Die letzte Generation: Roman (German Edition)
Gefährt besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wenn es auf seinen Besichtigungsfahrten vorbeibrummte. Der richtige Name des Besuchers, Thanthalteresco, erwies sich für den allgemeinen Gebrauch als zu schwierig, und er wurde bald nur noch »der Inspektor« genannt. Das war ein recht passender Name, denn seine Wissbegier und sein Verlangen nach statistischem Material waren unersättlich.
Charles Yan Sen war ziemlich erschöpft, als er lange nach Mitternacht den Inspektor zu dem Fluggleiter zurückbegleitet hatte, der ihm als Stützpunkt diente. Dort würde er zweifellos die Nacht durcharbeiten, während seine menschlichen Gastgeber sich der Schwäche des Schlafs hingaben.
Frau Sen begrüßte ihren Mann bei seiner Rückkehr voller Sorge. Sie hingen sehr aneinander, obwohl er sie scherzhaft Xanthippe nannte, wenn sie Gäste hatten. Sie hatte vor langer Zeit gedroht, die angemessene Rache zu nehmen, indem sie ihm einen Schierlingsbecher braute, aber glücklicherweise war dieses Kraut im neuen Athen weniger alltäglich als im alten.
»War es ein Erfolg?«, fragte sie, als ihr Mann sich zu einer verspäteten Mahlzeit niederließ.
»Ich glaube schon, aber man kann nie sagen, was in diesen außergewöhnlichen Köpfen vorgeht. Er war zweifellos sehr interessiert und hat uns sogar Komplimente gemacht. Ich habe mich übrigens dafür entschuldigt, dass ich ihn nicht zu uns eingeladen habe. Er sagte, das verstehe er durchaus, und er habe keine Lust, sich den Kopf an unserer Zimmerdecke zu stoßen.«
»Was hast du ihm heute gezeigt?«
»Die geschäftliche Seite der Kolonie, die er nicht so langweilig zu finden scheint wie ich. Er hat jede Frage gestellt, die du dir nur vorstellen kannst, über die Produktion, über unseren Etat, unsere Erzvorkommen, die Geburtenziffer, wie wir unsere Nahrung erzeugen und so weiter. Glücklicherweise hatte ich Sekretär Harrison bei mir, und er hat tatsächlich alle Jahresberichte seit Bestehen der Kolonie mitgebracht. Du hättest hören sollen, wie sie mit Statistiken um sich geworfen haben. Der Inspektor hat sich die Akten ausgeliehen, und ich möchte wetten, dass er, wenn wir ihn morgen wiedersehen, alle Zahlen auswendig gelernt hat. Ich empfinde diese Art geistiger Leistungen als sehr deprimierend.«
Er gähnte und stocherte lustlos in seinem Essen.
»Morgen dürfte es interessanter werden. Wir besichtigen die Schulen und die Akademie. Dann werde ich zur Abwechslung einige Fragen stellen. Ich möchte wissen, wie die Overlords ihre Kinder erziehen – falls sie überhaupt welche haben.«
Diese Frage sollte Charles Sen nie beantwortet bekommen, aber in anderen Punkten war der Inspektor bemerkenswert gesprächig. Er pflegte unangenehmen Fragen in einer Art auszuweichen, die einfach entzückend war, doch dann, ganz unerwartet, konnte er wieder vertrauensvoll werden.
Das erste wirklich vertraute Gespräch hatten sie, als sie von der Schule, die der Hauptstolz der Kolonie war, abfuhren. »Es ist eine große Verantwortung«, hatte Dr. Sen bemerkt, »diese jungen Menschen für die Zukunft zu schulen. Glücklicherweise sind menschliche Wesen widerstandsfähig. Nur eine sehr schlechte Erziehung kann dauerhaften Schaden anrichten. Selbst wenn unsere Ziele falsch sind, werden unsere kleinen Opfer wahrscheinlich darüber hinwegkommen. Und wie Sie gesehen haben, scheinen sie völlig glücklich zu sein.«
Er hielt einen Augenblick inne, dann blickte er verschmitzt zur hoch aufragenden Gestalt seines Begleiters hinauf. Der Inspektor war vollständig in ein silbriges Gewand gehüllt, das die Sonnenstrahlen reflektierte, sodass kein Zentimeter seines Körpers dem hellen Tageslicht ausgesetzt war. Dr. Sen bemerkte, dass die großen Augen hinter der dunklen Brille ihn ohne jedes Anzeichen einer Gemütsregung beobachteten.
»Unsere Probleme bei der Erziehung dieser Kinder müssen, wie ich annehme, sehr ähnlich sein wie Ihre, wenn Sie mit der Menschheit zu tun haben. Würden Sie mir zustimmen?«
»In mancher Hinsicht«, gab der Overlord ernst zu. »Aber vielleicht bietet die Geschichte Ihrer Kolonialmächte einen viel besserer Vergleich. Aus diesem Grund haben wir uns stets sehr für das Römische und das Britische Weltreich interessiert. Indien ist ein besonders lehrreicher Fall. Der Hauptunterschied zwischen uns und den Briten in Indien ist, dass sie keine wirklichen Motive hatten, dorthin zu gehen – keine bewussten Ziele, abgesehen von so trivialen und kurzfristigen wie Handel oder Feindschaft
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