Die letzte Eskorte: Roman
Stimme deines Wortes zu lauschen und deinen Geboten zu gehorchen. Doch nun erkennen wir, wie Furcht einflößend du bist in all deinen Wundern und Taten, als Großer Gott, den zu fürchten es gilt. Und daher bewundern wir deine Göttliche Erhabenheit, anerkennen deine Macht und erflehen deine Güte. Hilf uns, Herr, und rette uns um deiner Gnade willen in Jesus Christus, deinem Sohn. Amen.«
»Amen«, wiederholten die elenden Sünder von Herzen.
»Dieser Tage befindet sich ein großes Übel an Bord unseres Schiffes – eine Seuche, die unsere Freunde befallen hat und sich unter uns ausbreitet. Einige sagen, dies sei eine Strafe Gottes, aber ich glaube nicht, dass unser gnädiger Herr diese ansteckende Krankheit als Strafe gesandt hat. Es ist etwas Böses und daher nicht von unserem Herrn.«
In diesem Moment tauchte Archer auf, offenbar aufgeregt. Er schaute sich in dem von Lampen erleuchteten Deck um, entdeckte Hayden, ging hinter Smosh herum und trat zu seinem Kapitän. »McIntosh hat unsere Arzneien mitgebracht, Sir, aber er möchte Sie sprechen, Kapitän, in einer sehr dringlichen Angelegenheit.«
Smosh hatte innegehalten, als Archer kam, nickte Hayden leicht zu und fuhr in seiner Predigt fort. Hayden war augenblicklich auf den Beinen und erklomm die Leiter zum Batteriedeck und schließlich zum Quarterdeck. Im Gehen zog er sich das Ölzeug über.
Der Wind seufzte in den Wanten, und das Schiff krängte. Dunkle Rinnsale ergossen sich über die Planken, sammelten sich und wurden gegen das Schanzkleid gespült, ehe sie durch die Speigatten wieder ins Meer flossen.
McIntosh stand an der Reling seines Schoners, hielt den Kopf gesenkt, halb abgewandt vom Wind. Die Krempe seines betagten Südwesters flatterte ihm ins Gesicht. Als er Hayden gewahrte, formte er die Hände an seinem Mund zu einem Trichter. »Sir, als ich mich von Kapitän Cole verabschiedete, erspähte der Mann im Ausguck ein Schiff in Nordost. Eine Fregatte, wie er glaubt, und vielleicht eine weitere in den Wolken dahinter. Doch kaum hatte er sie entdeckt, da war sie auch schon wieder im Dunst verschwunden, Sir.«
Hayden stieß einen leisen Fluch aus. »Irgendeine Vermutung, was die Nationalität anbelangt?«, rief er zurück.
McIntosh hob hilflos die Hände. »Keine, Sir.«
»Die beiden Schiffe könnten die Erklärung für unser vermisstes Schiff sein«, sagte Archer laut.
Der Wind fuhr Hayden unter das Ölzeug, und der Regen prasselte mit einer solchen Wucht an Deck, dass einen Augenblick lang keiner etwas sagte, da die Stimme untergegangen wäre. Sowie der Regenguss ein wenig abflaute und das Heulen des Windes nachließ, rief Hayden: »Ich glaube nicht, dass wir in dieser trüben Suppe irgendwelche Signale sehen können, McIntosh. Benachrichtigen Sie die anderen Geleitschiffe, dass sie sich gefechtsbereit machen müssen. Ich werde meine Position mit Stewart tauschen.«
McIntosh, der zu Haydens Freude kein Narr war, wiederholte Haydens Order und rief seiner Crew zu, die Segel zu trimmen. Hayden wandte sich sofort danach an Archer.
»Ich fürchte, wir müssen Mr Smoshs Predigt unterbrechen, Mr Archer. Rufen Sie alle Mann an Deck. Wir machen die Decks gefechtsbereit, aber meine Kajüte können Sie vorerst so lassen. Wir brassen die Rahen, gehen über Stag und werden dann, sofern wir nicht unser Rigg verlieren, den Platz mit der Cloud tauschen. Allein Gott weiß, wie Stewart es bis zu uns schaffen will.« Archer wandte sich zum Gehen, als Hayden noch etwas einfiel. »Ah, und sagen Sie Mr Wickham Bescheid, dass ich ihn brauche, Mr Archer. Sagen Sie ihm, er möge ein Nachtglas mitbringen.«
»Aye, Sir.«
Archer war kaum unter Deck, da stürmten die ersten Matrosen die Stiege hinauf und wirkten nach Haydens Dafürhalten nicht weniger durchtrieben als vor der Predigt. Manch einer mochte vielleicht froh sein, nicht länger den Worten des Geistlichen lauschen zu müssen. Alle machten sich schweigend an die Arbeit.
Barthe erschien schwer atmend im Niedergang, gefolgt von Archer und Wickham.
»Wo bleibt Saint-Denis?«, wollte Hayden etwas gereizt wissen.
»Ich habe soeben erfahren, dass der Doktor ihn ins Lazarett beordert hat, Kapitän«, antwortete Archer.
»Ins Lazarett? Oder ins Quarantänedeck?«
»Verzeihung, Sir«, erwiderte Archer und schüttelte den Kopf. »Ich habe mich vertan. Ins Quarantänedeck, obwohl der Erste Leutnant der Aufforderung nur ungern nachkam.«
»Aha.« Würde seine Pechsträhne denn nie enden?, fragte sich Hayden. Er
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