein?»
    «O nein. Das hier ist der schönste Platz auf Erden — natürlich außer Oxford.»
    Julia war sehr müde,

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