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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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inspizierte seine eigenen kleinen Wunden.
    »Offenbar wissen sie, welche Büsche Dornen haben. Schauen Sie sich das an ...« Moore hielt die Hand hoch. »Ein Bajonett könnte einem so eine Wunde nicht beibringen ...«
    Zwanzig Fuß entfernt nahmen die Korsen die Wertgegenstände eines toten Franzosen an sich – auch die Uniform. Da die meisten der Inselbewohner nur Flinten besaßen, stellte eine Muskete eine Trophäe dar, auf die nun leider mehrere Männer zugleich Anspruch erhoben. Di Borgo sah sich gezwungen, einzuschreiten und die Waffe zu konfiszieren, bis über den endgültigen Verbleib entschieden werden konnte, denn schließlich behaupteten mehrere Milizmänner, den tödlichen Schuss abgegeben zu haben.
    Kaum hatte dieser kleine Disput begonnen, hatten sich die Korsen schon in zwei Parteien aufgeteilt, die jeweils einen der Streithähne unterstützte. Die Diskussion wurde rasch hitzig.
    Als sich die Engländer aufmachten, zu den Maultieren hinabzusteigen, schloss sich ihnen ein frustrierter di Borgo an.
    »Das ist immer so«, sagte er auf Französisch, aber so leise, dass ihn nur die Briten hören konnten. »Auch wenn diese Leute dem General und der Sache der korsischen Unabhängigkeit die Treue geschworen haben, finden sie sich sofort zu Clans zusammen, sobald es Streit gibt. Dann brechen alte Feindschaften und Zwistigkeiten auf, die drei Generationen zurückreichen, als wären sie erst gestern entstanden. In diesen Augenblicken schäme ich mich für mein Volk. Sie benehmen sich wie Kinder.«
    In seiner Wut und Verzweiflung ging di Borgo nun voraus und ließ die Engländer hinter sich.
    Hayden schaute sich um und sah, dass sich die Milizmänner tatsächlich in zwei Fraktionen aufgeteilt hatten und nicht mehr locker in kleineren Gruppen zurück zu den Reittieren stiegen. Viele Männer schimpften vor sich hin und bedachten die Vertreter der anderen Gruppierung mit bösen Blicken. Hayden wurde das Gefühl nicht los, dass di Borgo den Streit nicht hätte schlichten können, wenn er nicht so eng mit Paoli befreundet gewesen wäre. Es hätte zu Blutvergießen kommen können – und der Anlass war nur eine Muskete gewesen! Wie sollte es den Briten je mit diesen Verbündeten gelingen, die Franzosen zu vertreiben?
    Der Teufel hole die Clans und ihren Starrsinn, dachte Hayden.
    Die Franzosen bewegten sich wie emsige Insekten, die ein Nest in den grau-braunen Boden gruben. Ungefähr achthundert Yards entfernt, auf einer Höhe von siebenhundert Fuß, spähten die britischen Offiziere – Land- und Seestreitkräfte gleichermaßen – durch ihre Fernrohre und beobachteten den Feind bei den Bodenaushebungen.
    »Sie nennen dies die Konventsschanze«, erklärte di Borgo ihnen.
    Oberst Moore verfolgte das Geschehen durch sein Glas. »Wenn man bedenkt, dass die Franzosen all denen den Kopf abhacken, die sich nicht mit Eifer der Revolution verschreiben, hätten sie kaum einen besseren Namen finden können«, meinte er und ließ sich Zeit mit dem Fernrohr. »Das muss dann die Fornali-Bucht sein, dort rechts, richtig?«
    »Genau«, stimmte di Borgo zu. »Eine weitere Batterie liegt dort hinter den Bäumen.« Er deutete auf die Anhöhe oberhalb der kleinen Bucht.
    Die Fornali-Bucht bildete ein ungleichförmiges, gedrungenes Dreieck, das sich zwischen zwei Hügeln ins Landesinnere erstreckte – ein Wasserarm, der in die weitaus größere Bucht führte. An der nördlichen Küste ankerten zwei Fregatten, beide gut geschützt durch die Kanonen der Festung. Auf dem Hügel zur Rechten der Bucht, also südlich, erhob sich ein einzelner Turm, in dem nur ein Geschütz zu erkennen war. Darunter, weiter nach links, gerade durch einige Bäume hindurch zu erkennen, hatte man eine Batterie auf einer kargen Erhöhung stationiert. Links von der kleinen Bucht waren die Franzosen eifrig damit beschäftigt, die Schanze auszuheben, als befürchteten sie einen unmittelbar bevorstehenden Angriff.
    All diese Stellungen waren so beschaffen, um den Feind von der See zu vertreiben, und daher offen von hinten – ein Umstand, der den englischen Offizieren, die sich die Anlagen in Ruhe ansehen konnten, nicht entgangen war. Die Franzosen, so erkannte Hayden, waren überzeugt davon, dass man keine Kanonen auf die Anhöhen hinter den Befestigungen würde schaffen können.
    Jenseits der größeren Bucht, vielleicht in einer Entfernung von anderthalb Meilen, konnte man die grauen Gebäude der Stadt San Fiorenzo erkennen, des Weiteren die alte steinerne Festung,

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