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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Weitsicht, ja. Deshalb macht mich diese Ruhe nervös.« Sie zeigte auf eine Überwachungskamera auf einem Mast, die lautlos über die vorrückende Armee schwenkte. »Die wissen, dass wir hier sind. Ich glaube, Nathan Lammockson verfolgt einen bestimmten Plan. Ihm muss klar gewesen sein, dass ein solcher Tag kommen würde, an dem die Arbeiter in den Hüttensiedlungen und in den Bergen, die
ihr Leben lang für seine kostbare Stadt geschuftet haben, sich erheben würden - selbst wenn wir Walker ein Joker im Spiel sind. Nein, er hat das garantiert vorausgesehen, und er hat seine Vorbereitungen getroffen. Wir laufen in eine Falle, davon bin ich überzeugt. Sie ist bloß noch nicht zugeschnappt.«
    Als sie weiter vordrangen, stießen die Einheiten an der Spitze der Kolonne auf andere Verteidigungsstellungen an Kreuzungen der El Sol mit Querstraßen namens Avenida Pachacutec, unmittelbar nördlich des Bahnhofs, und Avenida Garcilaso, ein paar Blocks weiter. Bei jedem Halt hörte Gary, der vielleicht hundert Meter hinter der Vorhut herging, das Knallen von Schüssen sowie Schreie und Gebrüll, bevor die Kolonne mit Handzeichen zum Weitergehen aufgefordert wurde. Offenbar zeigte sich, dass der Widerstand in der Stadt nicht stärker war als am Flughafen.
    Als Gary die Kreuzungen überquerte, sah er die Überreste von Stacheldrahtzäunen, zerstörte Straßensperren, MG-Unterstände aus Sandsäcken und Betonplatten. Und an der Garcilaso-Kreuzung sah er einen Toten, einen Mann in einer hellblauen AxysCorp-Uniform, die so sauber war, als wäre sie heute aus der Fabrik gekommen. Der Mann trug einen weißen Helm und hatte Sergeantstreifen auf dem Ärmel; mit dem Gesicht nach unten lag er auf der Straße, Arme und Beine ausgestreckt wie eine Puppe, und ein tiefroter Fleck breitete sich über seinen Rücken aus. Das war die erste Leiche, die Gary an diesem Tag sah. In seiner Zeit bei Walker City war der Tod - oft genug der gewaltsame Tod - ein alltäglicher Begleiter gewesen, aber er hatte sich nie an ihn gewöhnt.

    Die Kolonne hielt erneut an. Sie bekamen den Befehl, sich zu verschanzen. Leute suchten in Eingängen und Gassen Schutz, ebenso vor der Sonne wie vor dem Feuer von Scharfschützen. Türen splitterten und Fenster zerbrachen, als die Eindringlinge sich alles holten, was sie in den Geschäften und Wohnhäusern, den Büros und Kirchen plündern konnten. Gary hörte die ersten Klagen, dass nirgends etwas Essbares oder Wasser zu finden sei.
    Die Bürgermeisterin erklärte, sie wolle nach vorn, um zu sehen, was los sei, und ließ Gary allein.
    Er ging zwanzig Meter zurück, um Grace zu suchen, die mit Domingo gegangen war. Grace wirkte eher unangenehm berührt als nervös. Domingo sah aus wie ein Pirat; er grinste breit mit seinem Gewehr im Arm, das er poliert hatte, bis es im klaren Andenlicht glänzte. Er hatte sich eine erbeutete Halskette mit lauter dicken aquamarinblauen Klötzchen wie ein Kopftuch um die Stirn gebunden.
    »Du bist wirklich ein Arschloch, Domingo«, sagte Gary mit leisem Widerwillen.
    Domingo lachte. »Aber das ist ein Tag für Arschlöcher. Wie geht’s nun weiter, o großer Nichtarschloch-Gringo?«
    »Die Bürgermeisterin geht nach vorn. Ich schätze, Ollantay plant den nächsten Schritt. Kommt, wir folgen ihr.« Gary nahm Graces Hand.
    »Wir sind doch bloß Fußsoldaten«, sagte Domingo.
    Gary schüttelte den Kopf. »Wir haben Freunde in dieser Stadt. Wir werden alles tun, was wir können, um die Zahl der Todesopfer zu verringern.«
    Domingo verbeugte sich. »Dann folge ich deinem Beispiel.«

    Mit Grace an der Hand arbeitete sich Gary nach vorn, gefolgt von Domingo, bis er bei der Gruppe der Bürgermeisterin angelangt war. Sie hatten an einer weiteren großen Kreuzung haltgemacht, neben einer Grünfläche im Schatten einer monumental aussehenden Kirche.
    Ollantay stand vor dem klobigen Bauwerk und hielt Hof. Er trug seinen Inka-Staat - Wollkittel und Wollhose in bunten Farben, goldene Ohrstecker -, und er hatte einen goldenen Helm auf dem Kopf, der bei einem seiner nadelstichartigen Überfälle auf Cusco, die er vor diesem Großangriff inszeniert hatte, aus einer privaten Sammlung gestohlen worden war. Er stand hoch aufgerichtet da, sein Gesicht dunkel und stolz an diesem Tag seiner Apotheose.
    Bürgermeisterin Thorson lauschte skeptisch Ollantays Gespräch mit seinen hochrangigen Generälen, soweit man sie so nennen konnte. Sie waren eine Bande von Schlägern und Unruhestiftern aus den

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