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Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Als Idiotin
     stünde sie jetzt natürlich besser da, andernfalls könnte man ihr Benehmen nur so deuten, daß sie entweder den Mörder kennt
     und alles tut, damit er nicht gefunden wird, oder … Im übrigen hat sie ein wasserdichtes Alibi, im Park des Sieges ist sie
     von mehreren Leuten gesehen worden, die dort regelmäßig joggen und ihre Hunde Gassi führen. Und ein Motiv hat sie auch nicht.
    »Ich weiß wirklich nicht, wer noch einen Schlüssel haben könnte. Ich bin so zerstreut und vergeßlich. Und verloren habe ich
     ihn schon hundertmal.« Veronika lächelte entwaffnend.
    Sie war der plumpen Schmeichelei offensichtlich auf den Leim gegangen, aber auf seine Fragen wollte sie trotzdem nicht antworten.
    »Ich begreife, daß das Schlüsselproblem uns beiden zum Hals heraushängt«, sagte Mischa sanft, »aber wir wollen doch zum Ende
     kommen. Versuchen Sie trotz allem sich zu erinnern, wann Sie den Schlüssel verloren haben und ob danach das Schloß ausgewechselt
     wurde.«
    »Ja, ich glaube, ich habe es ausgewechselt. Oder vielleicht doch nicht?« Veronika krauste nachdenklich die niedrige kleine
     Stirn unter der üppigen Mähne. »Wissen Sie, ich konnte mich schon als Kind nicht auf all diesen Kleinkram konzentrieren. In
     der Schule habe ich ständig mein Heft oder mein Buch vergessen. Ich bin fast verrückt geworden, dauernd hatte ich Angst, etwas
     zu verschusseln. Aber dann habe ich eine gute Psychotherapeutin kennengelernt, und sie hat mir beigebracht, wie ich diesen
     Komplex überwinden kann. Mein Gedächtnis ist nicht besser geworden, ich vergesse immer noch alles, aber jetzt ist mir das
     egal.«
    »Welche Therapeutin war das?« Mischa lächelte und lehnte sich entspannt im Stuhl zurück.
    »Oh, eine wunderbare Ärztin, sie heilt die schwierigsten Fälle, bei ihr werden sogar Schizophrene wieder normal, ganz ohne
     Medikamente. Wissen Sie, all diese Psychopharmaka sind ja so schädlich, viel schädlicher als Drogen. Und im Showgeschäft gibt
     es so viele Psychopathen! Aber ich fürchte, Ihnen wird das zu teuer sein.« Sie lächelte listig. »Sie haben doch für sich selbst
     gefragt, oder?«
    »Was für eine kluge Frau Sie sind!« Mischa hob die Hände. »Ich merke schon, Sie führt man nicht so leicht aufs Glatteis. Ja,
     es stimmt, bei der Drecksarbeit hier brauche ich unbedingt einen guten Therapeuten. Sie könnten mir nicht vielleicht ihre
     Telefonnummer geben?«
    »Nein.« Veronika schüttelte den Kopf. »Die ist für Sie zu teuer. Außerdem nimmt sie keine neuen Patienten mehr, sie ist sowieso
     schon überlastet.«
    »Na schön«, seufzte Mischa, »dann müssen wir Armen und Bedürftigen eben ohne Therapie klarkommen.«
    Du hast dich verplappert, mein Herzchen, dachte er vergnügt. Eine Psychotherapeutin ist gar kein schlechter Anhaltspunkt.
    »Hat diese gute Fee auch Juri Asarow behandelt?« fragte er wie nebenbei.
    »Juri war stinknormal und zum Gähnen langweilig«, seufzte Veronika. »Kein bißchen Pep, keine Verrücktheiten, keine Streiche.«
    Aha, offenbar hängen wir heimlich an der Nadel, dachte Mischa. Die Therapeutin muß ich erst genau überprüfen, bevor ich sie
     verhöre. War sie es vielleicht, die dieses Püppchen so geschickt auf die Gespräche mit mir vorbereitet hat?
    »Ihnen gefallen also Streiche und Verrücktheiten?« fragte er, das Thema Psychotherapie gehorsam fallenlassend.
    »Natürlich! Sonst ist das Leben doch langweilig. Ich mag es, wenn die Funken sprühen. Aber Juri war ein echter Geizkragen.«
    »Dann war möglicherweise Geld das Mordmotiv?« mutmaßte Mischa und dachte, wenn sie darauf anbeißt, dann gehört sie endgültig
     zu den Darstellern dieses Stücks und nicht zu den Zuschauern.
    »Weswegen sonst?« Veronika lächelte spöttisch. »Ich persönlich bin davon überzeugt.«
    »Wozu brauchten Sie ihn dann eigentlich, Veronika Iwanowna, wenn er statt Pep und sprühenden Funken nur Schulden hatte? Mit
     Ihrem Aussehen hätten Sie doch einen Besseren finden können.«
    »Wozu?« Sie dachte nach und legte einen spitzen Fingernagel an den Mund. Nagellack und Lippenstift hatten dieselbe grellrote
     Farbe. »Wahrscheinlich zur Abwechslung«, sagte sie träumerisch und kaute auf dem Nagel.
    Als Veronika das Polizeirevier verließ und sich ans Steuer ihres neuen roten Lada setzte, spulte sie in Gedanken noch einmal
     das ganze Gespräch mit dem Kommissar ab und warsehr mit sich zufrieden. Regina hatte völlig recht, es waren durch die Bank alles Trottel,

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