Die letzte Aussage
haben. Meine Mum wollte das nicht durchmachen, deshalb geht mein Dad mit mir hin. Gran ist ein bisschen pikiert, weil sie jedes Mal dabei war, wenn ich mich bei der Polizei melden musste. Sie ist es nicht gewohnt, dass sich mein Dad einmischt.
»Hinterher können wir uns ja über die Taufe unterhalten«, sagt sie. Gran und Mum haben sich schon öfters wegen Alyssas Taufe gestritten. Mum ist schon völlig nervös, weil Alistairs Eltern auch kommen werden. Und Gran ist nicht sehr begeistert davon, dass mein Dad der Taufpate sein soll.
»Was gibt’s da noch zu besprechen?«, fragt er jetzt, und ich sehe, wie er die Stirn runzelt. »Man muss doch lediglich sagen: ›Ja, wie auch immer‹, wenn sie einen fragen, ob man an Jesus glaubt und das alles. Ich kann mich noch gut an Tys Taufe erinnern. Man muss sich vom Teufel lossagen. Weiter ist da nichts dabei.«
Ich bin zwar nicht religiös oder so was, aber ich werde mir genau überlegen, woran ich glaube und woran nicht, ehe ich Gefahr laufe, dass mich jemand darum bittet, an einer Taufe teilzunehmen.
»Ihr müsst los«, sagt meine Mum, bevor Gran etwas erwidern kann. Sie drückt mich fest. Ich sehe ihr nicht ins Gesicht. Ich mag nicht, wenn meine Mum weint.
Wir steigen ins Auto meines Dads – er hat einen BMW, und wir müssen kilometerweit laufen, um zu seinem Parkplatz zu kommen, weil er es offensichtlich nicht so wie Patrick draufhat, jemanden zu finden, der darauf aufpasst – und er fährt mich zum Polizeirevier.
Wir gehen rein und ich grüße den Mann hinter dem Tresen. Ich habe ihn schon öfters gesehen, er ist in Ordnung. Ziemlich freundlich. Aston Villa -Fan. Mein Mund ist ganz trocken und mir ist ein bisschen schwindelig. Normalerweise unterschreibe ich einfach nur und Gran ebenso, aber diesmal lassen sie uns warten. Also warten wir. Ich überlege, wie ich noch mal auf das Thema Laptop zu sprechen kommen könnte, werde aber von den dringlicheren Überlegungen abgelenkt, ob meine Magenkrämpfe nur von der Angst kommen oder ob ich tatsächlich gleich zum Klo rasen muss.
»Wie geht’s Tess?«, frage ich meinen Dad nach einer Weile, weil es höflich ist, sich nach seinem Leben zu erkundigen, besonders dann, wenn ich ihn dazu überreden will, jede Menge Geld für mich bei PCWorld zu lassen.
Er verzieht das Gesicht und tippt mit dem Zeigefinger gegen den Daumen. »Ach. Ich … na ja … wir haben uns gestritten. Richtig fies. Sie hat zugegeben, dass sie in meinen Sachen gewühlt hat, in den Unterlagen und den Fotos und dem ganzen Zeug. Dazu hatte sie kein Recht.«
»Oh«, sage ich. »Stimmt. Das ist … ja schade …« Hammer! Hätte ich nicht diese Polizeisache an der Hacke, wäre ich jetzt beinahe glücklich.
»Ich habe Tess wirklich gebraucht, weil sie so stark ist … sie hat mich aufrechterhalten. Aber jetzt ist das nicht mehr nötig«, sagt er.
»Aha. Hmm. Na denn.« Er sieht ein bisschen traurig aus. Verloren. Besorgt.
»Ich finde es gut, dass du Alyssas Taufpate wirst«, sage ich, um ihn aufzumuntern.
»Ehrlich?«
»Ja, du kannst immer coole Fotos von ihr machen. Sie mit berühmten Leuten bekannt machen. Ihr Sachen kaufen. Laptops zum Beispiel.« Er scheint den Wink nicht zu verstehen.
»Vermutlich«, sagt er. »Ich fühle mich ihr gegenüber schuldig. Weil sie ihren Vater verloren hat, habe ich wieder Kontakt zu euch bekommen. Wäre Alistair nicht gestorben, wäre der Junge … Rio … nicht gestorben, dann wäre das alles nicht passiert. Wir würden uns immer nochnicht kennen. Sie haben dafür bezahlt, dass wir wieder zueinanderkommen.«
Schon komisch, sich über so etwas mit jemandem zu unterhalten, der eigentlich älter und klüger als man selbst sein sollte. Er ist überhaupt nicht wie ein Vater, es kommt mir vor, als würde ich mich mit Archie oder Brian unterhalten, nur dass er ein bisschen erfahrener ist und dass er ein cooles Motorrad und einen BMW hat und dass er Cheryl Cole kennt.
»Sie haben nicht dafür bezahlt«, sage ich ernst. »Wir können die Zeit nicht zurückspulen, und wir wissen nicht, wie sich alles sonst entwickelt hätte. Vielleicht wäre Alistair vom Bus überfahren worden. Vielleicht hätte mir Louise verraten, wie ich mich mit dir in Verbindung setzen kann. Das kann niemand wissen.«
»Alles hängt irgendwie zusammen«, meint er. »Ursache und Wirkung.«
»Stimmt nicht«, widerspreche ich ihm. »Wir müssen uns nicht deshalb schuldig fühlen, weil sich die Dinge für uns zum Guten gewendet haben. Es hängt nicht
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