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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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setzten. Hayden hatte fast ein bisschen Mitleid mit dem alten Korsen, der die Hoffnungen und Sehnsüchte seiner Landsleute als Last auf seinen alternden Schultern trug.
    Vielleicht hatte Sir Gilbert die wachsende Ungeduld seiner jüngeren Begleiter gespürt, denn sobald er mit ihnen allein war, schlug er einen anderen Plan vor.
    »Ich halte es für das Beste«, sagte er ihnen, »wenn ich mich heute unter vier Augen mit General Paoli unterhalte. Ich habe die Erlaubnis erhalten, dass Sie, Oberst, Major Kochler und Kapitän Hayden das Gebiet um San Fiorenzo erkunden dürfen, wo die Franzosen mehrere Stellungen halten. Einer der Vertrauten des Generals wird Sie begleiten.«
    »Darf ich nicht mitkommen?«, fragte Wickham mit Enttäuschung in der Stimme.
    »Sie, Lord Arthur, werden heute auf die Jagd gehen. So hat es der General arrangiert.«
    »Auf die Jagd!«, rief Wickham erschrocken.
    »Exakt«, meinte Sir Gilbert und fügte leise hinzu. »Aber lassen Sie sich in Gegenwart der Korsen nichts anmerken. Der General erweist Ihnen eine große Gunst, und das bedeutet alles für seine Leute.«
    »Ich will ja gar nicht undankbar sein«, antwortete Wickham und fühlte sich gescholten, »ich hatte bloß gehofft, ich könnte den anderen Offizieren nach besten Kräften helfen.«
    »Heute können Sie ihnen helfen, indem Sie auf die Jagd gehen. Und mir können Sie später helfen, wenn Sie zum Abendessen zurückkommen und dem General von Ihrem Tag berichten. Sie müssen wissen, dass er glaubt, Sie werden eines Tages ein großer Admiral sein.«
    Die Engländer hielten sich nicht mit langen Vorbereitungen auf, sondern packten rasch die Dinge zusammen, die sie benötigen würden, ehe sie sich unten im Hof einfanden. Dort trafen sie den jungen Mann, den Paoli zu ihrem Führer und Dolmetscher ernannt hatte, Pozzo di Borgo.
    Di Borgo war zu Beginn der Revolution zum Abgeordneten der Nationalversammlung in Paris ernannt worden, um dort sein Volk zu vertreten. Daher konnte er viel von seinen Erlebnissen in der Stadt berichten – es war überhaupt das erste Mal gewesen, dass er die Insel verlassen hatte.
    Als sie auf Maultieren losritten, erzählte di Borgo ihnen von den Vorfällen, die letzten Endes dazu geführt hatten, dass der General mit dem republikanischen Frankreich gebrochen hatte.
    »Es war ja schon beunruhigend genug, dass die Jakobiner in Paris herrschten, aber der Wohlfahrtsausschuss – das war wieder ein anderer Irrsinn. Was den General aber am meisten erschreckt hat, war, dass Korsen, allen voran Salicetti, gegen ihn konspiriert und ihn vor dem Nationalkonvent verleumdet haben. Salicetti bezichtigte Paoli des Verrats. Daraufhin wurde der General aufs Festland eingeladen, um die Situation auf Korsika zu erörtern , aber er machte sich keine Illusionen über die wahren Absichten des Konvents. Es war klug von ihm, die Einladung der Jakobiner nicht rundheraus abzulehnen. Stattdessen schrieb er, sein Gesundheitszustand lasse eine so lange Reise nicht zu. Die Lage auf unserer Insel wurde immer heikler, da verschiedene Fraktionen um die Vormacht stritten, und jede dieser Gruppen verfolgte ihre eigenen Ziele. Nur für General Paoli stand immer Korsika an erster Stelle. Der Bruch mit dem jakobinischen Frankreich war unumgänglich.«
    Während sie sich in dieser Weise beim Reiten unterhielten, fiel Hayden auf, dass die Eskorte immer die Höhenzüge weiter voraus im Blick hatte. Ständig waren kleine Spähtrupps unterwegs und behielten das Terrain im Auge.
    »Dann kennen Sie den General schon lange?«, erkundigte sich Moore.
    »Nicht so lange, wie es mir lieb wäre. Selbst in seiner Exilzeit war er noch eine Inspiration für unser Volk. Es ist traurig, wenn man sieht, wie kränklich und alt er bei seiner Rückkehr war.« Er schüttelte den Kopf. »Aber jetzt, mit der Hilfe Ihrer Nation, wird er vielleicht noch erleben, dass sein Volk die Freiheit erlangt. Dann könnte er sich aus dem aktiven politischen Leben zurückziehen, und ich weiß, dass er sich das wünscht. Alle Menschen hier wünschen ihm Glück, Zufriedenheit und Ruhe. Niemand hat das mehr verdient als General Paoli.«
    Hayden hatte den Eindruck, dass es di Borgo mit dem Ruhestand des Generals nicht schnell genug ging, auch wenn der Korse respektvoll und mit ehrlicher Anteilnahme von Paoli sprach. Es war nichts Neues, wenn sich die jungen Löwen ungeduldig in den Vordergrund spielten, sobald der alte Löwe Anzeichen von Schwäche erkennen ließ. Paoli war schon so lange der

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