Die letzte Eskorte: Roman
man dadurch den Bug des Schiffes herumbringen.
»Bei diesem Wind wird sie nicht wenden, Sir«, wisperte Barthe.
»Focksegel backbrassen, während sie luvwärts giert, Mr Barthe«, befahl Hayden, doch da ließ der Wind ganz nach.
Ehe der Master Haydens Order wiederholen konnte, erschauerte das Schiff einmal, trieb ein wenig nach steuerbord und verlor an Fahrt.
Ein übler Fluch kam über die Lippen des Masters. »Auf meiner Karte ist keine Untiefe eingezeichnet, verdammt.«
»Lassen Sie die Männer sofort aufentern«, rief Hayden. »Rahsegel aufgeien und beschlagen. Wir können nicht stark auf Grund gelaufen sein. Mr Franks! Zwei Beiboote abfieren. Mr Landry, Warpanker und zwei Schlepptrossen für die Boote, wir ziehen das Schiff frei.«
Matrosen liefen hierhin und dorthin, doch Hayden war froh, dass es zu keiner Panik kam. Im Gegenteil, die Männer warteten in stiller Anspannung auf die Befehle und machten sich dann mit klarem Kopf an die Arbeit.
»Ein Boot legt von der Brigg ab, Kapitän.«
»Vielleicht holen sie Hilfe«, rief jemand, um im nächsten Moment von Archer zum Schweigen gebracht zu werden, der nach vorn gekommen war.
»Warpanker und Schlepptrossen bereit, Sir«, berichtete Archer. »Boote sind jeden Augenblick im Wasser.«
Hayden blickte hinauf ins Rigg. Die Segel wurden prompt beschlagen, die Crew war aufgeschreckt durch die missliche Lage – sie waren in einem fremden Hafen auf Grund gelaufen. Ein Wimpel an der Mastspitze begann in diesem Augenblick zu flattern.
»Ein bisschen Wind kommt aus dem Hafen, Sir«, sagte Barthe, der die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hatte.
Hayden trat auf dem Vordeck an die Reling und blickte hinab in das Wasser. »Die Lotleine bis zum Grund auswerfen. Berichten Sie, ob wir über den Achtersteven gehen!«, rief Hayden dem Mann in der Rüste unterhalb der Wanten zu.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
»Wir deinsen, Kapitän!«, rief der Lotgast.
»Kreuzstagsegel setzen, Mr Barthe. Halten Sie die Schoten luvwärts, damit wir vielleicht von der Untiefe freikommen.«
Matrosen betätigten die Fallen, ehe die Befehle dazu gegeben wurden. Segel blitzten oben im schwachen Licht eines dunstverhangenen Mondes auf. Der Wind hielt nur kurz an und wehte Hayden einige Haarsträhnen ins Gesicht.
»Wir dürfen nicht noch einmal auf Grund laufen. Buganker ausbringen, Mr Archer, und dann klären wir unsere Situation.«
»Aye, Sir.«
Die Männer vom Vordeck liefen zu ihren Positionen, um den Anker auszubringen.
»Mr Archer, wir haben keine Zeit für Spielereien. Rüstleine runterlassen. Um die Reparaturen der Beplankung kümmern wir uns ein andermal.«
Die Rüstleine wurde herabgelassen, peitschte um den Ankerschaft und schlug gegen das Holz. Mit kratzendem Geräusch glitt die obere Ankerfluke über die Beplankung, worauf die Männer den Mund verzogen.
»Ringstopper kommen lassen«, befahl Archer, und der Anker fiel mit gewaltigem Klatschen ins Wasser. Das Ankertau zischte durch die Klüse auf dem Batteriedeck, und ein Crewmitglied goss von oben Wasser auf die Trosse, damit sie durch die Reibung nicht Feuer fing. Doch kurz darauf erreichte der Anker bereits den Grund. Hayden ließ das Tau noch ein wenig nachlaufen, ehe er den Befehl zum Festmachen gab.
Der Lotgast ermittelte am Bug die Tiefe mit der Lotleine.
»Fünfeinhalb Faden, Mr Archer«, rief er.
Gemurmel allgemeiner Erleichterung lief über das Deck, aber die Bewegungen des Schiffes gefielen Hayden noch nicht.
»Am Heck loten«, rief Hayden dem Lotgast zu, der seine Leine rasch einholte und zum Heck trottete. Das Senkblei pendelte in seiner rechten Hand.
»Sir«, rief Gould und bahnte sich seinen Weg auf dem Laufsteg vom Quarterdeck. »Das Ruder spricht nicht mehr an. Es klemmt, Sir.«
Barthe fluchte.
»Wir sind achtern auf Grund gelaufen, da bin ich mir sicher, Mr Archer«, sagte Hayden und trat dann an die Steuerbordreling, um sich zu vergewissern, dass Warpanker und Schlepptrossen in den Booten waren.
»Mr Archer, Sie gehen mit ins Boot. Setzen Sie den Anker dort«, Hayden deutete nach Nordwest, »damit wir von dieser Untiefe freikommen. Loten Sie weiter, dann wissen Sie, wie viel Tau lose gegeben werden muss. Der Anker muss halten, Mr Archer. Fünfmal unser Tiefgang, sieben wäre besser.«
»Aye, Sir«, erwiderte der Leutnant und kletterte gefährlich schnell an der Bordwand hinab.
»Boote ablegen!« Die Beiboote verschwanden in der Dunkelheit. Zur selben Zeit tauchte noch ein Boot
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