Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
umringt und nur ein paar Meter von zwei Hubschraubern im AxysCorp-Gewand entfernt, die auf dem Gras standen. Piers und Sanjay McDonald waren bei ihm, Juan Villegas hielt sich mit Amanda im Hintergrund. Obwohl Piers nur selten etwas sagte, hatte er den geistesabwesenden Gesichtsausdruck eines Mannes, der einem Dutzend Gesprächen zugleich lauschte, wahrscheinlich über eine spezielle Militärversion eines Angels. Andere Berater kamen und gingen, vor allem Lammocksons wichtigste Militärs, und unterrichteten ihn über die Aktionen der Rebellen. Inmitten der Anspannung wirkte er kühl
und gelassen, wie ein Regisseur auf einem merkwürdigen Filmset.
Als Lily näher kam, stand Sanjay auf und eilte zu ihr, klein, angespannt, nervös, mit zottigem Bart. »Lily, Gott sei Dank. Es gibt Neuigkeiten. Ich habe mit Thandie in Denver gesprochen.«
Das drang zu ihr durch, obwohl sie mit anderen Dingen beschäftigt war. »Thandie?«
»Ein Fernmeldesatellit war in der richtigen Position, und wir bekamen Kontakt … Es gibt wieder einen Schub beim Meeresspiegelanstieg.«
Jahrelang war der Anstieg annähernd Thandies grober exponentieller Kurve gefolgt, so dass er sich alle fünf Jahre verdoppelt hatte. Aber die Realität war längst chaotischer und unzuverlässiger geworden.
»Dann ist wohl ein weiteres unterirdisches Meer aufgebrochen«, sagte Lily.
»So was in der Art. Tatsächlich bestätigt es Berichte aus Chosica. Unterhalb der Stadt hat es Überschwemmungen gegeben. Vielleicht schwimmt Nathans Arche Drei eher davon, als er erwartet hat. Aber Thandie hat mir noch mehr erzählt. Hör zu, Lily. Sie hat sich in Denver festgesetzt und Zugang zu Regierungskreisen bekommen.«
Lily lächelte. »Klingt ganz nach Thandie.«
»Und sie hat rausgefunden …«
»Sind Sie also doch noch aufgetaucht, Brooke.« Lammockson hatte Lily erspäht und fiel Sanjay einfach ins Wort.
Sanjay schaute gequält drein, musste jedoch abbrechen.
»Später«, formte Lily mit den Lippen. Sie drehte sich zu Lammockson um. Früher hätte sie an seinen provokanten Bemerkungen
Anstoß genommen, aber im Lauf der Jahre war sie gegen seine Beleidigungen abgestumpft. »Sie wissen, wo ich war, Nathan. Ich habe einen Rundgang ums Stadion gemacht.«
»Und?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Sie kennen die Lage. Die äußere Linie ist gesichert, alle Einheiten sind in Position, bewaffnet und mit Proviant versorgt. Aber die Rebellen haben ebenfalls Stellung bezogen.« Sie hatte von den alten Fernsehkränen auf die schmutzige Armee hinuntergesehen, die Ollantay um sich versammelt hatte, ein Ring, der sich um die Stadion mauern zog. Sie waren wie Fans, die auf den Einlass zu einer Sportveranstaltung warteten, dem Pokalendspiel. Aber die meisten Sportfans plünderten nicht lärmend Häuser in der Umgebung oder feuerten aufs Geratewohl Schüsse aufs Stadion ab.
»Wir werden also belagert«, sagte Lammockson, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Zur Hölle mit ihnen.«
»Ollantay ist selbst mit dabei«, erwiderte Lily mit einem Blick zu Amanda. »Er ist nicht zu übersehen, wie er mit seinen Inka-Federn und diesem glänzenden goldenen Helm herumstolziert. Kristie ist bei ihm. Und der Kleine. Ein Scharfschütze könnte Ollantay ausschalten - man brauchte nicht mal ein Zielfernrohr.«
Amanda wandte den Blick ab. Ihr Gesicht war weiß, ihre Augen waren Schatten. Juan legte seine Hand auf ihre.
Lammockson schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will, dass er am Leben bleibt, damit er kapitulieren kann. Das ist der gesittetste Ausweg aus dieser Geschichte.« Er grinste Lily auf seine grausame Weise an. »Und außerdem gehört er für Sie zur Familie.«
»Ach, halten Sie doch die Klappe, Nathan«, blaffte Lily. »Und wenn wir schon von Familie sprechen, Ihr Sohn ist auch da draußen gesehen worden.« Es hatte Gerüchte gegeben, dass Hammond zu den Rebellen übergelaufen war.
Jetzt war es an Lammockson, den Blick abzuwenden. »Zum Teufel mit ihm! Meine Jungs haben Anweisung, dafür zu sorgen, dass ihm nichts geschieht. Wenn die ganze Sache verpufft ist, kommt er schon wieder zurück. Dann muss er ein bisschen Scheiße fressen, und das war’s.«
»›Verpufft‹«, wiederholte Lily. »Davon sind Sie überzeugt, ja?«
»Warum nicht?«
»Wir haben Vorkehrungen für diese Situation getroffen, Lily«, warf Piers ein. »Das weißt du.«
Project City hatte sich seit Wochen auf Ollantays Angriff vorbereitet, hatte über Monate und Jahre hinweg Operationen durchgeführt und
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