Die letzte Eskorte: Roman
das im Donnern der Geschütze unterging. Als er dann hustete, lief ihm Blut aus dem Mundwinkel.
»Kapitän Hayden!«, schrie Gould. »Da stimmt was nicht mit dem Leutnant!«
Wickham eilte nun zu dem gefallenen Offizier und zuckte zusammen, als er den roten Fleck auf Saint-Denis’ weißer Weste sah, der sich rasch ausbreitete. »Bringt den Leutnant hinunter zu Dr. Griffiths«, trug Wickham drei Männern auf, die nun vortraten und den Verwundeten hochhoben. »Du da, halte seinen Kopf, ja, gut so. Vorsichtig jetzt.«
Während die Musketen unablässig feuerten, schauten die Offiziere den Männern nach, die Saint-Denis zum Niedergang brachten. Die Arme hingen schlaff herunter, die Hand schleifte über die Planken.
»Mein Gott, Sir«, stammelte Gould, ohne einen der Offiziere direkt anzusprechen, »der Leutnant hat eben erst die Influenza überstanden und wurde nun von einer Kugel getroffen. Wird er sterben?«
Ehe jemand antworten konnte, feuerte die Themis eine zweite Breitseite ab. Rauchwolken quollen in die Höhe und waberten über die Reling. Das Musketenfeuer auf der Brigg erstarb. Von verschiedenen Stellungen an der Küste blitzten nun die Mündungen der Kanonen auf, Geschosse pfiffen durch die Luft.
»Mr Archer, wir richten unsere Geschütze auf die Küstenbatterie aus, sobald wir wieder feuern können. Vielleicht können wir dadurch verhindern, dass uns eine Kugel findet.«
»Aye, Sir.«
Als sie den Großen Turm passierten, ließ der Wind nach, der sie bislang vorangebracht hatte. Das Segeltuch hing schlaff wie Pelze herunter, doch das Schiff hatte noch Fahrt und durchschnitt die Wellen einer vom Sternenlicht übersäten See.
»Zur Hölle mit diesem Wind!«, fluchte Barthe. »Bald sitzen wir fest, und die schießen uns in Stücke!«
Hayden bereute jetzt, die Boote zurückgelassen zu haben. »Mr Franks«, rief er, »die Barkasse abfieren! Wir pullen so weit, bis wir außer Reichweite der Batterien sind, wenn es sein muss.«
»Aye, Sir«, antwortete Franks. »Die Barkasse klarmachen!«
Aufgescheucht von dem Kanonen- und Musketenfeuer von allen Seiten, machten die Männer sich schnell an die Arbeit. Die Barkasse hing in Rekordzeit schwingend in der Luft, zwei Mann machten die Ausrüstung bereit. Hayden spürte, wie das Schiff vom Kurs abkam.
Der Wind seufzte, fuhr noch einmal in die Bramsegel und erstarb dann ganz.
Barthe wandte sich Hayden zu. »Jetzt sitzen wir fest, Kapitän«, sagte er ernüchtert.
Hayden ging darauf nicht ein, sondern sprach Archer an. »Alle Lichter löschen. Hoffen wir, dass sich eine Wolke vor den Mond schiebt.«
Aber die wenigen Wolken am Himmel schienen kein Interesse daran zu haben, den Mond zu verdecken, und scherten sich gewiss nicht um eine britische Fregatte, die vor dem Hafen in Toulon in eine Flaute geraten war.
Das Kreischen der Kanonen zerriss die Nacht, Sekunden später klatschten die Kugeln gefährlich nah ins Meer. Gerade als Franks den Befehl gab, die Barkasse zu Wasser zu lassen, traf eine Kugel das Boot mittschiffs und zerfetzte die Steuerbordseite. Ein Hagel aus Splittern und Holzstücken regnete auf die Männer herab.
In die nachfolgende Stille rief Franks schließlich hinein: »Childers? Price?« Der Bootsmann schaute hinauf zu dem zerborstenen Rumpf. Childers tauchte auf und taumelte in dem schwingenden Boot. Er stolperte zwei Schritte zurück und warf sich dann Halt suchend an den Flaschenzug, als befürchtete er, das Boot würde jeden Moment aufs Deck stürzen. Der andere Mann, noch verängstigter als Childers, kletterte über die Bordwand, packte sich ein Fall und hangelte sich an Deck.
»Wir fieren diese Ruine von einem Boot an Deck ab, Mr Franks«, rief Hayden, »hinab mit der kleinen Barkasse – aber vorsichtig! Und holen Sie den kleinen Schleppanker aus dem Laderaum, Mr Madison.«
Die größere Barkasse schlug mit dumpfem Knall auf dem Deck auf, sodass der Flaschenzug schnell das kleinere Boot heben konnte, das eilig hochgezogen wurde.
»Wenn es den verdammten Franzmännern nicht gelingt, auch das zu treffen ...«, grummelte Barthe und schaute kritisch hinauf zu dem Boot an den Rahtaljen.
Einen Moment lang hielt wohl jeder den Atem an, als das Beiboot ausgeschwungen wurde und über den quietschenden Block in die ruhige See gelassen wurde. Als Nächstes kam der Warpanker, dann die Schlepptrosse, ehe die Bootsgasten einstiegen. Archer und der immer noch am ganzen Leib zitternde Childers kletterten auf die Heckducht.
Augenblicklich stieß das
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