Die letzte Expedition
dass, wenn sein Bruder so zynisch auf seine plötzliche Anwesenheit reagierte, er zu einem ziemlich unpassenden Zeitpunkt aufgetaucht war und eigentlich wieder verschwinden sollte. Doch diesen insgeheimen Wunsch Manjucs wollte und konnte er in der räumlichen Beengtheit eines Raumschiffes nicht unbedingt erfüllen!
„Also, pass mal auf, mein Großer!“, fing Esrun schließlich mit ganz langsam vorgetragenen Worten an zu erklären. „Erstens: Wegen der bevorstehenden Begegnung mit diesem Objekt unbekannter Herkunft konnte ich kaum Schlaf finden und habe mindestens die letzten drei Stunden kein einziges Auge mehr zugemacht, nicht einmal meine zahlreichen ‚Hühneraugen‘! – Zweitens: Weil ich bereits so lange wach gelegen habe, fing mein Magen schließlich an, wie ein ausgehungerter Großer Raubbeutler zu brummen und zu knurren! – Und letztlich drittens:“, dabei holte Esrun noch einmal ganz tief Luft, „Weil ich mit dir gemeinsam essen gehen wollte und du weder in deinen Forschungsräumen, noch in der Kommandozentrale und auch nicht in deinem Quartier warst, dachte ich mir, dass ich dich wohl letztlich hier unten antreffen würde! – Dass du natürlich bereits mit meiner netten, jungen Kollegin hier verabredet bist, mein sonst so schüchternes Brüderchen, konnte ich ja schließlich nicht ahnen, nicht im geringsten, geschweige denn euren oberleckeren gefüllten Bjacca-Kohl hier auf dem Tisch riechen! – Aber keine Sorge, mein lieber Manjuc, ich werde euch zwei turtelnde Spätzchen umgehend wieder verlassen und mich ganz weit weg an einen anderen Tisch hier im Saal setzen, von wo aus ich euch nicht sehen muss und euch auch wirklich nicht sehen kann! – Tschüss, ihr zwei!“
Doch gerade als sich Esrun wieder erhob und wie angekündigt verschwinden wollte, hielt ihn Manjuc mit festem Griff am Arm zurück! „Nun bleib schon sitzen, du beleidigtes Mauerblümchen! Oder verstehst du etwa keinen Spaß mehr? Wir beide sind schließlich gerade mit dem Essen fertig geworden und hatten bestimmt nicht vor, irgendwie zu ‚turteln‘! – Nicht wahr, Morina?“
Die plötzlich Angesprochene schaute erstaunt auf und schüttelte leicht irritiert, aber dann doch immer mehr schmunzelnd, ihren Kopf. „Nein, nein!“, meinte sie. „Wir wollten ganz bestimmt nicht irgendwie ‚turteln‘! Da musst du dich bestimmt verguckt haben, Esrun! Wir haben uns ja schließlich nur rein zufällig hier getroffen. – Stimmt’s, Manjuc? Das war ganz zufällig, oder?“
Nun schaute dieser wieder leicht verwirrt und irritiert, ob der augenscheinlichen Lüge seinem Bruder gegenüber, welche er diesem Mädchen gar nicht zugetraut hatte! Doch zu einer Bestätigung von Morinas offensichtlicher Falschaussage, die damit eigentlich nur Esruns hintergründigen Spekulationen den Boden entziehen wollte, kam Manjuc dann in diesem Moment nicht mehr, denn überall im Raumschiff heulten die bekannten Alarmtöne auf und von einer Computerstimme wurde mehrmals Alarmstufe zwei ausgerufen!
„Tja, das war’s dann wohl mit unserer gemeinsamen Mittagspause, Jungs!“, resümierte Morina und erhob sich dabei als erste. „Da ich Bereitschaft habe, muss ich jetzt zur Kommandozentrale hoch und mich bei Janduc Nicay melden!“
„Warte, Morina, ich werde dich begleiten!“, rief Manjuc und erhob sich ebenfalls schnurstracks. „Ich muss nämlich bei dieser Alarmstufe auch zur Kommandozentrale hoch und bei Vitary Selecun vorstellig werden! Da können wir doch gleich gemeinsam gehen, oder?“ Bei diesen Worten lag so viel freudige Erregung in seiner Stimme, dass Esrun dies, ohne seinen Bruder anzugucken, bemerken musste und ihm daraufhin von unten hinterher grinsend zublinzelte.
„In Ordnung!“, bestätigte Morina inzwischen, ohne dabei aber die brüderlichen Blickwechsel zu bemerken. „Gehen wir gemeinsam.“
Innerlich mächtig stolz darüber, dass ihn die junge Radaroffizierin bei seinen ersten Freundschafts-Knüpfungs-Versuchen der letzten Tage nicht gleich so ohne weiteres abwies, ließ er natürlich ihr den Vortritt beim Verlassen des Speisesaales und ging stets einen bis zwei Meter hinter ihr her. Esrun aber zeigte ihm, als sich Manjuc noch einmal, bereits an der breiten Eingangstür befindlich, nach dem am Tisch sitzen gebliebenen Bruder umschaute, symbolisch beide Daumen, womit er ihm anscheinend viel Glück für eine vielleicht bevorstehende Beziehung zu Morina wünschte. Dieser bedankte sich mit ebenfalls erhobenem Daumen und einem
Weitere Kostenlose Bücher