Die letzte Generation: Roman (German Edition)
vorbeikommen.«
»Das Erdbeben dürfte ihn dorthin geschleudert haben«, sagte George.
»Still! Erzähl weiter, Jeff!«
»Ich wusste nicht, was ich machen sollte, und ich konnte hören, wie die Welle näher kam. Dann sagte die Stimme: ›Mach die Augen zu, Jeffrey, und leg die Hände vors Gesicht. ‹ Das kam mir merkwürdig vor, aber ich habe es versucht. Und dann kam ein großer Blitz – ich konnte ihn richtig fühlen! –, und als ich meine Augen öffnete, war der Felsblock verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Ja. Er war einfach nicht mehr da. Also rannte ich wieder los, und da habe ich mir fast die Füße verbrannt, weil der Weg so furchtbar heiß war. Das Wasser zischte, als es darüberlief, aber es konnte mich nicht mehr einholen – ich war schon zu hoch auf dem Berg. Und das ist alles. Ich stieg wieder hinunter, als keine Wellen mehr kamen. Dann habe ich gesehen, dass mein Fahrrad weg war und dass der Weg nach Hause zerstört war.«
»Mach dir keine Sorgen um das Fahrrad, mein Schatz«, sagte Jean und drückte ihren Sohn voller Dankbarkeit an sich. »Wir besorgen dir ein anderes. Das Einzige, worauf es ankommt, ist, dass du gerettet bist. Wir wollen uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie es dazu gekommen ist.«
Das stimmte natürlich nicht, denn die Diskussion begann sofort, nachdem sie das Kinderzimmer verlassen hatten. Sie brachte keine Entscheidung, hatte aber zwei Folgen. Am nächsten Tag nahm Jean, ohne George etwas davon zu sagen, ihren kleinen Sohn mit zum Kinderpsychologen der Kolonie. Er hörte aufmerksam zu, während Jeff seine Erzählung wiederholte, ohne im Geringsten von der neuen Umgebung eingeschüchtert zu sein. Dann, während sein ahnungsloser Patient im Nebenzimmer die Spielsachen der Reihe nach ablehnte, beruhigte der Arzt Jean.
»Es liegt kein Grund vor, eine geistige Störung anzunehmen. Sie müssen bedenken, dass er ein schreckliches Erlebnis gehabt hat und verhältnismäßig gut davongekommen ist. Er ist ein sehr fantasiebegabtes Kind und glaubt wahrscheinlich an seine eigene Geschichte. Also tun Sie es auch, und machen Sie sich keine Sorgen, solange keine andere Symptome auftreten. Dann teilen Sie es mir sofort mit.«
An diesem Abend setzte Jean ihren Mann über das Urteil des Arztes in Kenntnis. Er schien nicht so erleichtert zu sein, wie sie gehofft hatte, und sie schob es auf seine Sorgen wegen der Schäden an seinem geliebten Theater. Er brummte nur ein »Sehr gut« und vertiefte sich in die neueste Ausgabe von Bühne und Studio. Es sah aus, als habe er das Interesse an der Sache verloren, und Jean ärgerte sich irgendwie über ihn.
Aber drei Wochen später, am ersten Tag, als der Damm wieder eröffnet war, fuhr George mit seinem Fahrrad nach Sparta. Der Strand war noch mit Unmengen zertrümmerter Korallen übersät, und an einer Stelle schien eine große Lücke im Riff zu klaffen. George fragte sich, wie lange die Myriaden von geduldigen Polypen wohl brauchen würden, um den Schaden auszubessern.
Es gab nur einen Pfad, der die Klippe hinaufführte, und nachdem George wieder zu Atem gekommen war, machte er sich an den Aufstieg. Reste von vertrocknetem Tang, die sich in den Felsen verfangen hatten, markierten die Grenze der Flut.
Lange Zeit stand George Greggson auf dem einsamen Pfad und starrte auf den geschmolzenen Felsen zu seinen Füßen. Er versuchte sich einzureden, dass es eine Laune des lange erloschenen Vulkans war, gab jedoch bald diesen Versuch der Selbsttäuschung auf. Seine Gedanken beschäftigten sich wieder mit der viele Jahre zurückliegenden Nacht, als er und Jean an jenem törichten Experiment von Rupert Boyce teilgenommen hatten. Niemand hatte je wirklich begriffen, was damals geschehen war, aber George wusste, dass diese beiden seltsamen Ereignisse auf unergründliche Weise miteinander verknüpft waren. Zuerst war es Jean gewesen, jetzt ihr Sohn. George wusste nicht, ob er sich freuen oder fürchten sollte, und in seinem Herzen sprach er ein stilles Gebet:
»Ich danke Ihnen, Karellen, für alles, was die Ihren für Jeff getan haben. Trotzdem wüsste ich gerne, warum sie es getan haben.«
Er ging langsam zum Strand hinunter, und die großen weißen Möwen umkreisten ihn wütend, weil er kein Futter mitgebracht hatte, das er zu ihnen hinaufwerfen konnte.
17
K arellens Ansuchen schlug, obwohl es seit Gründung der Kolonie jederzeit zu erwarten gewesen war, wie eine Bombe ein. Es stellte, wie jeder sofort begriff, eine Krise für Athen dar, und
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