Die Lennox-Falle - Roman
hat sie richtig erkannt, weiß aber auch nicht, was sie bedeuten sollen. Wir schon. … Diese Tätowierungen gibt es nur in einem sehr engen Kreis, einer besonders ausgebildeten Elitetruppe innerhalb der Neonazi-Organisation. Insgesamt sind es nach unserer Schätzung höchstens zweihundert hier in Europa, Südamerika und den Vereinigten Staaten. Man nennt sie die Blitzkrieger - es sind Meuchelmörder, ausgebildete Killer. Sie verstehen sich auf alle Kampfarten. Die Auswahlkriterien sind rückhaltlose Loyalität, körperliche Kondition und in allererster Linie ihre Bereitschaft - besser gesagt ihr Bedürfnis - zu töten.«
»Psychopathen«, sagte die ehemalige Anwältin. »Psychopathen im Dienste anderer Psychopathen.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Madame.«
»Und Sie haben den Amerikanern oder den Briten oder weiß Gott sonstwem nichts davon gesagt, ich meine von diesem - wie würden Sie es nennen - diesem Killerbataillon?«
»Die obersten Verantwortungsträger sind natürlich informiert worden. Aber niemand auf unterem Niveau.«
»Warum nicht? Warum nicht ein Drew Lennox?«
»Dafür hatten wir unsere Gründe. In den unteren Rängen gibt es undichte Stellen.«
»Warum sagen Sie es dann uns?«
»Weil Sie Franzosen sind und weil Sie berühmt sind. Prominente sind verletzbar; wenn etwas herauskommen würde, dann, nun, dann würden wir es wissen -«
»Und?«
»Wir appellieren an Ihren Patriotismus.«
»Das ist doch albern, das kann sich doch nur zum Schaden für meinen Mann auswirken!«
»Einen Augenblick mal, Giselle -«
»Sei still, Jean-Pierre, dieser Mann vom Deuxième ist aus einem anderen Grund hier.«
»Was?«
»Sie müssen eine hervorragende Anwältin gewesen sein, Madame Villier.«
»Die Art und Weise, wie Sie direkte Fragen und versteckte Andeutungen miteinander vermengen, ist nicht zu übersehen, Monsieur. Sie verlangen, daß mein Mann eine Sache unterläßt - etwas, das nach meinem Verständnis und in Anbetracht seiner Talente in Wirklichkeit für ihn gar nicht sonderlich gefährlich ist -, und im nächsten Atemzug weihen Sie ihn in geheimste Dinge ein, die ihn, wenn er sie irgendwie preisgeben würde, seine Karriere und sein Leben kosten könnten.«
»Ich sagte ja«, schmunzelte Moreau, »eine brillante Anwältin.«
»Jetzt verstehe ich kein Wort mehr, verdammt!« erregte sich der Schauspieler.
»Das sollst du auch nicht, Liebling. Überlaß das ruhig mir.« Giselle funkelte Moreau an. »Sie haben uns da ganz bewußt hineingezogen, nicht wahr?«
»Ich kann es nicht leugnen.«
»Und jetzt, wo er verletzbar geworden ist, indem er das weiß, was er weiß, was wollen Sie jetzt, daß wir tun? Ist das nicht die entscheidende Frage?«
»Ich denke schon.«
»Also dann, raus mit der Sprache.«
»Geben Sie das Stück auf, geben Sie Coriolanus auf und begründen Sie das mit einer Teilwahrheit. Ihr Mann hat soviel über diesen Jodelle erfahren, daß er einfach nicht weiterspielen kann. Er ist von Gewissensbissen geplagt und zugleich von Abscheu und Haß auf die Leute erfüllt, die dem alten Mann das angetan haben. Man wird Sie rund um die Uhr beschützen.«
»Und was ist mit meiner Mutter und meinem Vater?« rief Villier. »Wie könnte ich ihnen das antun?«
»Ich habe vor einer Stunde mit beiden gesprochen, Monsieur Villier. Ich habe ihnen soviel wie möglich gesagt, auch einiges über die neue Nazibewegung in Deutschland. Sie sagten, Sie müßten das entscheiden, äußerten zugleich aber auch die Hoffnung, daß Sie Ihre leiblichen Eltern ehren würden. Was kann ich sonst noch sagen?«
»Ich mache also mit dem Stück vorzeitig Schluß, und mache mich durch das, was ich nicht der Öffentlichkeit gesagt habe, für diese Leute zur Zielscheibe, mich und meine liebe Frau. Ist es das, was Sie von mir verlangen?«
»Um es noch einmal zu sagen, Sie werden nie, niemals, ohne unseren Schutz sein. Straßen, Dächer, gepanzerte Limousinen, Agenten in Restaurants, Polizei in Urlaubshotels - es wird weit über das hinausgehen, was Sie jemals für Ihre Sicherheit benötigen. Alles, was wir brauchen, ist ein lebender Blitzkrieger, damit wir herausbekommen, woher sie ihre Befehle erhalten.«
»Sie haben noch nie einen gefangen?« fragte Giselle.
»Oh ja, doch. Vor ein paar Monaten haben wir zwei erwischt, aber sie haben sich selbst in ihren Zellen erhängt, ehe wir sie unter Chemikalien setzen konnten. Das ist ganz typisch für solche psychopathischen Fanatiker. Der Tod ist ihr Beruf. Selbst ihr
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