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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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zurücklassen müssen.
    Ein edel gekleideter Gentleman, gewiss ein Engländer, der aber ein exzellentes Französisch sprach, war von Bittstellern umringt, und Hayden hörte, wie der Mann wieder und wieder beteuerte, die Engländer würden keinen der Flüchtlinge zurücklassen. Hayden hoffte, dass England das Versprechen halten konnte, da sich diese armen Leute gemeinsam mit den Briten gegen die Auswüchse des Nationalkonvents gestellt hatten. Nach dem Verlust von Toulon standen die Flüchtlinge nun ohne Land da.
    Heimatlos wie ich , dachte Hayden. Dieser Gedanke kam ungebeten und löste in Hayden einen Strudel von Gefühlen aus, die ihn bekümmerten.
    Um sich abzulenken, trat Hayden nun an die Reling und betrachtete sein eigenes Schiff. Erst jetzt spürte er die Erleichterung. Hood hatte ihn nicht seines Kommandos entbunden und ihn nicht durch einen anderen Offizier ersetzt, auch wenn Hayden noch immer nicht den Posten eines Vollkapitäns hatte. Dennoch, er musste dankbar sein, auch wenn er immer damit rechnen musste, dass er irgendwann auf Hoods Geheiß hin einem anderen Kommandanten Platz machen müsste.
    Es gehörte nun einmal zu seiner Lebenssituation, dass die Unsicherheit sein ständiger Begleiter war. Sie hing wie ein unschlüssiger Sturm am Horizont, der jederzeit über ihn herfallen und Unheil mitbringen könnte.
    Als Hayden sich anschickte, das Deck zu überqueren, rempelte ihn ein kleines Kind an, das mit dem Kopf zuerst gegen seinen Oberschenkel prallte, auf die Planken stürzte und sich verwirrt umschaute. Hayden kniete sofort neben dem Mädchen.
    »Hast du dich verletzt?«, fragte er auf Französisch.
    Das Mädchen, kaum älter als fünf Jahre, starrte ihn an, als hätte er eine fremde Sprache gesprochen.
    »Hast du dich verkleidet?«, wisperte die Kleine in derselben Sprache.
    »Verkleidet?« Er begriff nicht, was sie meinte.
    »Ich sag’s keinem«, sagte sie, setzte sich aufrecht hin und flüsterte noch leiser als zuvor. »Ich bin Prinzessin Marie und auf der Flucht vor den Jakobinern. Wirst du mir helfen?«
    »Ja, meine Prinzessin«, erwiderte Hayden, »ich bin der Graf de la Cœur, und man schickte mich, um Euch zu suchen.«
    »Ich wusste, dass du kommen würdest«, wisperte sie leidenschaftlich. »Fahren wir mit dem Schiff?« Sie sprang auf und sah Hayden fest in die Augen.
    »Ja, mit einem englischen Schiff, der Victory , ich habe alles vorbereitet. Der Admiral ist einer von uns.«
    »Deshalb bist du wie ein englischer Offizier gekleidet. Sehr schlau von dir, Monsieur le Comte. Wenn ich eines Tages wieder auf dem Thron sitze, werde ich dich für deinen Mut und deine Treue belohnen.«
    Hayden stand ebenfalls auf, nahm den Hut schwungvoll ab und vollführte eine grazile Verbeugung. »Ich fühle mich durch Eure Großzügigkeit geehrt, meine Prinzessin. Gewiss hat der Admiral eine Kabine für Euch reserviert und wird heute Abend mit Euch zu Abend speisen. Aber nun muss ich fort. So viele brauchen noch meine Hilfe.«
    »Ja. Rette so viele meiner Untertanen wie möglich. Mein Volk hat schrecklich gelitten unter den Jakobinern.« Mit diesen Worten schaute sie sich keck um und eilte zurück zu den anderen Kindern.
    Hayden merkte, dass ihn zwei Frauen beobachtet hatten und jetzt lächelten. Gewiss hatten sie dieses kleine Theaterspiel genossen, doch das vermochte das Leid auf den schönen Gesichtern der Damen nicht zu lindern.
    »Sie sprechen ausgezeichnet Französisch, Monsieur«, sprach die ältere der beiden Damen ihn auf Englisch mit starkem Akzent an. Beide Frauen sahen so betörend gut aus, dass Hayden einen Moment lang nicht wusste, was er sagen sollte. Zweifellos waren die beiden Mutter und Tochter – dafür ähnelten die Züge der jüngeren Dame zu sehr denen der älteren –, obwohl Hayden die Ältere für nicht viel älter als dreißig schätzte. Das verwirrte ihn, da die angebliche Tochter selbst zu einer jungen Dame erblüht war – und womöglich Anfang zwanzig war.
    »Haben Sie Dank, Madame«, erwiderte Hayden und verbeugte sich galant. »Meine Mutter ist Französin.« Er fand die junge Dame so wunderschön, dass er es vorzog, sie nicht direkt anzusehen.
    »Verzeihen Sie, Monsieur, aber aus welcher Gegend stammt Ihre Mutter?«
    »Paris und Bordeaux.«
    »Wir kommen aus Toulon«, ließ die Frau ihn wissen, »aber das dürfte Ihnen ja bekannt sein.«
    »In der Tat. Es tut mir aufrichtig leid, dass so viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.« Hayden überkam ein quälendes

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