Die letzte Eskorte: Roman
Abendmahl nicht vertraut ist, wird das die Gerüchte nur weiter anfachen.«
»Ich glaube, Smosh hat den Jungen absichtlich ausgesucht, um eben jene Gerüchte verstummen zu lassen. Er wird schon dafür sorgen, dass Mr Gould seine Sache gut macht. Zumindest hoffe ich es.« Für einen kurzen Moment durchzuckte Hayden der Gedanke, Mr Smosh hege womöglich die Absicht, genau das Gegenteil zu bewirken, aber dann beruhigte er sich wieder, da er spürte, dass Smosh kein hinterhältiger Mensch war.
»Wir können nur beten«, sagte Hawthorne.
Hayden blieb an Deck, bis McIntosh Schlag um Schlag zwischen den Wenden herankam, durch die Konvoischiffe hindurch lavierte und schließlich in Rufweite beidrehte. Der kleine Schoner, die Segel gerefft, war ein schnittiges Schiff und seetauglicher als manch ein Zweidecker, den Hayden kennengelernt hatte.
»Nirgends Anzeichen unseres verirrten Schiffes, Kapitän Hayden«, rief McIntosh von der Reling aus. »Auch kein Treibgut. Falls sie untergegangen ist, hatte sie wohl keine Zeit, die Boote ins Wasser zu lassen.« Er zuckte mit den Schultern und wirkte ratlos. »Ich kann mir das auch nicht erklären.«
»Ich habe nie erlebt, dass ein Schiff so schnell untergeht«, rief Hayden zurück, »es sei denn, es ist explodiert. Ich denke, wir können nicht mehr tun und müssen abwarten, bis sich der Sturm legt. Ich hätte da noch einen Brief, den Sie bitte zu Kapitän Cole bringen.«
Hayden schickte seinen Diener hinunter zu Griffiths, um die Liste mit den benötigten Arzneien zu holen. Wenige Minuten später kehrte der Diener mit besagter Liste zurück, die im Beiboot der Themis zu McIntoshs Schoner gerudert wurde. Kurz darauf setzte das Schiff die Segel und flog zwischen den Schiffen des Konvois hindurch wie eine Möwe im Wind.
Ein Windstoß erfasste Hayden am Rücken und brachte heftigen Regen mit. Ein lautes Flattern veranlasste ihn, nach oben zu schauen. Unterhalb der Dwarssalinge begann die ockerfarbene Fahne wie wild zu tanzen.
K APITEL NEUN
Smosh, der oftmals seine komische Ader unter Beweis stellte, überraschte Hayden nun mit einem wahrlich würdevollen Auftritt, der noch von der Amtstracht betont wurde. Gould hingegen wirkte nervös, sogar verlegen; seine Uniform von exzellenter Qualität sah noch so neu aus, als wäre er gerade erst an Bord gekommen.
Die Männer hatten auf den Bänken der Backschaften Platz genommen und blickten nach achtern, wo sich Smosh ihnen zuwenden würde. Einige Matrosen hatten sich auf den Boden gesetzt, während die Offiziere und Deckoffiziere seitlich auf Stühlen Platz nahmen.
Wenn man sich auf die Suche machte nach einer Ansammlung reueloser Sünder, dann brauchte man nur an Bord eines Kriegsschiffes zu kommen. Sobald jedoch alles für den Gottesdienst vorbereitet worden war, gaben die Männer die aufmerksamste und willigste Schar von Sündern ab, die man sich nur wünschen konnte. Sie trugen ihre beste Kleidung und saßen wie gehorsame Schuljungen da, bereit, einer Predigt zu lauschen, die genau auf die geliebten Laster abzielte. Ein Außenstehender hätte die Männer für die andächtigsten Christen gehalten und nicht für einen Haufen von Heiden, die sie tatsächlich waren.
An diesem Tag waren die Männer jedoch mehr als ernsthaft, denn der gehetzte Ausdruck auf ihren vom Wind geröteten Gesichtern zeugte von Furcht und Unsicherheit. Noch nie hatte Hayden seine Seeleute mit so qualvollen Mienen gesehen, nicht einmal kurz vor einem Gefecht.
Smosh räusperte sich nun vernehmlich und wartete voller Geduld darauf, dass das Getuschel abebbte.
»Oh, unser allmächtiger Herrgott, auf dessen Geheiß die Winde wehen ...«, hob er feierlich an, worauf Hayden kurz zu Hawthorne hinüberschaute, der ebenso verblüfft wie Hayden war, »... der du die Wogen des Meeres hebst und den Zorn der See zu zügeln verstehst.«
Hayden hatte mit einem Gebet für die Kranken gerechnet, was der gegenwärtigen Situation durchaus angemessen gewesen wäre, aber dies war ein unter Seeleuten sehr bekanntes Gebet, das oft inmitten eines großen Sturms gesprochen wurde.
Smoshs angenehme Stimme hallte von den hölzernen Wänden der Behelfskirche wider. »Wir, deine Geschöpfe, nichts als elende Sünder, rufen dich in dieser unserer großen Furcht um deine Hilfe an: Errette uns, Herr, denn sonst müssen wir vergehen. Wir bekennen, dass wir, als wir in Sicherheit waren und alles um uns herum ruhig erlebten, dich vergessen haben, unseren Gott, und uns weigerten, der stillen
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