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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Augenblick lang erkannte man bei der Durchsichtigkeit des Wassers seinen grün gestreiften und gefleckten Körper von sechzehn bis achtzehn Fuß Länge. Ein wahres Ungeheuer.
    Auf Kin-Fo stürzte sich das Thier zuerst, indem es sich, um zuschnappen zu können, halb umwendete. Kin-Fo behielt sein kaltes Blut wie immer. Eben als der Hai ihn erfassen wollte, schlug er jenem seine Pagaie so heftig auf den Rücken, daß er wieder Kehrt machte. Craig und Fry, gleich gerüstet zum Angriffe wie zur Abwehr, eilten hinzu.
    Der Haifisch tauchte kurze Zeit unter und stieg wieder empor mit geöffnetem Rachen, der einer Scheere mit vierfachen Zahnreihen ähnelte.
    Kin-Fo wollte sich auf die nämliche Weise vertheidigen, wie er es soeben mit Glück versucht hatte; seine Pagaie gerieth dabei aber in den Rachen des Thieres, das dieselbe glatt abbiß.
    Halb auf der Seite liegend, stürmte das Unthier nun auf seine Beute los. Da quollen plötzlich Blutströme aus dessen Körper, die das Wasser roth färbten.
    Craig und Fry hatten das Thier wiederholt getroffen, und so hart seine Haut auch war, ihre amerikanischen Messer mit sehr langen Klingen durchdrangen dieselbe doch.
    Das Ungethüm riß den Rachen weit auf und schloß ihn wieder, während die Schwanzflosse die Wellen peitschte. Fry erhielt dabei einen Schlag, der ihn zehn Schritte weit zurückschleuderte.
    »Fry! rief Craig voll Angst und mit einem Ausdruck von Schmerz, als habe der Schlag ihn selbst getroffen.
    – Hurrah!« antwortete Fry, wieder auf dem Kampfplatze erscheinend.
    Er war nicht verwundet. Sein Kautschuk-Küraß hatte die Gewalt des Schlages gebrochen.
    Der Angriff auf den Hai wurde nun mit verdoppelter Wuth erneuert. Er drehte und wendete sich krampfhaft im Wasser. Kin-Fo gelang es, ihm das Ende der zerbissenen Pagaie in das Auge zu stoßen, und er versuchte nun, auf die Gefahr hin, verschlungen zu werden, die Bestie festzuhalten, während Craig und Fry das Herz derselben zu durchbohren suchten.
    Es mußte ihnen doch gelungen sein, denn das Ungeheuer schlug nur noch einige Male mit der Schwanzflosse und versank dann in einem dicken Blutstrom.
    »Hurrah! Hurrah! Hurrah! riefen Craig-Fry wie aus einem Munde, die Messer schwingend.
    – Ich danke Ihnen, sagte einfach Kin-Fo.
    – Keine Ursache, entgegnete Fry, einen Bissen von zweimalhunderttausend Dollars für solch’ einen Fisch!
    – Niemals!« fügte Craig hinzu.
    Und Soun? Wo war denn Soun. Diesmal weit voraus und in der Nähe der Fischerbarke, kaum drei Kabellängen von derselben entfernt. Der Hasenfuß entfloh mit Hilfe der Ruder, so schnell er konnte. Das wäre beinahe sein Unglück gewesen.
    Die Fischer bemerkten ihn zwar bald, konnten sich aber nicht vorstellen, daß in dieser Seehund-Verkleidung ein menschliches Wesen verborgen sei. Sie gingen also daran, ihn zu angeln wie eine Robbe oder einen Seehund. Als das vermeintliche Thier nahe genug heran war, schleuderten sie von Bord aus eine lange Leine mit einem tüchtigen Haken.
    Der Haken faßte Soun dicht über den Gürtel und zerriß, als er herangezogen ward, die Kautschukhülle vom Rücken bis zum Nacken.
    Da Sonn jetzt nur noch von der in den Beinkleidern eingeschlossenen Luft getragen wurde, stürzte er um, so daß der Kopf in’s Wasser kam und die Beine in der Luft zappelten.
    Kin-Fo, Craig und Fry kamen noch rechtzeitig herzu und gebrauchten die Vorsicht, die Fischer in gutem Chinesisch anzurufen.
    Da fuhr den braven Leuten aber ein Heidenschreck in die Glieder! Seehunde, welche sprechen konnten! Natürlich hatten sie keinen anderen Gedanken, als den, zu entfliehen.
    Kin-Fo gab sich indeß alle erdenkliche Mühe, sie zu beruhigen und ihnen klar zu machen, daß er und seine Begleiter Menschen, und zwar Chinesen seien, wie sie.
    Bald darauf befanden sich die drei Landsäugethiere an Bord.
    Nun war Soun noch übrig. Man holte ihn mit einem Bootshaken heran und richtete seinen Kopf über das Wasser empor. Einer der Fischer ergriff ihn an dem Reste des Zopfes und zog daran….
    Da blieb ihm Soun’s Zopf allein in der Hand, und der arme Teufel tauchte auf’s Neue unter.
    Nun schlangen die hilfreichen Fischer ein Tau um ihn und hißten den Diener nicht ohne Mühe an Bord der Barke.
    Kaum hatte er das Deck betreten und das verschluckte Seewasser wieder von sich gegeben, als Kin-Fo auf ihn zuging und in strengem Tone sagte:
    »Es war also ein falscher?
    – Ei, ohne diesen wäre ich, da ich Ihre Gewohnheiten kannte, nie in Ihre Dienste getreten!«

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