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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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psychologischer Art. In einem Zeitalter des universalen Luftverkehrs bedeutete der Ozean als physikalische Grenze nichts, gab aber doch ein Gefühl der Abgeschlossenheit. Überdies machte eine begrenzte Landfläche es unmöglich, daß zu viele Menschen in der Kolonie lebten. Die Höchstzahl der Bevölkerung war auf etwa hunderttausend festgesetzt; wenn sie größer wäre, würden die Vorteile einer kleinen, engverbundenen Gemeinde verlorengehen. Eines der Ziele der Gründer war, daß jeder Bürger von Neu-Athen alle andern Bürger, die seine Interessen teilten, kennen sollte und auch ein oder zwei Prozent der übrigen.
    Der Mann, der die treibende Kraft bei der Gründung von Neu-Athen gewesen war, hatte die Verwirklichung seines Traumes nicht mehr erlebt, denn er war drei Jahre vor der Entstehung der Kolonie gestorben.
    Er war in Israel geboren, einer der letzten unabhängigen Nationen, die sich noch bildeten, und die also auch die kürzeste Lebensdauer gehabt hatten. Das Ende der nationalen Unabhängigkeit war hier vielleicht bitterer empfunden worden als anderswo, denn man trennt sich schwer von einem Traum, den man erst nach jahrhundertelangen Kämpfen verwirklicht hat.
    Ben Salomon war kein Fanatiker, aber die Erinnerungen seiner Kindheit mochten in nicht geringem Umfang die Philosophie bestimmt haben, die er in die Praxis umsetzte. Er konnte sich noch erinnern, wie die Welt vor Ankunft der Overlords gewesen war, und er hatte nicht den Wunsch, zu jenem Zustand zurückzukehren. Gleich vielen andern klugen und wohlmeinenden Menschen wußte er alles zu schätzen, was Karellen für die menschliche Rasse getan hatte, während er über die endgültigen Pläne des Oberkontrolleurs noch immer besorgt war. Konnte es möglich sein, fragte er sich bisweilen, daß die Overlords, trotz all ihrer ungeheuren Intelligenz, die Menschheit nicht wirklich verstanden und aus besten Beweggründen einen furchtbaren Irrtum begingen? Vielleicht hatten sie in ihrer Leidenschaft für Gerechtigkeit und Ordnung beschlossen, die Welt zu reformieren, dabei aber nicht erkannt, daß sie die Seele des Menschen zerstörten.
    Der Niedergang hatte kaum erst begonnen, aber die ersten Anzeichen des Verfalls waren nicht schwer zu entdecken. Salomon war kein Künstler, aber er hatte ein sicheres künstlerisches Urteil und wußte, daß sein Zeitalter die Leistungen früherer Jahrhunderte auf keinem einzigen Gebiet zu erreichen vermochte. Vielleicht würden sich die Dinge im Lauf der Zeit einrenken, wenn der Schock bei der Begegnung mit der Zivilisation der Overlords sich gemildert hätte. Aber es konnte auch anders kommen, und ein vorsichtiger Mann würde daran denken, eine Versicherungspolizze zu erwerben.
    Neu-Athen beruhte auf dieser Politik. Seine Errichtung hatte zwanzig Jahre und einige Milliarden Dezimalpfund erfordert, also einen verhältnismäßig geringen Bruchteil des Gesamtreichtums der Welt. In den ersten fünfzehn Jahren war nichts geschehen, in den letzten fünf alles.
    Salonions Aufgabe wäre undurchführbar gewesen, hätte er nicht eine Handvoll der berühmtesten Künstler der Welt davon überzeugen können, daß sein Plan vernünftig wäre. Sie hatten ihm zugestimmt, weil es ihrem Ich zusagte, nicht weil es für die Rasse wichtig war. Aber nachdem sie einmal überzeugt worden waren, hatte die Welt auf sie gehört und den Plan moralisch und wirtschaftlich unterstützt. Hinter dieser Reklamefassade launischer Talente hatten die wirklichen Erbauer der Kolonie ihre Pläne entworfen.
    Eine Gesellschaft besteht aus menschlichen Wesen, deren Verhalten als Einzelpersonen nicht voraussehbar ist. Aber wenn man genügend grundlegende Einheiten nimmt, beginnen sich gewisse Gesetze zu offenbaren, wie es vor langer Zeit von den Lebensversicherungsgesellschaften bemerkt wurde. Niemand kann sagen, welche Einzelpersonen in einem bestimmten Zeitraum sterben werden, aber die Gesamtzahl der Todesfälle kann man mit erheblicher Genauigkeit voraussagen.
    Es gibt andere, feinere Gesetze, die zuerst Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von Mathematikern wie Weiner und Raschavesky aufgespürt wurden. Sie behaupteten, daß Ereignisse wie Wirtschaftskrisen, die Folgen des Wettrüstens, die Beständigkeit sozialer Gruppen, politische Wahlen und so weiter durch sorgfältige mathematische Berechnungen analysiert werden könnten. Die große Schwierigkeit war die ungeheure Zahl der veränderlichen Größen, von denen viele sich kaum in zahlenmäßigen Begriffen

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