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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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sitzen und Sie in der Nähe sind.«
    »Aye, Sir.«
    Hayden holte sein Ölzeug und stieg an Deck. Wickham stand unweit der Wanten des Kreuzmarssegels, den Blick nach Norden gerichtet.
    »Ist McIntosh irgendwo zu sehen?«, erkundigte sich Hayden.
    Der Midshipman schien aus einem Traum zu erwachen. »Sir?«
    »McIntosh – können Sie ihn ausmachen?«
    »Nein, Sir. Er segelte vor einiger Zeit in die Dunstschleier und ist noch nicht wieder zum Vorschein gekommen.«
    »Hm.«
    Hayden griff nach Wickhams Glas und ging die Schiffe des Konvois durch. Ein Windstoß erfasste die Themis und brachte sie in eine Schräglage. Hayden spürte, wie das Schiff dem Druck widerstand und den Wind abfing. Ein Wellenkamm krachte gegen das Vordeck, die Gischt sprühte über die Reling und zerlief auf den Planken.
    »Das Wetterglas fällt nicht weiter, Sir, aber es macht auch keine Anstalten, wieder zu steigen.«
    Hayden ließ das Fernrohr sinken. »Der Wind wird noch auffrischen, und ich habe schon einmal erlebt, dass auf das Wetterglas nicht immer Verlass ist.«
    »Ohne Zweifel, Sir.« Wickham schwieg einen Moment lang. »Wie geht es dem Doktor?«
    Die Frage mutete seltsam an. Hayden warf einen Blick auf Wickham und vermutete, dass es lediglich eine unbeholfene Frage nach dem Wohlergehen der Kranken war. »Er hat noch nicht die ganze Crew untersucht, meinte aber, es wären weniger krank, als er befürchtet hatte.« Erneut musterte Hayden den Midshipman mit einem kurzen Blick, da er wissen wollte, wie der junge Mann den optimistischen Tonfall aufnahm.
    »Das sind gute Neuigkeiten, Sir.« Wickham schien sich ein wenig zu entspannen und richtete sich etwas auf. »Die Männer haben volles Vertrauen zu Dr. Griffiths, Kapitän. Er wird uns da durchbringen.«
    »Das Vertrauen der Männer ist gerechtfertigt.«
    »Dort, Sir!« Wickham riss eine Hand hoch und deutete auf einen tintenschwarzen Fleck, der wie eine tief hängende Wolke dicht über dem Meeresspiegel zu schweben schien.
    Hayden vergewisserte sich mit einem Blick durch das Fernrohr, dass es sich tatsächlich um ein Schiff handelte – um einen Schoner und daher wahrscheinlich um McIntosh. Dann reichte er das Glas an Wickham weiter, der Haydens Vermutung kurz darauf bestätigte.
    Hayden machte einen Rundgang an Deck, nahm sich hier und da Zeit, mit den Besatzungsmitgliedern zu sprechen, und ging bewusst auf die neuen Männer ein. In unsicheren Zeiten konnte es einem besonnenen Kapitän durchaus gelingen, einer Crew die Ängste und Befürchtungen zu nehmen. Und innerhalb einer abergläubischen Gemeinschaft war die Furcht vor Ansteckung mindestens genauso groß wie die Angst vor einer Sepsis. Der Begriff »Seuchenschiff« lief wie ein Wispern durch die Decks, und die Matrosen machten sich schweigend und grimmig an die Arbeit. Überall versicherte Hayden den Männern, dass es sich nicht um Gelbfieber oder eine andere Plage handelte, sondern um eine Grippe – ein Wort, dass den Seeleuten keine so große Furcht in die Herzen trieb.
    Als Hayden aufs Quarterdeck zurückkehrte, stieß er auf Hawthorne, auf dessen Gesichtszügen sich ein mattes Lächeln abzeichnete. »Dr. Griffiths hat jetzt alle Männer untersucht, Kapitän«, erstattete der Leutnant der Seesoldaten Bericht, »allerdings noch nicht die Offiziere und Gäste.« Hawthorne beugte sich leicht vor, als er fortfuhr: »Vierzehn Mann mit Fieber, weitere sechs, um die der Doktor besorgt ist. Sie wurden sowohl von den Kranken als auch von den Gesunden getrennt, damit sich Dr. Griffiths ein klareres Bild machen kann.«
    »Doch so viele?«, entfuhr es Hayden, der seine Besorgnis nicht verbergen konnte.
    »Wurde der barmherzige Samariter auf diese Weise für seine Nächstenliebe entlohnt?«, fragte Hawthorne sich. »Ich habe es vergessen.«
    »Ein guter Christ sucht in seinem Leben nicht nach Belohnungen, Mr Hawthorne.«
    »Dann habe ich schon wieder versagt. Aber da wir gerade von Religion sprechen – auf dem Unterdeck, geschützt von diesem verfluchten Regen und Wind, bereiten wir einen Gottesdienst vor. Mr Smosh legt bei diesem Unterfangen eine ungeahnte Energie an den Tag, wenn man von seinen atheistischen Neigungen weiß. Und vielleicht wissen Sie noch nicht, dass er heute einen interessanten Hilfsprediger hat.«
    »Mr Gould.«
    Hawthorne war wirklich überrascht, dass Hayden bereits eingeweiht war. »In der Tat. Ich hoffe doch sehr, dass der Junge schon einmal eine Kirche von innen gesehen hat. Sollte sich herausstellen, dass er mit dem

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