Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
Planet, keine Landschaft ringsum, keine Welt unter den Füßen. Nur die Sterne in der samtenen Nacht und vor ihnen schwebend eine große rote Sonne, die wie ein Herz schlug. Groß und schimmernd in einem Augenblick, schrumpfte sie im nächsten langsam zusammen und wurde gleichzeitig heller, als würde ihren inneren Feuern neuer Brennstoff zugeführt. Sie wanderte das Spektrum hinauf und verweilte am Rande des Gelb, und dann ging der Kreislauf rückwärts, die Sonne dehnte sich aus, kühlte sich ab und wurde wieder zu einer zackigen, flammend roten Wolke …
    „Das typische variable Pulsieren“, sagte Raschaverak eifrig, „in einer gewaltigen Zeitbeschleunigung gesehen. Ich kann es nicht genau bestimmen, aber der nächste Stern, auf den diese Beschreibung paßt, ist Rhamsandron 9. Oder es kann Pharanidon 12 sein.“
    „Welcher es auch sein mag“, erwiderte Karellen, „das Kind entfernt sich weiter von daheim.“
    „Viel weiter“, sagte Raschaverak.
     
    Es hätte die Erde sein können. Eine weiße Sonne hing an einem blauen, mit Wolken gefleckten Himmel, die vor einem Sturm dahinrasten. Ein Berg fiel sanft zu einem Ozean ab, der von dem tosenden Orkan zu Gischt zersprüht wurde. Und doch bewegte sich nichts. Das Bild war erstarrt, wie im Aufzucken eines Blitzes gesehen. Und fern am Horizont war etwas, was nicht irdisch war – eine Reihe von nebligen Säulen, die leise schwankten, als sie aus dem Meer emporstiegen und sich zwischen den Wolken verloren. Sie standen in völlig gleichen Abständen am Rande des Planeten und waren zu riesig, um künstlich, aber zu regelmäßig, um natürlich zu sein.
    „Sideneus Vier und die Pfeiler der Dämmerung“, sagte Raschaverak, und in seiner Stimme lag Ehrfurcht. „Er hat den Mittelpunkt des Universums erreicht.“
    „Und er hat seine Reise erst begonnen“, erwiderte Karellen.
    Der Planet war völlig flach. Seine ungeheure Schwerkraft hatte längst die Berge seiner feurigen Jugend, Berge, deren mächtigste Gipfel nie mehr als wenige Meter hoch gewesen waren, zu einer gleichförmigen Ebene zerdrückt. Dennoch war hier Leben, denn die Oberfläche war mit einer Myriade geometrischer Linien bedeckt, die umherkrochen, sich bewegten und ihre Farbe änderten. Es war eine zweidimensionale Welt, von Wesen bewohnt, die nicht mehr als Bruchteile eines Zentimeters dick sein konnten.
    Und an seinem Himmel stand eine Sonne, wie sie kein Opiumesser sich in seinen wildesten Träumen hätte vorstellen können. Zu heiß, um weiß zu sein, war sie ein sengender Geist an den Grenzen des Ultravioletts und verbrannte ihren Planeten mit Strahlen, die für alle irdischen Lebensformen sofort tödlich gewesen wären. Über Millionen von Kilometern rings umher dehnten sich große Gas- und Dunstschleier aus, die in zahllosen Farben schillerten, wenn die Stürme des Ultravioletts durch sie hindurchrasten. Es war eine Sonne, gegen die die bleiche Sonne der Erde so schwach gewesen wäre wie ein Glühwürmchen um Mittag.
    „Hexanerax Zwei und nirgends sonst im bekannten Universum“, sagte Raschaverak. „Nur eine Handvoll unserer Schiffe ist je dorthin gekommen, und niemals hat eines eine Landung versucht, denn wer hätte denken können, daß auf solchen Planeten Leben zu existieren vermöchte?“
    „Offenbar“, sagte Karellen, „seid ihr Wissenschaftler nicht so gründlich gewesen, wie ihr geglaubt hattet. Wenn diese – Linien – intelligent sind, ist es interessant zu erfahren, wie sie sich verständigen. Ich möchte wissen, ob ihnen die Dritte Dimension bekannt ist.“
    Es war eine Welt, die nie die Bedeutung von Nacht und Tag, von Jahren oder Jahreszeiten kennen konnte. Sechs farbige Sonnen teilten ihren Himmel, so daß nur ein Wechsel der Beleuchtung eintrat, niemals Dunkelheit. Durch den Zusammenprall und Kampf widerstreitender Gravitäten hindurch wanderte der Planet die Schleifen und Windungen seiner unfaßlich verwickelten Bahn entlang, ohne jemals auf den gleichen Pfad zurückzukehren. Jeder Augenblick war einzig! Die Stellung zueinander, die die sechs Sonnen jetzt am Himmel einnahmen, würde sich diesseits der Ewigkeit nicht wiederholen.
    Und selbst hier war Leben. Obwohl der Planet von den zentralen Feuern in einem Zeitalter versengt werden und an den äußeren Grenzen in einem anderen Zeitalter erstarren mochte, gab es hier doch Intelligenz. Die großen, vielfacettigen Kristalle waren zu schwierigen geometrischen Mustern geformt und standen regungslos in den Zeitaltern der Kälte,

Weitere Kostenlose Bücher