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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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überschwemmten Rockies. Die Floßkinder planschten und spielten in seinem Kielwasser, bettelten um Münzen. Lily hörte, wie Ana mit ihrer dünnen Stimme den kleinen Boris aufforderte, wieder an Bord zu kommen.

96
    MAI 2052
    Boris war jetzt sechs Jahre alt. Und er interessierte sich nicht sonderlich für einen Felsbrocken, der aus dem Meer ragte. Solche Brocken sah man überall. Sie ragten eben aus dem Wasser. Er war noch nie auf einem gewesen. Wozu auch? Sie waren keine Flöße, sie fuhren nirgendwohin, man konnte sie nicht essen, welchen Nutzen hatten sie also? Das einzig Ungewöhnliche an diesem war die Fahne an dem Mast auf seiner Spitze, knallrot, mit einem niedlichen kleinen Goldmuster in der Ecke. Aber selbst die war nicht übermäßig interessant.
    Sein Vater, Manco, erklärte ihm jedoch, er müsse Interesse zeigen, denn Oma Lily interessiere sich dafür. Und sein Vater zeigte über das Wasser und sagte: »Schau, da sind auch andere Leute, die sich dafür interessieren.« Andere Flöße waren gekommen und fuhren um den Felsen herum, eine Versammlung auf dem Meer, lauter Fremde, die sich an diesem Ort einfanden. Wenn sie alle hierherkamen, musste es doch etwas geben, was sich zu sehen lohnte, oder nicht?
    Lily saß in ihrem Sessel, unter ihrer Decke, sechsundsiebzig Jahre alt, ein Alter, das sie »unmöglich« nannte. Meistens schlief sie. Wenn sie wach war, sah sie zu, wie der Felsen näher kam, ein pechschwarzer Punkt vor dem funkelnden Meer, und Boris hörte brav zu, wie Oma Lily ihm von der
seltsamen Zeit erzählte, als die Welt nur aus Felsgestein und ganz wenig Meer bestanden hatte und niemand geschwommen war oder Fisch gegessen hatte, außer wenn er es wollte. In jener Zeit, sagte sie, habe dieser spezielle Felsen verschiedene Namen gehabt, alte wie Chu-mu-lang-ma und junge wie Everest. Und er sei etwas Besonderes, weil er mittlerweile der einzige Felsen auf der ganzen Welt sei, der noch aus dem Meer rage - und bald werde auch er verschwunden sein.
    Das beeindruckte Boris, aber nur ganz kurz, denn was war schon dabei? Selbst wenn der Felsen unter Wasser war, konnte man immer noch zu ihm hinuntertauchen, um ihn sich anzuschauen, wenn man es wirklich wollte. Er ließ sich jedoch herzen und tätscheln und hörte sich an, er sei ein braver Junge, weil er sich irgendein Geschenk erhoffte, ein Stück getrockneten Fisch oder eine Münze. Und außerdem mochte er die alte Lily, er mochte sie wirklich, und nicht nur wegen der Geschenke, die er von ihr bekam.
    Nach einer Weile würde sie wieder einnicken, im Schlaf vor sich hin murmeln und ein bisschen sabbern, und Boris würde bei ihr bleiben und ihr hin und wieder den Speichel vom Mund wischen.
     
    Ein weiteres Floß kam herbei, größer als ihres, über Wasser gehalten von dicken schwarzen Reifen. Ein zerrissenes Segel flatterte.
    Die Leute auf diesem Floß trugen dieselben ausgeblichenen blauen Overalls, die Oma Lily immer trug. Doch Boris interessierte sich erheblich mehr für die Kinder, die er auf dem anderen Floß spielen sah. Sie hatten einen Reifen an
einem Seil aufgehängt; man konnte auf ihn hinaufklettern und darauf schaukeln oder sogar hindurch klettern und sozusagen in der Luft schwimmen.
    Einige der Leute von dem anderen Floß sprangen zu ihnen hinüber und kamen zu Lily. Sie beugten sich über sie und lächelten.
    Lily bewegte sich und zuckte vor dem Kreis der Gesichter zurück. »¿Como se llaman ustedes? ¿Me pueden ayudar, por favor? Me llamo …«
    »Lily. Lily, alles in Ordnung. Ich bin’s.«
    Lily schlug die Augen auf und blinzelte. »Thandie? Thandie Jones … Und Elena, wie schön, euch zu sehen. Ich war immer so froh, dass ihr beiden euch gefunden habt. Ist gar nicht leicht, in dieser unserer Welt jemanden zu finden, das weiß ich. Kommt ihr von diesem U-Boot?«
    »Der New Jersey ? Nein, meine Liebe. Wir sind rausgeworfen worden, als sie bei der letzten Evakuierung von Fraktionen der Regierung mit Beschlag belegt worden ist. Kongressabgeordnete mit ihren Frauen, Kindern und Geliebten. Jetzt fahren wir mit dem Floß umher, so wie ihr. Und ich habe keine Ahnung, was aus der New Jersey geworden ist.«
    Thandie und Elena bückten sich, um Boris genauer zu betrachten. Thandie war dunkel und groß, Elena kleiner und blond. Sie waren beide alt, wenn auch nicht so alt wie Lily, nicht so alt, dass sie nicht mehr herumlaufen konnten. Thandie zerzauste ihm die Haare. »Und du musst Boris sein. Was für ein süßer kleiner Fratz!«
    »Er ist halb

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