Die letzte Chance - Final Jeopardy
waren, und Ackerland weiter im Westen sowie meilenweit die herrlichsten
Strände, die du dir nur vorstellen kannst und die sich von einer Spitze der Insel zur anderen erstrecken.
Und der andere Grund ist die Art und Weise, wie jedes dieser Städtchen aufgrund des jeweiligen Lebensstils und als Ergebnis der geographischen Vielfalt entstanden ist. Edgartown am östlichen Ende von Vineyard ist ein typisch neuenglischer Ort, mit Reihen eleganter weißer Häuser, Kirchen und Läden, ganz im Federal-Stil gehalten, mit akkuraten Zäunen und phantastischen Gärten, deren Blumenpracht sich im Sommer über die mit Ziegelsteinen gepflasterten Gehsteige ergießt. Die großen alten Häuser stammen noch von den Walfangkapitänen, die sie im frühen 19. Jahrhundert erbaut haben, als die Insel ein Zentrum der Walfangindustrie war.«
Dann beschrieb ich die anderen Orte. Oak Bluffs hat eine völlig andere Architektur und Anmutung. Große viktorianische Villen säumen die Uferstraße, dahinter liegt der Dorfplatz, der um das riesige schmiedeeiserne Bethaus herum entstanden war, das Ende des 18. Jahrhunderts von John Wesleys evangelischer Sekte errichtet worden war. Im Winter sind in Oak Bluffs viele der Handwerker unter sich, die ständig auf der Insel leben, während die Hauptstraße im Sommer einem Rummelplatz gleicht. Hier verbringen auch schwarze Akademiker aus dem gesamten Nordosten - New York, Cambridge, Chicago, Washington - den Sommer, Frauen und Männer, die seit Generationen Ferien auf Vineyard gemacht haben.
Vineyard Haven ist das Handelszentrum der Insel und die Hauptanlegestelle der Fähre, und beides zusammen macht dieses Städtchen zum Hauptanziehungspunkt der Tagestouristen und zur Heimat von fast einem Drittel der Inselbewohner. Sobald man diese drei Kleinstädte hinter sich läßt, gelangt man zur spektakulären Szenerie der mittleren und westlichen Teile von Vineyard, wo das Land mit aller Entschiedenheit vor jeglicher Erschließung bewahrt wird. West Tisbury ist immer schon das landwirtschaftliche Zentrum gewesen; es umfaßt bewirtschaftetes Farmland, große Wälder, ein Naturschutzgebiet und phantastische Privatgrundstücke auf Felszungen, von denen der Blick über den Vineyard Sound bis hin zu den Elizabeth Islands schweift. Die Handelsaktivitäten beschränken sich hier auf einen
Gemischtwarenladen und ein paar bäuerliche Verkaufsstände, ganz anders also als in den geschäftigen Städtchen von »Down-Island«.
»Und damit sind wir beim Paradies angelangt«, fuhr ich fort.
»Chilmark.« Dies war der Ort auf Erden, wo ich meinen größten Frieden fand, der Ort, der für mich mehr Schönheit besaß als jeder andere Ort auf der Welt, an dem ich je gewesen war. Seine Hügelketten und seine ländliche Umgebung erinnern sehr an die englische Landschaft. Verstreut stehen darin mit grauem Schiefer gedeckte Farmhäuser, einfach und funktional in ihrer Schönheit; und um die Häuser und Felder voller Schafe und Pferde ziehen sich meilenweit alte Steinmauern, die von den frühen Siedlern und Farmern errichtet wurden, um die Grenzen ihres Besitzes zu markieren. Am meisten liebe ich diese Mauern im Winter und zu Beginn des Frühjahrs, wenn die so unterschiedlichen Steine sichtbar sind, bevor Heckenrosen sie überwuchern und in Grün, Rosa und Scharlachrot einhüllen.
Und am meisten liebe ich an Chilmark, daß man überall, wo man sich inmitten dieser herrlichen Landschaft befindet, nie sehr weit weg ist vom Anblick und vom Rauschen des Meeres. Ich liebe die sich meilenweit erstreckenden weißen Sandstrände am Südufer, die Felsstrände im Süden und Norden, die riesigen Teiche mit Muscheln und Austern, die man ausgraben und zum Abendessen mit heimnehmen kann. Nach jeder Kurve bietet sich von den Hügeln ein neuer Ausblick auf die Meeresströmungen und Wellen, die einen überall hintragen können, wo man sein möchte - in einer realen oder imaginären Welt.
Jenseits davon liegt Gay Head, an der äußersten Westspitze der Insel. Das Land hier ist viel flacher als in Chilmark und an den Küstenlinien von Dünen gesäumt. Aber am äußersten Punkt steigt es an zu einer spektakulären Landmarke: aufregenden Klippen aus vielfarbigem Lehm, die dort zur See hin abfallen, wo sich der Vineyard Sound und der Atlantische Ozean begegnen.
Als der Anflug auf Boston begann, hatte Mike einen Schnelldurchgang in der Geschichte und eine Beschreibung der Insel absolviert. Am meisten faszinierte ihn der Umstand, daß nur
zwei der
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