Die letzte Flucht
Stelle, na, Sie wissen ja wo. Er bemerkte Beck und wollte wissen, wer das sei. Und dann wollte er mir die Unterlagen plötzlich nicht mehr geben. Ich wurde wütend.«
»Und die Tatwaffe?«
»Das Rohr? Beck hatte es plötzlich zur Hand und gab es mir.«
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Jeffrey Beck wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Als die Berliner Polizei kam, standen seine Büroräume leer. Er war verschwunden. Danach wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht.
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Als Dirk Assmuss die Tür zu seiner Wohnung aufschloss, empfing ihn seine Frau mit einer Flasche Champagner.
»Das Flugzeug aus Paris ist doch schon am frühen Abend gelandet. Wo warst du nur so lange? Immer deine Geschäfte.«
»Woher weißt du, mit welchem Flugzeug ich gekommen bin?«
»Du hast es mir doch geschrieben.«
Sie hielt ihr Handy hoch. Zu seinem Erstaunen las er eine Reihe von SMS . Er hatte sich für eine plötzliche wichtige Reise nach Brasilien bei ihr abgemeldet. Er ging sofort in sein Arbeitszimmer. Er hatte während der letzten Tage mit seinem Büro E-Mails ausgetauscht. Auch in seinem Büro gingen alle davon aus, dass er plötzlich und dringend nach Brasilien reisen musste. Einige Entscheidungen hatte er ebenfalls per SMS getroffen. Sogar die Flüge waren tatsächlich gebucht worden.
Niemand würde ihm glauben, dass er entführt worden war.
Nachdem er eine Stunde lang die Nachrichten aus seinem Büro gelesen hatte, war er sich selbst nicht mehr sicher.
Nun nahm er seine Geschäfte wieder auf. Marlene Kritzer verlor ihren Job. Zum 1. Juni 2011 musste sie den Verband verlassen.
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Finn Kommareck kehrte zu Dr. Rapp zurück und beendete die Visceratin-Therapie. Finn und Daniel verbrachten noch fünfzehn gute Monate zusammen. Georg Dengler und Olga reisten zu ihrer Beerdigung nach Berlin. Auf Finns Empfehlung war bereits einige Monate zuvor Maria Marksteiner zu ihrer Nachfolgerin ernannt worden. Schöttle gratulierte als Erster.
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Der Fakultätsrat der Charité beschloss nach einer langen Diskussion einstimmig die Aufnahme einer Sozialklausel in die Drittmittelsatzung der Universität.
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Am 27. März 2011 wählten die Bürger von Baden-Württemburg die Landesregierung ab. Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands wurden die Ergebnisse einer Landtagswahl öffentlich auf einer großen Leinwand übertragen. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz feierten Tausende Bürger so erleichert, als sei ein Tyrann gestürzt worden.
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Stefan Mappus, der abgewählte Ministerpräsident, schied zum 1. September 2011 aus der Politik aus und verdingt sich fortan bei dem Pharmakonzern Merck.
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Der Polizeipräsident ließ sich noch von der alten Regierung »aus gesundheitlichen Gründen« in den vorzeitigen Ruhestand versetzen. »Was für ein erbärmliches, was für ein feiges Ende einer Karriere«, dachte Dengler, als er diese Nachricht las, und legte die Zeitung zur Seite.
Olga saß neben ihm in der Sonne.
»Was ist mit dir?«, fragte sie. »Du siehst mich so komisch an.«
»Ich frage mich, ob du mich immer noch liebst.«
Sie beugte sich zu ihm hinüber und flüsterte: »Ja.«
Da endlich hatte Dengler den Mut, die Frage zu stellen, die ihn seit Langem beschäftigte.
Olga hörte ihm ernst zu, dann beugte sie sich erneut zu ihm und sagte: »Ja.«
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Finden und Erfinden – ein Nachwort
Ich schrieb diesen Roman, um zu verstehen, wie das Gesundheitswesen funktioniert. Nun weiß ich es. Ich stehe immer noch unter Schock.
Die großen Pharmakonzerne kontrollieren große Teile der Ärzteschaft, sie korrumpieren die öffentliche Forschung und Wissenschaft, sie manipulieren Studien und Veröffentlichungen, und sie beeinflussen Parteien, Parlamente und die Regierung. Sie reißen einen Löwenanteil der Versichertenbeiträge an sich und erzielen Gewinne, wie sie sonst nur bei illegalen Geschäften, im Drogenhandel oder im Waffengeschäft zu realisieren sind. Wir müssen uns der absurden Situation stellen, dass das Gesundheitswesen in der Krankenhausfinanzierung unter einer chronischen Unterfinanzierung ächzt, wir öffentlich ein Zwei-Klassen-Gesundheitswesen diskutieren und wir es gleichzeitig einem Akteur, der Pharmaindustrie, in diesem System erlauben, Preise willkürlich festzulegen, um obszöne Umsatzrenditen zwischen 30 und 40 Prozent zu erzielen. Würden die Pharmakonzerne gezwungen, ihre Preise einem normalen Marktgeschehen von Angebot und Nachfrage auszusetzen, gäbe es kein Finanzierungsproblem im Gesundheitswesen.
Nachdem ich mich nun
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