Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
Schultern. Nachdem er die Riemen so lose wie möglich eingestellt hatte, hängte er ihn sich über seinen eigenen. Die Last senkte sich schwer auf seinen Rücken. Als Nächstes zog er Jenna hoch und half ihr, auf ihrem gesunden Bein zu balancieren.
»Belaste es nicht. Hier, halt dich unter dem Rucksack fest, um meine Taille. Wir müssen los.«
Sie versuchte zu protestieren, doch er weigerte sich, es zu hören, sperrte sie buchstäblich aus. Er spürte ihre Wut wie den Widerschein einstiger Gefühle, aber das Geheul weiterer Dämonenhunde, die irgendwo nicht weit entfernt waren und näher kamen, löste einen Überlebensinstinkt aus, den sie nicht verleugnen konnte. Sie stapften halb rennend durch den Wald, schneller, als Jenna es allein gekonnt hätte. Mason hielt sie aufrecht. Er schleifte sie mit. Und als sie aufschrie, weil ihre Kraft aufgezehrt war, schwang er sie sich auf die Arme und trug sie.
»Du darfst«, flüsterte sie, die Lippen an seinem Hals, »dich nicht selbst verletzen.«
»Schnauze, Barclay!«
Seine Brust war ein Vulkan, dessen Gipfel abgesprengt war – brennende Lunge, wild schlagendes Herz und das verquere Wissen, dass er das hier hatte geschehen lassen. Ihre Gedanken an Sonnenschein und Heimat und ihren gemeinsamen Spaziergang hatten sich mit seinen verflochten und ihn dazu gebracht, sich darauf zu freuen, den abartigen, isolierten, gottverlassenen Winter in ihren Armen zu verbringen. Sie wären endlich zusammen gewesen. Aber jetzt …
»Hör schon auf damit, Mason.«
»Ich denke, was ich will.«
Da schlüpfte sie in seinen Kopf, eine Einbrecherin, der er nichts entgegensetzen konnte, nicht, wenn jeder Gedanke ihr galt. Nicht, wenn sein Körper die stumpfsinnige Wanderung fortsetzte.
Du bist nicht schuld.
Ich hätte vorbereitet sein müssen.
Das konntest du nicht.
Hätte ich aber …
Sie knurrte und trat um sich, sodass sein Griff sich löste. Er konnte das Gleichgewicht nicht halten, und sie fielen hin.
»Verdammt, Jenna!«
Er rechnete mit einem Streit, aber sie sah ihn nicht an. Stattdessen riss sie wirkungsvoll die untere Hälfte ihres zerfetzten Hosenbeins ab und schlang sie als behelfsmäßigen Notverband um ihren Oberschenkel. Er erkannte Mitch in ihren Bewegungen wieder, obwohl ihre Finger unkontrollierbar zitterten. Er konnte nur zusehen.
»Du bist nicht schuld«, sagte sie noch einmal, diesmal laut.
»Können wir es lassen, darüber zu reden?« Er streifte sich die Rucksäcke ab, hielt die AR-15 aber weiter quer auf dem Schoß. »Ich will keine Absolution von dir.«
»Du hast keine Wahl.«
Mason sprang auf und schmetterte die Faust an den nächsten Baumstamm. Die Rinde zerfetzte seine Haut zu rauen, wunden Stücken. Er schlug wieder und wieder zu, bis Jenna seinen Namen schrie.
»John! Hör bitte auf!«
Er drehte sich um und sackte gegen den Baum. Blut tropfte von seinen Fingerknöcheln in den Schnee zu seinen Füßen. »Ich kann nicht …« Er schluckte schwer. »Ich kann dich nicht verlieren.«
Ihre Haut glänzte im gespenstischen Tageslicht des Waldes bleich, umhüllt von den unregelmäßigen Schatten der immergrünen Bäume und kahlen Zweige. »Das wirst du aber.«
»Jenna.«
»Das weißt du besser als irgendjemand sonst. Du hast es gesehen.«
»Nein, diesmal nicht.« Er stieß sich vom Baum ab, ging auf der kleinen Lichtung, auf der sie gestürzt waren, hin und her und lauschte mit offenen Sinnen jedem Geräusch, während seine Gedanken rasten und grübelnd miteinander rangen. »Wir bringen dich zurück. Vielleicht kann Welsh irgendetwas tun. Und Ange war doch Krankenschwester, oder? Sie bekommen dich schon wieder hin. Dann bist du …«
So gut wie neu.
Aber er konnte es nicht aussprechen. Sogar jetzt konnte er nicht lügen.
»Ich komme nicht mit zurück«, flüsterte sie.
»Sei nicht dumm.«
Sie schüttelte den Kopf und ließ sich auf die Ellenbogen zurücksinken. »Im besten Fall ende ich wie Edna oder die Leute in der Stadt, als halbtierisches Ding. Aber was, wenn ich zu so etwas wie einem dieser Monster werde, hm? Ich komme nicht mit zurück, weil ich die anderen nicht in Gefahr bringen werde – unter keinen Umständen. Ich werde dich nicht in Gefahr bringen.«
Mason kniete sich vor sie. »Weißt du, wer diese Bestien waren? Sträflinge und Mörder.«
»Woher weißt du das?«
»Ich kämpfe schon seit Langem gegen sie.« Er ließ sich im Schneidersitz auf den Boden fallen und versuchte zu vergessen, wie sie ihn gestreichelt und geküsst hatte,
Weitere Kostenlose Bücher