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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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eindrucksvolle Empfehlung. Aber ich kann Ihnen mit absoluter Sicherheit sagen, dass der Geistliche an Bord der Victory das Lazarett nicht besucht. Lord Hood würde es nicht erlauben.«
    »Das kann nicht wahr sein!«
    »Es ist aber, ich möchte fast sagen, Gottes Wahrheit. Sie können jeden Offizier hier an Bord fragen. Es handelt sich um eine Tradition in der Royal Navy, Dr. Worthing, und ich muss Sie bitten, diese Tradition zu respektieren.«
    »Eine ganz und gar törichte Tradition ist das, die im Übrigen auch noch durch Abfall vom Glauben gekennzeichnet ist und mir überhaupt nicht gefällt. Ich hätte große Lust, die Angelegenheit vor den Commodore Pool zu bringen – vorausgesetzt, er ist überhaupt ein Commodore und nicht irgendeine Kreuzung zwischen Master und Leutnant, den ich der Tradition der Navy folgend als Lord Admiral anreden muss.«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass eine solche Handlungsweise Sie bei Kapitän Pool nicht gerade beliebt machen würde. Darüber hinaus würde es Ihre Stellung an Bord dieses Schiffes durchaus nicht verbessern. Ich habe den Auftrag, Sie ins Mittelmeer zu bringen, Dr. Worthing, aber Sie haben an Bord der Themis keine offizielle Funktion. Sie sind hier Gast, und ich erwarte, dass Sie sich entsprechend verhalten. Jetzt aber bin ich dabei, dieses Schiff für den Einsatz vorzubereiten, und muss Sie daher auffordern, sich in Sicherheit zu bringen. Sie entschuldigen mich.«
    Damit wandte sich Hayden von ihm ab. Er hätte mit Worthing nie so gesprochen, wenn dieser ihn nicht derartig beleidigt hätte – und das auch noch auf seinem eigenen Quarterdeck. Hatte dieser Mann denn überhaupt keinen Verstand im Kopf?
    Bald hatte Hayden die Kent eingeholt, und das kleine Schiff begab sich in Haydens bisherige Position im Kielwasser des Konvois. Danach wechselte die Kent ihre Position mit Bradleys Fregatte, sodass sie nun auf der von dem feindlichen Schiff abgewandten Seite des Konvois segelte.
    So ging der Tag hin, und der Wind blies zwischen ein oder zwei Kompass-Strichen hin und her, wobei er abwechselnd etwas auflebte und dann wieder nachließ. Eiskalter und harter Regen prasselte auf das Deck nieder wie Glasperlen. Eine undeutlich ausgeprägte nordwestliche See überlagerte eine lange, von Südwesten kommende Grunddünung und ließ die Themis in einer seltsamen, unnatürlichen Weise schlingern. Seeleute passten sich normalerweise dem Bewegungsrhythmus eines Schiffes an, heute aber hatte die Themis überhaupt keinen Rhythmus. Sie rollte und stampfte und hob und senkte sich auf unberechenbare Weise.
    Hawthorne und Barthe standen an der Heckreling und blickten gebannt auf die Unheil verkündende Fregatte, die auf ihrem entfernten Wachposten verharrte. Seit früh am Morgen hatte sie sich zweimal mehr zum westlichen Horizont bewegt und unsichtbaren Schiffen Signale übermittelt. Dann aber nahm sie ihre Position in etwa zwei Meilen Entfernung wieder ein und segelte parallel zum Kurs der Themis .
    »Ich habe noch nie erlebt, dass eine Grunddünung so lange anhielt, ohne dass schlechtes Wetter folgte«, bemerkte Hawthorne zu dem Master gewandt.
    Barthe trat mit einem etwas unbehaglichen Gefühl von einem Bein auf das andere. »Das stimmt. Und wenn das wirklich einmal vorkommt, ist es gewöhnlich ein Zeichen dafür, dass wirklich sehr ungemütliches kaltes Wetter kommt. Ach, Kapitän«, fuhr er fort, als Hayden sich näherte, »glauben Sie, dass wir einen schlimmen Sturm zu gewärtigen haben?«
    »Jedenfalls macht mir diese Grunddünung Sorgen.«
    Hawthorne, dem es bei schlechtem Wetter nie so gut ging, sah nicht ganz glücklich aus. »Nun«, sagte er mit stoischer Gelassenheit, »wir haben so manchen Sturm erlebt, und es wird auch noch mancher kommen.«
    »Zweifellos, Mr Hawthorne.«
    Der Schoner Phalarope erschien mit Kurs auf die Themis zwischen den Segeln des Konvois. In kurzer Zeit hatte er die Themis umrundet und positionierte sich längsseits, eine Schiffslänge leewärts.
    »Kapitän Hayden!«, rief McIntosh. Er stand an der Reling, den Südwester tief in die Stirn gezogen, weil ein plötzlicher Regenguss auf seinen Rücken niederging. »Der Commodore bittet Sie, an Bord der Majestic zu kommen.«
    »Informieren Sie Saint-Denis«, befahl Hayden.
    »Jawohl, Sir.«
    Widerstrebend übergab Hayden das Kommando seines Schiffes an Saint-Denis und stieg in das Boot der Phalarope . Als das Beiboot von der Themis ablegte, hörte Hayden eine laute Stimme von oben. Er blickte in die Richtung und

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