Die letzte Kolonie
auf mir zu bewegen. Später wirst du mir noch einmal sagen, was du bereits vorhin gesagt hast, und dann werde ich dir zuhören, versprochen!
Doch im Augenblick kann ich nur sagen, dass ich mich entschuldigen muss, weil ich dich haben will. Und ich entschuldige mich schon jetzt für die vielen Male, wenn ich dich wieder haben will, von jetzt bis zum Ende unseres Lebens. Wenn dein Herz in der Lage ist, mir zu verzeihen, werde ich dafür sorgen, dass du es nicht bereust, und ich werde dir jedes Mal verzeihen, wenn du mich willst, und ich werde deine Entschuldigung annehmen, wie du jetzt meine annimmst.
7
Angst
Die Angst betritt das Zimmer, nimmt auf einem Stuhl Platz und bittet mit einem höflichen Lächeln darum, die Verhandlung eröffnen zu dürfen. Die Angst ist klein und hart und geduldig, und sie ist hinterhältig, denn sie weiß, dass ich die Bitte um Verhandlung nicht abschlagen kann. Ich bin verpflichtet, der Angst zu gehorchen, weil ich ein Mensch bin und weil kein Mensch ohne Angst ist. Die Angst sitzt da und lächelt, und sie ist ein Raubtier, reglos und lautlos und gelassen, ein Beobachter, der seine Kraft spart und sich mit dem Abwarten begnügt. Wir beobachten und mustern uns gegenseitig, sie, um mich zu zerstören, und ich, um mich nicht zerstören zu lassen. Und weil ich mich nach anderer Gesellschaft sehne, bitte ich sie dann, mir zu zeigen, wovor ich Angst haben sollte.
Als Erstes bietet sie mir die Angst vor dem Tod, und ich lache. Ich lache, weil ich den Tod allzu gut kenne, um ihn noch fürchten zu können. Der Tod ist mein Vertrauter und mein Gefährte, ich bin seine Botin und seine Handlangerin. Wir waren zu oft gemeinsam unterwegs und haben uns gut kennengelernt; wir sind nicht unbedingt Freunde, aber gute Bekannte, weil man sich nie mit dem Tod anfreunden kann, ohne ihn zu umarmen, und deshalb halte ich ihn vorläufig auf sicheren Abstand. Dennoch kenne ich seine Methoden, seine Mittel und seine Ziele. Ich weiß, dass seine legendäre Launenhaftigkeit maßlos übertrieben wird, aber nicht seine
Unausweichlichkeit. Der Tod kommt zu uns allen, auch zu jenen, die ihm gute Dienste geleistet haben.
Es ist dumm, vor dem Unausweichlichen Angst zu haben. Ich weiß, dass ich sterben werde. Die Angst vor dem Tod wird ihn nicht veranlassen, später zu mir zu kommen, sondern ihn vielleicht sogar früher anlocken, wenn die blinde Flucht vor ihm mich letztlich genau in seine Arme treibt. Ich werde mich nicht vor ihm fürchten, und ich werde mich nicht davor fürchten, zu ihm zu gehen, wenn die Zeit gekommen ist. Ich sage der Angst, dass sie mir etwas anderes zeigen soll.
Sie zeigt mir den Schmerz, so vielfältig, wie der Tod einmalig ist, von großer Kreativität, um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln, in seinem Wunsch, selbst den letzten Rest unseres Bewusstseins zu überwältigen. Der perfekte Egoist.
Das beeindruckt mich nicht. Der Schmerz ist ein Werkzeug, ein Diagnoseinstrument für unsere Körper, ein Hebel für andere Körper, und er ist ein Symbol für etwas anderes, das viel mehr unsere Aufmerksamkeit verdient hat. Der Schmerz mag den Tod repräsentieren, dem ich die Angst verweigere. Der Schmerz mag Macht repräsentieren, und auch ihr verweigere ich die Angst. Ich bin besser als jene, die ihre Macht benutzen möchten, um mir Angst vor ihnen einzuflößen – die Macht, die behauptet, ich müsste alles tun, nur um weiterexistieren zu können. Sie gehen davon aus, dass sie mein Leben in der Hand haben. Ich bereue nur, dass ich, wenn mein Leben endet, nicht mehr dabei sein kann, wenn sie erkennen, wie wenig Macht sie über mich hatten. Ich habe entschieden, vor all dem, was der Schmerz repräsentiert, keine Angst mehr zu haben, und sehe den Schmerz nur noch als Vorgang, als Signal, als Nervenempfindung, die man aushalten muss.
Natürlich weiß die Angst all das. Sie weiß, dass ich weder den Tod noch den Schmerz fürchte und auch nicht jene, die beides als Hebel benutzen möchten, um mich von meinem Willen zu entfremden. Genau das tut die Angst: Sie zeigt dir, was du ertragen kannst, und dann zeigt sie dir, was unerträglich ist, damit du dich ihr öffnest und sie von deinem Herzen zehren lässt. Ich weiß es, und selbst dieses Wissen hält mich nicht davon ab, einen kurzen Moment der Befriedigung und der Hoffnung zu empfinden, dass die Angst aufsteht und sich entfernt. Die Angst erlaubt dir einen Moment der Hoffnung, dass sie vielleicht doch nicht genau weiß, was dich zerbrechen wird. Aber sie
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