Die letzte Eskorte: Roman
Wirkung, obwohl sich die Geschützführer nach Kräften bemühten, hoch in das Rigg des Feindes zu zielen. Das Kreischen der kreiselnden Stangengeschosse zerriss die Nachtluft, aber nur wenige Ladungen trafen das französische Schiff. Schwere Schäden richtete keines der Geschütze an. Immer noch brannten die roten Lichter, gedämpft im schwachen Mondschein.
Verzweiflung bahnte sich ihren Weg durch Haydens widerstreitende Gefühle. Mehr denn je kam er sich wie ein Mann vor, der hilflos in den Fängen einer Unterströmung trieb und kaum den Kopf über Wasser halten konnte. Er hörte einen Mann an den Geschützen flüstern: » Bitte, Gott, bitte. «
Die Geschützmannschaft rannte die Karronade aus, und Hayden griff erneut nach der Abzugsleine, fragte sich jedoch im selben Moment, ob Baldry nicht vielleicht erfolgreicher wäre als er. Mit einem Auge spähte er über den Kanonenlauf und erkannte sofort, dass er die Lichter im Rigg nur mit einem wahren Glückstreffer herunterreißen könnte. Er wartete eine Sekunde, während der das Schiff nach backbord rollte. Jetzt feuerten die Geschütze des Franzosen und begannen, die Takelage der Themis zu beschädigen.
Hayden versuchte derweil, die Treffer zu ignorieren, und konzentrierte sich auf die Bewegungen des eigenen Schiffes. Intuitiv riss er dann an der Abzugsleine, als gleichzeitig zwei weitere Geschütze der Themis donnerten. Die roten Laternen zuckten plötzlich von rechts nach links, sackten nach unten, schwenkten eigenartig nach achtern und flackerten.
Jubel brandete auf dem Quarterdeck auf.
»Wir haben die vorderen Fallen weggeschossen!«, rief Barthe.
Der unsichtbare Rahmen hing schief, die Leuchtfeuer brannten indes noch. Nur noch an drei Stellen befestigt, wippte der Lichterrahmen im Rhythmus des Schiffes auf und ab. Weitere Schüsse wurden von der Themis abgefeuert, doch die Leuchtfeuer blieben in ihren schrägen Halterungen.
Wie gebannt beobachtete Hayden das feindliche Schiff und fragte sich, wie schnell es den Franzosen gelingen mochte, ein neues Fall zu spannen. Plötzlich ging ein Ruck durch die Leuchtfeuer. Sie fielen ein Yard nach unten, wackelten heftig, beschrieben dann einen langen Bogen abwärts und verharrten auf Höhe des Großsegels. Doch ehe das nasse Segeltuch Feuer fangen konnte, fiel der Rahmen auf das Deck.
Wieder erscholl Jubel an Bord der Themis , und Hayden trat eilig zum Ruder. »Mr Barthe, sehen Sie nach, wie stark unser Rigg beschädigt wurde. Trimmen Sie die Segel und setzen Sie dem Vierundsiebziger nach. Sobald wir nah genug heran sind, gehen wir über Stag, brassen die Rahen und segeln am Heck vorbei.«
Eine unbeschreibliche Erleichterung durchströmte Hayden. Er fühlte sich wie ein Kartenspieler, der trotz des schlechten Blattes mitgegangen war und nun auf unerklärliche Weise gewonnen hatte.
Barthe rief die Befehle über Deck, worauf die Matrosen aufenterten, um die Schäden auszubessern.
»Soll ich die Leuchtfeuer entzünden lassen, Kapitän?«, fragte Archer. In der Stimme des Leutnants war die Erleichterung nicht zu überhören.
»Sofort.« Hayden bedeutete dem Steuermann, das Ruderrad zu übernehmen. »Können Sie den französischen Zweidecker ausmachen?«, fragte Hayden den Mann.
»Aye, Sir.«
»Wir nähern uns dem Quarterdeck von steuerbord, leiten die Wende ein und gehen auf dreißig Yards am Heck vorbei – ruhig auch zwanzig, wenn Sie es schaffen.«
»Das schaffen wir, Kapitän.«
»Mr Franks! Ruhe an Deck.«
»Aye, Sir.«
»Gut gemacht, Kapitän«, sagte Hawthorne. Hayden hörte die diebische Freude aus der Stimme des Leutnants heraus.
»Das war noch der einfache Part. Haben Sie es je mit nur einem Deck Achtzehnpfünder mit einem Vierundsiebziger aufgenommen?«
»Nein, aber ich habe es einmal mit einem ziemlich großen Artilleriekorporal aufgenommen, der mich in einer Schenke beleidigte.«
»Wie ging der Streit aus?«
»Nicht sonderlich gut.«
»Aha.«
Ein feuriges Glühen erfüllte die Nacht und tauchte Spiere und Takelage in ein weinrotes Schimmern. Gleichzeitig zogen dunkle Wolken von achtern über das Schiff und brachten dicke Regentropfen mit. Die Offiziere stellten sich mit dem Rücken zum Wind, aber Hayden merkte, dass sich sein wollener Mantel trotz des Ölzeugs ganz langsam voll Wasser sog.
»Glauben Sie, die Täuschung wird funktionieren?«, fragte Hawthorne leise.
»Wenn wir den Vierundsiebziger vor der Fregatte erreichen. Schwer zu sagen, wie stark wir sie beschädigt haben.« Hayden
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