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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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waren, hatte der Inspektor seine eigenen Ratschläge gegeben. In den Gedanken und der Sprache der menschlichen Rasse ausgedrückt, hätten sie etwa folgendermaßen gelautet:
    „Wir brauchen keine Schritte hinsichtlich der Kolonie zu unternehmen. Es ist ein interessantes Experiment, kann aber in keiner Weise die Zukunft berühren. Ihre künstlerischen Bemühungen gehen uns nichts an, und es gibt keinen Beweis dafür, daß irgendwelche wissenschaftlichen Forschungen gefährliche Bahnen einschlagen.
    Wie geplant, konnte ich die Schulberichte über den Untertan Zero sehen, ohne Aufsehen zu erregen. Die darauf bezüglichen Statistiken sind hier angefügt, und man wird sehen, daß bisher noch keine Anzeichen einer ungewöhnlichen Entwicklung zu bemerken sind. Aber wie wir wissen, kündigt sich ein Durchbruch selten vorher an.
    Ich bin auch dem Vater des Untertans begegnet und hatte den Eindruck, daß er mit mir zu sprechen wünschte. Glücklicherweise vermochte ich das zu vermeiden. Ohne Zweifel argwöhnt er irgend etwas, obwohl er natürlich niemals die Wahrheit erraten oder den Verlauf irgendwie beeinflussen kann.
    Ich bekomme immer mehr Mitleid mit diesen Menschen.“
     
    George Greggson hätte dem Urteil des Inspektors zugestimmt, daß Jeff nichts Ungewöhnliches an sich hatte. Da war nur dieser verblüffende Vorfall, so erstaunlich wie ein vereinzelter Donnerschlag an einem langen, ruhigen Tag. Und danach – nichts mehr.
    Jeff besaß die ganze Energie und Wißbegierde, die alle andern Siebenjährigen haben. Er war intelligent, wenn er es sein wollte, war aber nicht in Gefahr, ein Genie zu werden. Bisweilen dachte Jean etwas müde, daß er vollkommen der klassischen Definition eines kleinen Jungen entspräche: Lärm, von Schmutz umgeben, wobei es gar nicht so einfach war, den Schmutz zu entdecken, der sich erst beträchtliche Zeit ansammeln mußte, bis er auf Jeffs sonnverbrannter Haut sichtbar wurde.
    Abwechselnd konnte er zärtlich oder mürrisch sein, zurückhaltend oder überströmend. Er bevorzugte weder Mutter noch Vater, und die Ankunft seiner kleinen Schwester hatte keine Anzeichen von Eifersucht in ihm hervorgerufen. Seine Gesundheit war einwandfrei; er war in seinem Leben nicht einen einzigen Tag krank gewesen. Aber in diesen Zeiten und in solchem Klima war das auch nichts Ungewöhnliches.
    Jeff war keiner von den Jungen, die sich in Gesellschaft ihres Vaters langweilen und ihn möglichst bald verlassen, um zu Gleichaltrigen zu gehen. Offenbar hatte er die gleichen künstlerischen Anlagen wie George, und sobald er laufen konnte, war er regelmäßig hinter den Kulissen des Theaters der Kolonie zu finden. Beinahe sah das Theater ihn als heimlichen Talisman an, und er war schon sehr geschickt darin, Berühmtheiten von Bühne und Film, die zu Besuch kamen, Sträuße zu überreichen.
    Ja, Jeff war ein durchaus normaler Junge. Damit beruhigte sich George, wenn sie zusammen über das ziemlich begrenzte Gebiet der Insel wanderten. Sie sprachen miteinander, wie Söhne und Väter es seit Anbeginn der Zeit getan haben, außer daß es in diesem Zeitalter soviel mehr zu besprechen gab. Obwohl Jeff die Insel nie verließ, konnte er durch die allgegenwärtigen Augen der Bildschirme von der umgebenden Welt alles sehen, was er sehen wollte. Er empfand, wie alle Angehörigen der Kolonie, eine leise Verachtung für die übrige Menschheit. Die Kolonie war die Auslese, die Vorhut des Fortschritts. Sie würde die Menschheit zu Höhen führen, die die Overlords erreicht hatten, und vielleicht darüber hinaus. Sicherlich nicht morgen, aber eines Tages …
    Sie ahnten nicht, daß dieser Tag viel zu bald kommen würde.
     
     
    4
     
    Die Träume begannen sechs Wochen später.
    In der Dunkelheit der subtropischen Nacht schwamm George Greggson langsam aufwärts, dem Bewußtsein entgegen. Er wußte nicht, was ihn aufgeweckt hatte, und einen Augenblick lang lag er in verwirrter Betäubung da. Dann begriff er, daß er allein war. Jean war aufgestanden und lautlos ins Kinderzimmer gegangen.
    Sie sprach leise mit Jeff, zu leise, als daß er hätte hören können, was sie sagte.
    George schwang sich aus dem Bett, ging ihr nach, und überlegte, was Jean gestört haben mochte.
    Das einzige Licht im Kinderzimmer kam von den mit Leuchtfarbe gemalten Mustern an den Wänden. Bei ihrem matten Schimmer konnte George Jean neben Jeffs Bett sitzen sehen. Sie drehte sich um, als er hereinkam, und flüsterte: „Stör Püppi nicht!“
    „Was ist

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