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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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ohne Sie gestorben wären, meine Herren«, fügte er hinzu und nickte in Goulds und Ariss’ Richtung. Er erhob sein Glas. »Auf Ihren unermüdlichen Einsatz.«
    Nach dem Toast befiel die Versammlung ein merkwürdiges Schweigen, und Hayden war der Ansicht, dass er in dieser Runde nicht mehr mit den Männern zusammenkommen würde, da er schon in einem oder zwei Tagen seines Kommandos enthoben würde. Wahrscheinlich wartete bereits ein Schiff auf ihn, um ihn zurück nach England zu bringen.
    Lord Hood hatte erstaunliche Ähnlichkeit mit George Washington, den Hayden nur von Kupferstichen kannte. Dieselbe Nase, dasselbe verlängerte Kinn. Die hohe Stirn, freundliche, kluge Augen. Doch Hayden würde sich von diesen Augen nicht in die Irre leiten lassen.
    Lord Hood hatte den Oberbefehl über die Mittelmeerflotte Seiner Majestät, und diese Stellung hatte er nicht durch Akte der Wohltätigkeit oder Güte erhalten.
    Der Lord Admiral saß auf einem großen, fast thronähnlichen Stuhl, ohne Mantel, die Seidenweste so weiß wie die Schaumkronen der See an einem Sommertag. Das längliche, beinahe von Schwermut gezeichnete Gesicht war braun gebrannt wie bei einem Landarbeiter, die großen, ebenfalls sonnengebräunten Hände hoben sich von den weißen Manschetten ab.
    Lord Hood musterte Hayden einen Moment lang stumm, und die Miene des Admirals schien sich zu verdüstern, was Hayden einen gehörigen Schrecken einjagte.
    »Kapitän Hayden«, sagte Hood und sprach mit kräftiger, fast melodiöser Stimme. »Aus Gibraltar erhielt ich mehrere Briefe von Reverend Worthing, einen weiteren von Kapitän Pool, und beide Gentlemen erwähnen Ihren Namen in wenig schmeichelhaften Zusammenhängen. Insbesondere Dr. Worthing scheint sich mit seinem Gift schlecht zurückhalten zu können.«
    Admiral Brown hatte Hayden einmal in einem Gespräch unmissverständlich zu verstehen gegeben, man könne nie sicher sein, wer mit wem in der Navy gut bekannt war, und daher war Vorsicht geboten. »Es tut mir leid, Sir, wenn diese Briefe Anlass zu Verärgerung gaben.«
    Der Admiral ging darauf nicht direkt ein und hob seine dichten Brauen ein wenig. Dann nahm er seine Kaffeetasse von einem Beistelltisch, sah, dass sie leer war, und stellte das feine Porzellan mit säuerlicher Miene wieder auf die Untertasse.
    »Verstehe ich das richtig, dass Sie den Konvoi übernahmen, nachdem Pool vom Geleitschutz getrennt wurde?«
    »Ja, Sir. Kapitän Pool konnte uns offensichtlich nicht finden.«
    »Dann überrascht es mich nicht, dass er so kurz nach Ihnen in Gibraltar eintraf.« Sein Blick bohrte sich in Haydens Augen. »Ich möchte Ihren Bericht hören, Hayden. Sprechen Sie frei. Bescheidenheit kann ich ebenso wenig ausstehen wie Eitelkeit.«
    Hayden war sich nicht sicher, ob er auf einem so schmalen Grat wandern sollte. Zudem konnte er schlecht einschätzen, ob Hood wirklich an der Wahrheit interessiert war. Der kleine unverhohlene Tadel an Pools Verhalten ließ in Hayden jedoch Hoffnung aufkeimen, und daher beschrieb er die Ereignisse rund um den Konvoi in der Biskaya aus seiner Sicht. Allerdings hielt er sich bedeckt, sobald es um Worthing ging. Doch Hood war ein aufmerksamer Zuhörer und stellte immer wieder Zwischenfragen, sodass sich Hayden schlussendlich gezwungen sah, fast jedes Detail zu erzählen – er berichtete von dem französischen Geschwader, der Influenza, dem versehentlichen Rammen des französischen Vierundsiebzigers, dem Verlust der Syren und dem Tod von Cole. Den Bericht beendete er mit der drohenden Gefangennahme in Toulon.
    Hood saß schweigend da, als gehe er die Ereignisse noch einmal gedanklich durch, die Hayden ihm soeben beschrieben hatte.
    »Dr. Worthing schreibt noch, Sie hätten ihn in seiner Kabine unter Arrest gestellt?«
    »Das ist wahr, Lord Hood. Ich entschuldige mich für die Behandlung Ihres Geistlichen.«
    »Er ist nicht mein Geistlicher«, entgegnete Hood entschieden. »Ich bin dem Mann erst dreimal begegnet – im Haus eines Freundes –, aber es ist nun einmal der Fluch des Kommandanten, dass jeder einen Gefallen von einem haben möchte – und sich dann nicht revanchiert. Ein Verwandter von Worthing, ein Chirurg, entband meine Nichte unter schwierigen Umständen von ihrem Kind. Nur dem Arzt ist es zu verdanken, dass Mutter und Kind noch leben. Daraufhin versprach ich Worthing, ihm eine Position auf einem Schiff zu besorgen.« Der Admiral zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen Was hätte ich tun sollen? »Man hat den

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