Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
– eine Zurschaustellung der Seemannskunst, die jedem Offizier gefallen würde. Die Segel blähten sich, das Schiff reagierte, schwankte ein wenig leewärts und nahm schließlich Fahrt auf.
    »Mr Wickham, können Sie unsere Beiboote sehen?«
    Der junge Mann zögerte einen Moment lang, suchte das Wasser in nordöstlicher Richtung ab und zeigte dann in die Dunkelheit. »Dort! Nicht zu weit von uns entfernt, Sir, sie pullen, als wäre die ganze französische Marine hinter ihnen her.«
    »Leutnant Saint-Denis!«, rief Hayden und entdeckte den Ersten Offizier beim Galionsschott, wo er in der Hocke darauf achtete, dass sich das Ankertau nicht an der Klüse verhedderte.
    »Sir«, erwiderte Saint-Denis energisch, doch dann stolperte er leicht beim Aufstehen, noch immer geschwächt von der Krankheit.
    »Sobald die Matrosen von den Rahen kommen, machen wir alles klar zum Gefecht. Die Brigg wird eine Breitseite abfeuern, wenn wir längsseits kommen. Dann möchte ich das Feuer erwidern können.«
    Hayden schaute hinauf zum Himmel, der zum ersten Mal seit drei Tagen wolkenlos war.
    »Verdammtes Mondlicht«, schimpfte er, »das wird uns noch zum Verhängnis.« Er warf einen kritischen Blick auf die französischen Geschützstellungen im Hafen. Jeden Moment könnte die Themis von beiden Seiten der Hafeneinfahrt unter feindliches Feuer geraten. Wenn der Wind in diesem kritischen Moment abflaute – wie es schon mehrfach in der Nacht geschehen war –, wären sie den Geschützen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    »Das französische Beiboot losmachen, Mr Gould«, befahl Hayden dem jungen Midshipman.
    Bevor die Themis ihre Geschütze ausrennen konnte, feuerte die Brigg eine kleine Breitseite mit ihren Sechspfündern und zielte ins Rigg, in der Hoffnung, die Fregatte am Vorwärtskommen zu hindern. Musketenbeschuss setzte ein, das Ziel war das Quarterdeck.
    »Mr Hawthorne!«, rief Hayden, als er sah, dass der Leutnant einige Seesoldaten in die Marsplattform schicken wollte. »Halten Sie Ihre Männer noch an Deck. Die Brigg will unsere Spiere wegschießen.« Hayden hatte schon genug Seesoldaten in der Mars verloren. Er konnte sich keinen weiteren Verlust mehr leisten.
    Hawthorne wirkte enttäuscht. »Aye, Sir. Sollen wir das Feuer vom Deck aus erwidern, Kapitän?«
    Eine weitere Salve wurde genau in dem Moment auf der Brigg abgegeben, als sich die Stückpforten auf der Themis öffneten.
    »Ja, tun Sie das, Mr Hawthorne.«
    Die Themis feuerte ihre Breitseite ab und zertrümmerte die Brigg gnadenlos, denn sie lag keine drei Schiffslängen entfernt. Keine feindlichen Kanonen antworteten.
    Inzwischen hatten die Beiboote die Themis eingeholt, und die Männer kamen keuchend über die Reling und sanken auf das Deck, zu erschöpft, um sich noch auf den Beinen halten zu können. Selbst Archer war ausgelaugt, da auch er sich mit den anderen in die Riemen gelegt hatte.
    »Die Boote nicht einholen«, befahl Hayden dem Bootsmann. »Lasst sie treiben. Nichts soll uns an unserem Vorankommen hindern.«
    Kanonendonner hallte von der Batterie der östlichen Landspitze herüber, und eine Kugel klatschte nicht weit von der Themis entfernt ins Wasser.
    Inzwischen hatten sie Fahrt aufgenommen, doch der Wind wurde schwächer, die Segel waren indes noch voll. Hayden orientierte sich am Land und sah, dass sie in Bewegung waren – wenn auch langsam. Wenn der Wind ihnen noch eine halbe Stunde gewogen war, dann würden sie entkommen. Wenn ...
    Jetzt segelten sie nahe an der Brigg und würden jeden Augenblick vorbei sein. Musketen feuerten erneut vom Quarterdeck, die Kugeln prallten von Karronaden ab und pflügten mit einem teuflischen Zischen durch die Luft.
    Gould, der zwei Schritte von Hayden entfernt stand, schaute sich verzweifelt um. Hayden befürchtete, der Junge könnte die Nerven verlieren. Da legte Saint-Denis ihm eine beruhigende Hand auf die Schulter – eine ungewöhnliche Geste des Trostes –, trat einen Schritt vor und stellte sich schützend vor den Midshipman. Kaum hatte Saint-Denis seine Position verändert, als er wie durch einen Schlag zurücktaumelte, ein Ausdruck von grenzenloser Verwirrung auf seinem Gesicht. Er stürzte gegen Gould, der ihn zu stützen versuchte, ihn aber nicht festhalten konnte, sodass er auf dem Boden aufschlug.
    Sofort beugte sich Gould über den am Boden liegenden Saint-Denis, der unaufhörlich blinzelte, als sei sein Blickfeld mit einem Mal ganz verschwommen. Plötzlich griff er nach Goulds Arm und stotterte etwas,

Weitere Kostenlose Bücher